Sonne
rangizzz – stock.adobe.com
rangizzz – stock.adobe.com
Politik

Klimaschutz: Trotz Pandemie „viel passiert“

In den vergangenen zwei Jahren sind viele Themen durch die Pandemie ein Stück weit in den Hintergrund gerückt. So auch das Problem des sich wandelnden Klimas. In diesem Bereich habe sich aber dennoch viel getan, sagt der Gründer des Vereins „KlimaVOR“, Christof Drexel. ORF-Redakteur Emanuel Broger hat mit dem Klimaexperten gesprochen.

ORF: Da der Klimawandel auch im Schatten des Coronavirus voranschreitet, stellt sich die Frage, ob sich auch während der Pandemie etwas in Sachen Klimawandelbekämpfung getan hat?

Drexel: Am Anfang hatte man das Gefühl, Corona verdrängt alles und auch den Klimaschutz und da läuft nix mehr. Jetzt im Nachhinein muss man aber feststellen, dass fast das Gegenteil der Fall war und in Wirklichkeit sehr viel passiert ist in der Gesellschaft. Das hat aber auch damit zu tun, dass im Grunde jede Naturkatastrophe die Wahrnehmung noch verstärkt. Und davon hatten wir 2021 genug, wenn wir an die Waldbrände im Süden Europas denken oder die katastrophale Flut in Deutschland.

Christof Drexel
Markus Gmeiner/Pzwei
Christof Drexel

Das ist schon so, dass man dann noch mehr darüber nachdenkt und sagt, muss man jetzt wirklich etwas tun. Und wir merken da auch eine immer größer werdende Bereitschaft, an diesem Wandel mitzuwirken.

Das merken wir auch an den Mitgliederzahlen bei uns im Verein „KlimaVOR“, die steil nach oben gehen. Und wir merken es auch an den vielen Kooperationen, die jetzt entstehen. Aus den verschiedensten Bereichen, aus dem Bereich der Gesundheit mit dem AKS, aus dem Bereich der Kunst und Kultur mit dem Vorarlberg Museum. Und so geht das fort.

ORF: Das hört sich jetzt recht positiv an, aber auf 1,5-Grad-Kurs sind wir ja nicht, oder?

Drexel: Naja, mit dem 1,5-Grad-Kurs, das ist so eine Sache. Ich habe jetzt zunächst mal vom beginnenden Wandel gesprochen, der Voraussetzung ist dafür, dass wir überhaupt diesen Kurs einschlagen können. Also nur, wenn wir in der Bevölkerung soweit sind, in der Gesellschaft so weit sind und auch in der Wirtschaft so weit sind, das anzuerkennen, dann kann man diesen Kurs mit voller Kraft auch einschlagen und verfolgen.

Stichwort Wirtschaft: Auch da tut sich viel. In meinem Brotberuf habe ich öfter damit zu tun, auch Unternehmen, Industriebetriebe zu beraten. Und da merke ich, jetzt ist die Anforderung nicht mehr irgendwie ein paar Prozent zu reduzieren, sondern wirklich die Zielsetzung Klima-Neutralität. Wie bekomme ich alle meine Emissionen weg? Also das kommt dort inzwischen wirklich massiv an und ich merke, dass da auch ein Umdenken stattfindet.

Und in diesem Zusammenhang gibt es ein so schönes chinesisches Sprichwort, das heißt, wenn der Wind des Wandels weht, dann bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen. Und da habe ich schon ganz deutlich die Wahrnehmung, dass in Vorarlberg viel mehr Windmühlen gebaut werden als Mauern. Und das stimmt mich zuversichtlich.

ORF: Apropos China – jetzt wird das ja auch oft als Argument verwendet: Was nützt es, wenn wir hier im kleinen Vorarlberg oder auch im kleinen Österreich viel tun, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten, während andere große Länder wie China, die sehr viel Einfluss haben, sehr viel weniger machen?

Drexel: Ja, das wird gerne so gesehen und auch gerne vorgeschoben, dass man hier ja eigentlich gar nichts tun muss, wenn die Chinesen eh nix tun. Das ist falsch, weil in China extrem viel passiert. Auch die Chinesen haben sich schon die Klimaneutralität vorgenommen, zehn Jahre später als die EU. Aber trotzdem ist China Weltmeister in der Windenergie, Weltmeister in der Photovoltaik, also da passiert extrem viel. Stichwort Elektrobusse: Ich habe gerade kürzlich gelesen, dass 99 Prozent aller Elektrobusse in China verkehren und das sind über 400.000 Stück. Da geht richtig die Post ab, da darf man nicht sagen, die Chinesen tun nichts.

Aber auch wenn es so wäre, es ist ja so: Wir müssen die globale Erwärmung auch global stoppen. Das heißt, das betrifft alle. Also wenn wir jetzt nichts machen würden, dann könnten halt die Chinesen sagen: Ja, was nützt es, wenn wir was tun und die Europäer tun nichts? Also es muss einfach überall passieren. In China, in Europa, in Österreich, in Vorarlberg. Das ist der Punkt.

„Auch auf politischer Ebene tut sich etwas“

Und auch auf politischer Ebene tue sich etwas, sagt Klima-Experte Christof Drexel weiter. Immer mehr Kommunen rückten in Richtung Klimaneutralität und auf Landesebene sei das Strategiepapier „Energieautonomie Plus“ verabschiedet worden. Darin ist unter anderem vorgesehen, bis 2030 die Hälfte des Energiebedarfs durch erneuerbare Energieträger zu decken.

Zur Person: Christof Drexel

Christof Drexel übernahm nach seiner Ausbildung zum Maschinenbauer den Betrieb seines Vaters in Bregenz, ein regionales Unternehmen für Lüftungsbau. Später entwickelte er Kompaktgeräte für Heizen, Lüftung und Warmwasserbereitung, mit denen „drexel und weiss“ nach Unternehmensangaben zum Technologie- und Marktführer bei der Haustechnik für Passivhäuser wurde. 2016 schied Drexel aus dem operativen Geschäft aus und arbeitet seither als Berater und Autor.

Er ist Autor unter anderem der Bücher „Zwei Grad. Eine Tonne – Wie wir das Klimaziel erreichen und damit die Welt verändern“ und „Warum Meerschweinchen das Klima retten: Einfache Strategien für eine bessere CO2-Bilanz“.