Bei 1.322 Wahlberechtigten entfielen 427 Stimmen auf Lucian (50,29 Prozent) sowie 422 Stimmen auf Muxel. Weil der Unterschied nur fünf Stimmen beträgt, wurde sicherheitshalber zweimal ausgezählt. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,94 Prozent. Die Wahlberechtigten konnten am Sonntag bis 12.00 Uhr ihre Stimme abgeben. Rund 700 von ihnen nutzten die Möglichkeit, ihr Votum per Wahlkarte abzugeben.
Die Wahl war notwendig geworden, nachdem Bürgermeister Stefan Jochum im November 2021 nach rund einjähriger Amtszeit frustriert zurückgetreten war. Vor allem persönliche Angriffe gegen ihn und seine Mitarbeiter hätten ihn zu diesem Schritt bewogen, erklärte er damals. Vizebürgermeisterin Cornelia Rieser führte seither die Amtsgeschäfte. Sie soll weiterhin Vizebürgermeisterin bleiben, wie Lucian ankündigte. Der neue Bürgermeister wird bereits am Montag angelobt und wird dann am Abend schon die erste Gemeindevertretungssitzung leiten.
Schwierige politische Verhältnisse
Das knappe Wahlergebnis bei der Direktwahl spiegelt die schwierigen politischen Verhältnisse im Dorf wider. Seit der Kommunalwahl im Herbst 2020 setzt sich die Lecher Gemeindevertretung aus 18 Mandataren von vier Namenslisten zusammen, von denen keine die absolute Mehrheit hält. Acht der 18 Mandate hält die „Liste Lech“, fünf „Unser Dorf“, vier „Zusammen uf Weg“ und eines „Zukunft wagen“.
Der 58-jährige Lucian ging für die „Liste Lech“ ins Rennen, der 59-jährige Muxel für „Unser Dorf“. Auch der zurückgetretene Jochum hatte der Fraktion „Unser Dorf“ angehört. Vor der Wahl am Sonntag hatten die „Liste Lech“ und „Zusammen uf Weg“ angekündigt, in Zukunft zusammenarbeiten zu wollen.
Streitthema Gemeindezentrum
Besonders großes Streitthema in der Kommune ist seit Jahren das neue Gemeindezentrum mit Investitionskosten von über 40 Mio. Euro. Das Gemeindezentrum befindet sich in Bau, die Arbeiten sollen bis Ende November 2023 abgeschlossen werden. Lucian gilt als Befürworter des Projekts, Muxel als Kritiker. Auch bei der umstrittenen Grubenalpbahn sind beide verschiedener Meinung. Muxel lehnt das geplante Projekt ab, Lucian selbst ist Betreiber des Projekts.
Lucian: Mit allen Mandataren das Gespräch suchen
„Es geht darum, miteinander und nicht gegeneinander konstruktiv in die Zukunft zu blicken, Beschlüsse zu fassen und den Stillstand hinter uns zu lassen“, hatte Lucian im Vorfeld der Wahl seine Vorstellungen umrissen. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses betonte er erneut, auf Zusammenarbeit zu setzen. Er werde mit allen Gemeindevertretern das Gespräch suchen und sicherlich nicht einen Streit vom Zaun brechen oder wieder Ungereimtheiten haben, sondern Mehrheiten suchen.
Auf eine mögliche Zusammenarbeit mit seinem Herausforderer angesprochen, sagte Lucian, er werde mit jedem Gemeindemandatar, der konstruktiv mitarbeite, zusammenarbeiten. „Mit Stefan Muxel arbeite ich schon länger zusammen, in der Landwirtschaft und natürlich auch als Wirt. Wir sind ja keine Konkurrenten, sondern Mitstreiter in der ganzen Geschichte in den Alpen und da macht es nicht viel Sinn, wenn man gegeneinander tut“, so Lucian.
Mit einem solch knappen Ausgang der Wahl habe er nicht gerechnet, so der Wahlsieger weiter. Ein größerer Stimmenunterschied wäre angenehmer gewesen. „Aber Demokratie ist eben so – fünf Stimmen Vorsprung sind fünf Stimmen“, so Lucian. Was letztlich den Unterschied ausgemacht habe, könne er nicht sagen.
Gerhard Lucian im Gespräch mit ORF-Redakteur Bruno Schratzer
Muxel: „Werde den neuen Bürgermeister unterstützen“
Sein Herausforderer Muxel erklärte nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses, er sei enttäuscht. Er habe viel Zustimmung erhalten, es sei sehr viel Hoffnung in ihn gesetzt worden. Das könne er nun leider nicht umsetzen. Er bedanke sich bei allen, die ihn gewählt haben, so Muxel: „Aber die Lecher haben entschieden und haben meinen Kollegen Gerhard Lucian gewählt“.
Er selbst werde weiter mit Herzblut für Lech einstehen und seine Ideen einbringen, auch werde er den neuen Bürgermeister Lucian unterstützen. Er glaube, dass es jetzt in Lech ruhiger werde, „an uns wird das jedenfalls nicht scheitern“, so Muxel mit Blick auf den knappen Wahlausgang. „Wir sind verpflichtet, das Beste fürs Dorf zu machen.“
Oberlecher Hoteliers und Landwirte
Das künftige Gemeindeoberhaupt Gerhard Lucian ist – wie auch der unterlegene Stefan Muxel – Hotelier in Oberlech. Seine Familie führt das Burghotel und begrüßt Gäste auf der Kriegeralpe. Er ist seit 2015 politisch als Gemeindevertreter und auch als Gemeindevorstand in Lech aktiv. Auch Muxel, Gastgeber im Hotel Mohnenfluh, ist – mit Unterbrechungen – seit 1996 politisch aktiv und sitzt in der Gemeindevertretung und im Gemeindevorstand. Beide Kandidaten haben zudem eine Landwirtschaft.