Dialysestation LKH Feldkirch
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Gesundheit

„Gamechanger“: Neues Medikament für Nierenkranke

Am Donnerstag ist Weltnierentag. In Vorarlberg sind etwa 500 Menschen auf eine Nierenersatztherapie angewiesen. Seit Kurzem ist nun ein Medikament zugelassen, das so erfolgsversprechend ist, dass Primar Karl Lhotta vom LKH Feldkirch von einem „Gamechanger“ spricht.

Das Medikament, ein „SGLT2-Hemmer“, bremst den Transport von Natrium und Glukose aus dem Harn zurück ins Blut in den Nierenkanälchen und führt zur vermehrten Ausscheidung dieser Substanzen im Harn. Ursprünglich wurde es für die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 entwickelt, hat aber eine positive Nebenwirkung. „Groß angelegte Studien zeigen, dass dieser Hemmer nicht nur den Blutzucker senkt, sondern auch Herz und Nieren ganz massiv schützt“, erklärt Primar Lhotta, Leiter der Abteilung „Nephrologie und Dialyse“.

So viele Dialyse-Patienten wie noch nie

Im Jahr 2021 verzeichneten die drei Dialysestationen des Landes in Nenzing, Bregenz und Feldkirch insgesamt 219 Patientinnen und Patienten. Diese kommen dreimal pro Woche für jeweils vier Stunden zur sogenannten „Blutwäsche“. Allein am LKH Feldkirch waren es 95: „Wir hatten noch nie so viele Dialyse-Patienten bei uns in Feldkirch wie im vergangenen Jahr“, bilanziert der Primar. „Dazu betreuen wir über 270 Menschen, denen eine neue Niere transplantiert worden ist.“

Rund zehn Prozent der Menschen weltweit und auch in Vorarlberg leiden an einer chronischen Nierenerkrankung. Das bedeutet, dass ihre Nieren über einen längeren Krankheitsprozess (Diabetes, Hypertonie, etc.) sukzessive zerstört werden, bis sie nachhaltig nicht mehr funktionieren. „Das Trügerische an einer chronischen Nierenerkrankung ist, dass sich Symptome erst sehr spät bemerkbar machen. Das birgt die Gefahr, dass die Menschen nicht frühzeitig erfasst und behandelt werden. Denn sind die zarten Nierenkörperchen und Kanälchen erst einmal zerstört, dann hilft nur noch eine Ersatztherapie – eine Dialyse oder eine Transplantation", erklärt Lhotta.

Symbolbild Dialyse
Karin Nussbaumer

Gesunde Lebensweise beugt vor

Risikopatienten sollten regelmäßig auch ihre Nierenwerte im Blut und den Urin kontrollieren lassen. „Die Ärzte können durch diese einfachen Labortests herauslesen, ob die Niere geschädigt ist und wenn ja, in welchem Stadium sich die Schädigung befindet. In einem Frühstadium ist die Nierenfunktion noch normal, aber die Patienten haben bereits das kleine Eiweißmolekül Albumin im Harn nachweisbar", erklärt der Primar.

Neben der Vorsorgeuntersuchung mit einer Kontrolle der Nierenwerte ist es vor allem eine gesunde Lebensweise, die einer schweren Schädigung der lebenswichtigen Organe vorbeugt. „Übermäßig viel zu trinken ist dabei übrigens nicht der Schlüssel zum Glück. Im Gegenteil: Es ist eine Mär, dass übermäßig viel Flüssigkeit einen positiven Effekt auf die Nieren hat. Ausreichend zu trinken wäre das Ziel – und da ist man als durchschnittliche erwachsene Person mit anderthalb bis zwei Litern Flüssigkeit pro Tag gut dabei“, fasst der Nephrologe zusammen.

Um die Nieren zu schützen, empfehlen Diätologen, die Ernährung gesund und simpel zu halten, täglich zwei Hände voll Obst und mindestens drei Hände voll Gemüse einzuplanen. Die Nieren freut es zudem, wenn beim Kochen von ausgewogener Vollwertkost statt Salz besser Gewürze und Kräuter verwendet werden und im Menü wenig tierisches und mehr pflanzliches Eiweiß enthalten ist.

„Gamechanger“ in der Behandlung

Die positive Wirkung des Medikaments ist seit einigen Jahren durch die Studien belegt und wird inzwischen auch bei Herzinsuffizienz sowie bei fast jeder Form einer Nierenerkrankung genutzt. Das Medikament verhindert nicht nur das Auftreten einer Nierenschädigung bei Diabetikern, sondern verlangsamt auch das Fortschreiten einer bereits aufgetretenen Nierenerkrankung. „Es reduziert damit unter anderem die Dialysepflichtigkeit um 30 bis 50 Prozent, Herzschwäche um 40 Prozent und es senkt das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko zu 20 Prozent", so Lhotta. Das Medikament wird einmal täglich eingenommen und ist laut dem Primar „ausgezeichnet verträglich. Wir bezeichnen es als Gamechanger, setzen es seit Monaten breit ein: Bei uns in der Ambulanz wird es täglich neu verschrieben“.

Bis sich die Auswirkungen des neuen Medikaments auch in den Zahlen und Statistiken des LKH Feldkirch niederschlägt, wird es wohl noch ein paar Jahre dauern, denn Nierenerkrankungen verlaufen über Jahrzehnte. „Die positiven Effekte des Medikaments werden wir wohl in fünf bis zehn Jahren deutlicher spüren – die Studien, die über mehrere Jahre gelaufen sind, zeigen und untermauern das“, ist Lhotta zuversichtlich.