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Politik

Nach Rücktritt: Wirtschaftsbund-Zeitung wird eingestellt

Sowohl Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler als auch der Obmann des Wirtschaftsbundes, Hans Peter Metzler, treten nach der „Inseratenaffäre“ der ÖVP-Wirtschaftsbund-Zeitung von ihren Funktionen zurück. Landeshauptmann Markus Wallner teilte mit, die Zeitung wird eingestellt und der Wirtschaftsbund personell neu aufgestellt.

Die beiden übernehmen mit ihrem Rücktritt die politische Verantwortung in Bezug auf die Inseratenaffäre um die Wirtschaftsbund-Zeitung „Vorarlberger Wirtschaft“. Metzler legte auch seine Funktion als Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg zurück.

Schriftlich teilten die beiden mit: „Um zu einer Versachlichung zurückzukehren und die Aufmerksamkeit auf für den Wirtschaftsstandort notwendige Herausforderungen zu lenken, übernehmen WB-Obmann Hans Peter Metzler und WB-Direktor Jürgen Kessler die politische Verantwortung und legen ihre Funktionen im Wirtschaftsbund zurück.“

„Betont wird auch, dass der Vorarlberger Wirtschaftsbund sich an die gesetzlichen Vorschriften gehalten hat, insbesondere auch bei allen bisher geleisteten finanziellen Unterstützungen an die Landespartei.“

Wirtschaftsbund-Zeitung wird per sofort eingestellt

Landeshauptmann Wallner kündigte „klare Konsequenzen“ an. Die Wirtschaftsbund-Zeitung werde per sofort eingestellt, so Wallner. Der Wirtschaftsbund werde inhaltlich und personell neu aufgestellt, die Personalunion von Kammerpräsident und Wirtschaftsbund-Obmann soll Geschichte sein. Die Entscheidung der Nachfolge werde „sehr rasch“ getroffen.

Wallner: „Strikte Trennung muss her“

Mit dem Bild, das die ÖVP und ihre Teilorganisation in den vergangenen Tagen abgab, zeigte sich Wallner unzufrieden. Dieses Bild müsse korrigiert werden. „Das will ich so nicht, das ist nicht mein Stil“, betonte er. Die Rücktritte böten nun die Möglichkeit zu einer Neuordnung im Wirtschaftsbund, „inhaltlich und personell“. „Die Zeitung wird eingestellt. Dieses Inseratenwesen wird es nicht mehr geben, das braucht niemand, auch zur Finanzierung nicht. Das muss sauber aufgearbeitet werden“, erklärte Wallner.

Hopfner als interimistischer Wirtschaftskammer-Präsident

Auch das Verhältnis von Wirtschaftsbund und Wirtschaftskammer müsse geordnet werden. Künftig soll es keine Personalunion mehr bei den Funktionen Wirtschaftskammer-Präsident und Wirtschaftsbund-Obmann geben, „da muss eine strikte Trennung her“. Eine Entscheidung über die Nachfolger werde man sehr rasch treffen.

Bereits am Freitag wurde ein neuer interimistischer Präsident für die Wirtschaftskammer gewählt – Wilfried Hopfner, der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisenlandesbank Vorarlberg wurde vorerst zum Präsidenten bestellt.

Wirtschaftsbund-Affäre in Vorarlberg

In der Affäre rund um die Finanzierung der ÖVP-Vorarlberg gab es am Freitag zwei Rücktritte. Wie berichtet hat der Wirtschaftsbund in dieser Causa vor kurzem bereits Selbstanzeige erstattet. Jetzt gehen allerdings zudem der ÖVP-Wirtschaftsbundobmann und der Direktor der Organisation.

Umsetzung neu beschlossenes Parteiengesetz in Arbeit

Auch die Umsetzung des neu beschlossenen Vorarlberger Parteiengesetzes laufe bereits auf Hochtouren, so Wallner, man werde die Ausarbeitung noch weiter beschleunigen. Was Inserate von Unternehmen mit Landesbeteiligung in Parteizeitungen angehe, sei er bisher der Ansicht gewesen, die Unternehmen sollten frei über Inserate und Sponsoring entscheiden können. Aber auch dort werde es Änderungen geben. Derzeit prüfe man in der Abteilung Vermögensverwaltung eine Corporate-Governance-Regel über alle Beteiligungsunternehmen des Landes hinweg, in der man eine Empfehlung aussprechen wolle, von Inseraten in Parteizeitungen abzusehen.

Inserate der Wirtschaftsbund-Zeitung im Visier

Die „Vorarlberger Wirtschaft“ wird derzeit vom Finanzamt geprüft, schon im Vorfeld erstattete der Wirtschaftsbund Selbstanzeige, um einem möglichen Strafverfahren vorzubeugen.

Stein des Anstoßes waren Inserate in der Zeitung, von denen etliche von Vorarlberger Landesunternehmen und auch aus dem Umfeld der Unternehmensgruppe des Fruchtsaftherstellers Rauch stammen. Sie gerieten sowohl ins Visier der Finanz als auch politisch in die Kritik – politisch, weil Teile der Inserateneinkünfte vom ÖVP-Wirtschaftsbund an die ÖVP-Mutterpartei in Form von Wahlkampfunterstützung gegangen sein sollen.

Etliche Wochen nach Bekanntwerden der Vorwürfe folgten nun die Rücktritte. Sämtliche Interviewanfragen an Kessler und Metzler waren davor vergeblich gewesen.