Der Zapfhahn für Super 95-Treibstoff in der Tanköffnung eines PKWs
APA/HANS KLAUS TECHT
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Wirtschaft

Treibstoffpreise „nicht gerechtfertigt“

Die Kritik am derzeit hohen Benzinpreis wird immer lauter: Auch für viele Experten ist es nicht verständlich, warum der Treibstoffpreis weiterhin so hoch ist, und das obwohl die Rohölpreise bereits wieder gesunken sind. Für den ÖAMTC-Experte Jürgen Wagner sind die Preise derzeit nicht gerechtfertigt.

ORF Vorarlberg: Herr Wagner, die Spritpreise sind enorm angestiegen. Bei Eurosuper war der Anstieg in Österreich laut VCÖ-Analyse sogar so hoch wie in keinem anderen EU-Land. Aus Sicht mancher scheint mit der Preisentwicklung etwas nicht ganz zu stimmen.

Wagner: Ja, das ist tatsächlich so. Diese Preise sind nicht gerechtfertigt. Wenn man sie in Relation zum Erdölpreis, also zum Produkt sieht, sind sie überhaupt nicht gerechtfertigt.

ORF Vorarlberg: Und wer ist dafür verantwortlich? Wer streicht da zurzeit die satten Gewinne ein?

Wagner: Momentan machen die Mineralölgesellschaften die satten Gewinne, weil sie eben von dieser Spanne leben.

ORF Vorarlberg: Die Mineralölbranche argumentiert, dass wenn der Ölpreis sinkt, sich das nicht sofort auf die Preise an den Tankstellen auswirkt. Das würde etwas dauern.

Wagner: Ja, das ist nicht richtig. Die derzeitigen Preise sind spekulativ entstanden. Hier wurden nervöse Ausschläge an den Börsen in Rotterdam zur Basis genommen und der Preis in Österreich erhöht. Der ist nicht gerechtfertigt. Die Mineralölgesellschaften argumentiert hier falsch, weil wenn der Preis des Rohöls steigt, werden diese Steigerungen sofort weitergegeben. Sinkt der Rohölpreis, werden die nur sehr, sehr verzögert an der Zapfsäule sichtbar.

Grafik Spritpreise
ORF
Die Grafik zeigt – es geht wieder leicht nach unten

ORF Vorarlberg: Wie hoch sollte der Preis denn eigentlich sein?

Wagner: Derzeit, wenn wir den heutigen Stand des Rohöls nehmen, das waren glaube ich, 104 Dollar das Barrel, also 159 Liter Rohöl. Dann müssten wir in etwa bei 1,70 Euro liegen und da liegen wir weit entfernt.

ORF Vorarlberg: Jetzt werden ja auch kritische Stimmen lauter. Der VCÖ fordert, dass man die Preise prüft. Auch Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen hat ja auch schon die Wettbewerbsbehörde ins Spiel gebracht.

Wagner: Ja, auch wir haben die Bundeswettbewerbsbehörde angerufen und es wird hier zum ersten Mal auf europäischer Ebene geprüft, nämlich diese Ausschläge an der Rotterdamer Börse der Fertigprodukte. Das ist ein ganz kleiner Markt, aber der hat in ganz Europa die Preise beeinflusst und das kann es nicht sein. Das muss ganz genau untersucht werden.

Wagner ÖAMTC
ORF Vorarlberg
ÖAMTC-Experte Jürgen Wagner

ORF Vorarlberg: Jetzt sind die Preise ja nach wie vor recht hoch. Sie fordern Entlastung. Was soll die Politik aus Sicht des ÖAMTC konkret tun?

Wagner: Ja, auf jeden Fall Mobilität muss leistbar bleiben. Das heißt letztendlich die Pendlerpauschale muss angepasst werden, das Kilometergeld muss angepasst werden. Man kann auch über die Mineralölsteuer nachdenken, also Maßnahmen, um die Mobilität leistbar zu machen und den kleinen Mann zu entlasten, der das Fahrzeug zur Arbeit braucht.

ORF Vorarlberg: Sind sie trotz der aktuellen Situation für die CO2-Besteuerung, die ja kommen soll?

Wagner: Also die Verschiebung der CO2-Steuer wird uns keine großen Senkungen bringen. Diese Rechnung würden wir unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt wieder zahlen müssen. Das heißt, hier auf Kosten der Umwelt jetzt zu reagieren, wäre vielleicht nicht der richtige Weg. Wir haben viel mehr Potenzial bei der Entlastung, was die Mineralölsteuer betrifft, aber auch Pendlerpauschale und Kilometergeld.

ORF Vorarlberg: Der Preis ist in den letzten Tagen ja wieder etwas gesunken. Können wir damit rechnen, dass er weiter sinkt?

Wagner: Wenn wir alle eine Kristallkugel hätten, könnten wir eine Auskunft geben. Aber, er muss sinken, weil die Rohölpreise sinken. Und wir fordern eine Anpassung an die tatsächlichen Kosten.