Hospizbetreuung, Hände aufeinander
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Gesundheit

Hürden beim assistierten Suizid

Seit Jahresbeginn ist es in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr strafbar, sterbenskranken Menschen bei ihrer Selbsttötung zu helfen. Aber offenbar stößt der assistierte Suizid in der Praxis auf Hürden. Unter anderem fühlen viele Ärzte sich an den hippokratischen Eid gebunden, demzufolge sie ihren Patienten nicht schaden dürfen.

Assistierter Suizid bedeutet ins Deutsche übersetzt „Selbsttötung mit Hilfe“. Strafbar ist das in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr. Praktisch finden sich aber kaum Ärzte, die Patientinnen und Patienten quasi die Erlaubnis zum assistierten Suizid ausstellen.

Sterbehilfe in der Praxis

Seit Anfang des Jahres ist Sterbehilfe in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Menschen, die diesen Schritt gehen möchten, können eine sogenannte Sterbeverfügung beantragen. Die zu bekommen, ist aber gar nicht so einfach. Nur sehr wenig Ärzte wollen eine solche Verfügung ausstellen.

Betroffene finden keine Beratung

Beim Vorarlberger Patientenanwalt Alexander Wolf sind schon Rückmeldungen eingegangen, wonach es schwierig ist, Ärzte für das verpflichtende Beratungsgespräch zu finden. Die betroffenen Personen wissen nicht, wohin sie sich wenden sollen, denn es gibt auch keine Liste von Ärzten, die solche Beratungsgespräche anbieten. Eine offizielle Beschwerde hat es nach Angaben von Wolf bislang aber noch nicht gegeben.

Wolf sagt, dass die Patienten einfach allgemeine Informationen zum assistierten Suizid wollen – sei es für sich selbst oder für Angehörige. In den vergangenen drei Wochen haben sich diesbezüglich etwa 15 Menschen beim Patientenanwalt gemeldet. Antworten auf konkrete Fragen könne er auch gar nicht bieten, betont Wolf. Dazu brauche es zuerst noch einheitliche Aufklärungsbögen und einen Einblick ins Sterbeverfügungsregister, das für die Dokumentation entscheidend ist.

Zunahme an Anfragen auch in der Palliativmedizin

Das zeigt sich deutlich am Beispiel des Krankenhauses Hohenems. Dort gibt es eine eigene Palliativstation – also eine Abteilung, auf der unheilbar kranke Menschen bis zum Tod begleitet werden. Und seit Jahresbeginn hat es in Hohenems rund ein Dutzend Anfragen für einen assistierten Suizid gegeben, so Oberarzt Otto Gehmacher. Das ist deutlich mehr als in den vergangenen Jahren.

Gehmacher führt das darauf zurück, dass Angebot eben auch Nachfrage schafft. In Hohenems werde aber kein assistierter Suizid angeboten, betont der Palliativmediziner. Man wolle mit den Patienten nicht die Unerträglichkeit des Leidens besprechen, sondern Alternativen bei der Sterbebegleitung aufzeigen.

Leeres Krankenbett
LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com

Graubereich verunsichert Ärzte

In der Palliativmedizin geht es um die Beherrschung von Schmerzen und anderer, auch psychologischer Folgen unheilbarer Krankheiten. Palliativmediziner stehen dem assistierten Suizid sehr kritisch gegenüber. Aus Sicht von Otto Gehmacher gibt es einfach einen riesigen Graubereich bei diesem Thema und das verunsichere viele Ärztinnen und Ärzte.

Zum Beispiel ist vom Gesetz her festgelegt, dass Menschen, die sterben wollen, dass tödliche Medikament zuhause, im privaten Raum einnehmen müssen. Aber was passiert, wenn der Patient erbrechen muss oder sonstige Komplikationen eintreten? Das können manche Ärzte nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, sagt Gehmacher, denn Ärzte sollten ja eigentlich Leben retten und nicht mithelfen, wenn man es beenden will. Und deshalb würden sich doch recht viele Mediziner aus ethischer Sicht weigern, beim assistierten Suizid mitzumachen.

Ärztekammer bietet Fortbildung an

Der Problematik ist sich auch die Vorarlberger Ärztekammer bewusst. Sie wird im März eine Fortbildung für Ärztinnen und Ärzte anbieten, um das Thema „Assistierter Suizid“ aufzuarbeiten und nach Lösungen zu suchen.

Noch wurde in Vorarlberg keine Sterbeverfügung ausgestellt, denn zuerst müssen ein österreichweit einheitliches Aufklärungsformular und ein Sterbeverfügungsregister erstellt werden.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide und Suizidversuche können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Die Psychiatrische Soforthilfe bietet unter 01/313 30 rund um die Uhr Rat und Unterstützung im Krisenfall. Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen.