Im Kern geht es darum, ob der ÖVP-Wirtschaftsbund möglicherweise zu wenig Steuern bezahlt hat: zum einen für die Inserate und zum anderen für das Geld, das der Bund an die Landespartei überwiesen hat. Federführend dürfte die Großbetriebsprüfung in Innsbruck sein.
Steuersatz für Inserate
Bisher bezahlte der Wirtschaftsbund für jedes Inserat fünf Prozent Steuern. Dabei beruft sich die ÖVP-Teilorganisation auf ein Gutachten, laut dem das korrekt sein soll. Das Finanzamt ist sich hier aber nicht sicher und prüft jetzt, ob diese fünf Prozent genug sind oder ob Nachzahlungen drohen.
Besteuerung von Zahlungen an Partei
Die zweite Frage, der das Finanzamt derzeit nachgeht, ist, ob für die Gelder, die der Wirtschaftsbund an die Landespartei überweist, die Mehrwertsteuer fällig ist oder nicht. Bisher war das nicht der Fall. Auch hier könnten je nach Ausgang der Prüfung Nachzahlungen drohen.
„Erträge aus parteieigener wirtschaftlicher Tätigkeit“
Die Höhe etwaiger Nachzahlungen hängt natürlich davon ab, wie viel Geld hier geflossen ist. Da könnte aber schon ein ordentlicher Betrag zusammenkommen. In den Rechenschaftsberichten der Landespartei gibt es den Punkt „Erträge aus parteieigener wirtschaftlicher Tätigkeit“. Das sind jährlich rund 500.000 Euro.
Von den Jahren 2014 bis 2020 kommen also 3,5 Millionen Euro zusammen. In dieser Summe dürften sich auch die Überweisungen des Wirtschaftsbundes befinden. Sollte die Finanz für diese Summe die Mehrwertsteuer nachfordern, wären das immerhin 700.000 Euro. Zum Vergleich: Die Parteienförderung macht von 2014 bis 2020 mehr als acht Millionen Euro aus, die Parteisteuer zwei Millionen.
Onlineausgaben von Homepage verschwunden
Auch wie viel die Inserate wert sind, ist nicht ganz klar. Der Online-Politik-Blog „Die Substanz“ hat das einmal mit der Oktober-Ausgabe 2021 nachgerechnet. Allein darin sind Inserate im Wert von etwa 100.000 Euro geschaltet worden. Die Onlineausgaben der Magazine sind allerdings inzwischen von der Homepage des Wirtschaftsbundes verschwunden.
Warum die Selbstanzeige?
Ein Schuldeingeständnis muss die Selbstanzeige allerdings nicht sein: Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich jemand noch selbst anzeigt, nachdem Prüfungen starten. Damit hoffen die geprüften Stellen auf Milde. Diese Hoffnung erfüllt sich allerdings nicht immer. Die ÖVP argumentiert sogar, dass mit der Selbstanzeige lediglich zwei unterschiedliche steuerrechtliche Standpunkte geklärt werden sollen. Es geht dabei auch um die Frage, wie weit eine politische Organisation als gemeinnützig eingestuft werden kann – in dem Fall wäre sie von der Mehrwertsteuer befreit.
Politologe: „Politische Gesamtverantwortung“
Politikwissenschaftler Hubert Sickinger, der Bücher über die Parteien- und Politikfinanzierung in Österreich geschrieben hat, sieht im ORF-Vorarlberg-Interview eine politische Gesamtverantwortung von Wirtschaftsbund und ÖVP.
Für die ordnungsgemäße Versteuerung sei der Wirtschaftsbund und nicht die Partei zuständig, so Sickinger. Sollte es innerparteiliche Transfers geben, seien diese mitversteuerbar. Sollte aber der Wirtschaftsbund nicht ordnungsgemäß versteuerte Einnahmen haben, falle das natürlich auf die Landespartei zurück. Grundsätzlich müsste der Landespartei bekannt sein, was der Wirtschaftsbund auch finanziell macht, so der Parteienexperte: „Und natürlich gibt es hier eine politische Gesamtverantwortung.“