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Ärzte warnen vor absichtlicher Ansteckung

In Vorarlberg sind inzwischen konkrete Verdachtsfälle bekannt, dass sich Personen absichtlich mit dem Coronavirus anstecken, um das Impfen zu umgehen. Mediziner warnen eindringlich vor diesem riskanten Spiel mit der Gesundheit.

Hinter vorgehaltener Hand wird immer wieder darüber gesprochen, dass sich Menschen absichtlich mit dem Coronavirus anstecken, um das Impfen und Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte zu umgehen und nach überstandener Erkrankung als genesen zu gelten. Dem ORF sind inzwischen konkrete Verdachtsfälle in Vorarlberg bekannt.

Absichtliche CoV-Ansteckung

Dem ORF sind mehrere Verdachtsfälle bekannt, wo Corona Positive angeblich zu Ansteck-Treffen geladen haben. Diese Praxis ist aber hochriskant, man setzt nicht nur seine Gesundheit aufs Spiel sondern macht sich auch strafbar.

Austausch in impfskeptischen Onlinegruppen

In impfskeptischen Gruppen gibt es online einen regen Austausch, wo man sich mit CoV-Infizierten treffen kann. Demnach sollen mit dem Coronavirus infizierte Personen angeblich die Quarantäne missachtet und Nichtinfizierte als Besuch empfangen haben, damit sich diese absichtlich anstecken lassen konnten.

Mediziner warnen eindringlich

Auch der Vizepräsident der Vorarlberger Ärztinnen- und Ärztekammer, Burkhard Walla, hörte von diesen Vorgängen und warnt eindringlich davor: „Junge Leute, von denen man meinen würde, sie überstehen das problemlos, sind zum Teil schwerstkrank und intensivkrank. Während ältere Menschen, die zum Teil auch andere Erkrankungen haben, einen leichten Verlauf haben können. Man kann es individuell nicht voraussagen.“

Dr. Burkhard Walla, Vizepräsident der Vorarlberg Ärztekammer und Sprecher der niedergelassenen Ärzte
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Ärztekammer-Vizepräsident Burkard Walla

Statistik sagt das persönliche Schicksal nicht voraus

Für jene, die sich anstecken, besteht – rein statistisch – ein Risiko von rund zehn Prozent, ins Krankenhaus zu müssen, und knapp unter ein Prozent der Infizierten stirbt laut Walla an Covid-19: „Fakt ist, dass man quasi ein statistisches Risiko hat, und das sagt das persönliche Schicksal nicht voraus. Das ist eine gewisse Form von Hasardspiel.“ Als solches bezeichnet man eine Unternehmung, bei der jemand ohne Rücksicht auf andere und sich selbst alles aufs Spiel setzt.

Strafrechtliche Folgen drohen

Den Behörden sind diese Verdachtsfälle bereits bekannt, auch die Staatsanwaltschaft interessiert sich für solche Ansteck-Gruppen, sagt der Sprecher der Bezirkshauptleute, Herbert Burtscher: „In einem solchen Fall ist es für mich klar, dass eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft gemacht werden müsste und die Leute sich dann vor Gericht zu verantworten hätten.“

Bei konkretem Verdacht wird ermittelt

Burtscher hat in privaten Gesprächen schon von absichtlichen Ansteckungen gehört. Bis jetzt haben die Bezirkshauptmannschaften aber noch nicht ermittelt, weil sie keine konkreten Verdachtsfälle auf dem Tisch hatten. Das könnte sich ändern, falls solche Treffen publik werden: „Wenn quasi in der Nachbarschaft bekannt ist, dass der Nachbar selbst erzählt, dass er in Quarantäne ist und da findet eine Feier statt. Dann ist das wirklich eine sehr gefährliche Aktion, die dann zum Bumerang werden kann.“

Polizei darf kontrollieren

Was viele möglicherweise nicht wissen: Die Polizei darf ins Haus, wenn die Quarantäne missachtet wird und ein Treffen stattfindet: „Da es sich um ein strafrechtliches Delikt nach dem StGB handelt, steht für mich fest, dass die Polizei diesem Verdacht auch im privaten Wohnbereich nachgehen kann.“ Absichtliches Infizieren mit dem Coronavirus ist strafbar und kann ernste strafrechtliche Folgen haben – von hohen Geldstrafen bis hin zu drei Jahren Haft.

Einwilligung schützt nicht vor Strafe

Der Tatbestand dazu heißt „Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten“, das kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden, sagt der Rechtsanwalt Martin Mennel. Wenn die Angesteckten sich diese Ansteckung geradezu gewünscht haben, schützt das nicht vor Strafe: „Diese Einwilligung ist völlig unwirksam, weil sie gegen die guten Sitten verstößt“, erklärt Mennel: „Bei der Gefährdung durch die Übertragung von Krankheiten ist sie auch deshalb unwirksam, weil hier nicht die Gesundheit des Einzelnen geschützt ist, sondern die Gesundheit aller.“

Falls nach so einem Ansteck-Treffen einer der Teilnehmenden durch Covid stirbt, hätte man es mit einer vorsätzlichen Körperverletzung mit tödlicher Folge zu tun, so der Rechtsanwalt. Der Strafrahmen dafür beträgt ein bis fünfzehn Jahre. Strafbar wäre jeder der Beteiligten, auch für etwaige Schadensersatzklagen der Hinterbliebenen wären die Beteiligten haftbar.