Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle
ORF Vorarlberg
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Politik

Stainer-Hämmerle zum Wien-Vorarlberg-Verhältnis

Mit Magnus Brunner sitzt seit Anfang dieser Woche ein Vorarlberger an der Spitze des Finanzministeriums. ORF-Redakteur Andreas Feiertag hat mit der Vorarlberger Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle darüber gesprochen, ob das Vorteile für Vorarlberg bringen könnte.

ORF Vorarlberg: Frau Stainer-Hämmerle, Landeshauptmann Markus Wallner hat gemeint, dass es für Vorarlberg vorteilhaft sei, wenn ein Landsmann im Finanzministerium sitzt. Wird Ressortchef Magnus Brunner überhaupt irgendeine Begehrlichkeit der Länder bedienen können?

Stainer-Hämmerle: Als Finanzminister kann Magnus Brunner natürlich Einfluss nehmen, auch auf andere Ministerien. Schließlich hängt es an ihm, welche Projekte finanziell bedeckt werden und welche nicht. Was er sich allerdings nicht wünschen kann, ist die Durchsetzung einer S18. Er kann mehr verhindern als wie proaktiv gestalten. Aber es ist nie von Nachteil, natürlich auch einen gewissen Informationsvorsprung zu haben durch einen Finanzminister in Wien, wenn ich auch ihm nicht anraten würde, Länderinteressen zu vertreten, weil er ist Bundesminister und somit schon auch für ganz Österreich natürlich verantwortlich und zuständig.

ORF Vorarlberg: Also überzogene Erwartungen seitens des Landeshauptmannes?

Einen direkten Kanal zu haben, vor allem für die Informationsweitergabe, ist ein Vorteil. Aber es würde natürlich österreichweit nicht gut beurteilt werden, wenn jetzt ein Minister Landesinteressen vor Bundesinteressen stellen würde. Ich glaube, das darf man nicht erwarten und kann man auch nicht erwarten.

ORF Vorarlberg: Auf die Frage, wie er ins Finanzministerium gekommen ist, hat Magnus Brunner gemeint, dass Karl Nehammer die besten Köpfe für das Regierungsteam ausgewählt hat. Ist es nicht vielmehr so, dass bei der Bestellung der neuen Minister die Wünsche der Länder und der ÖVP-Bünde befriedigt werden mussten?

Stainer-Hämmerle: Also der Verdacht liegt nahe. Allerdings muss man auch sagen, die ÖVP hat ein breites Reservoir an Personen. Fachkompetenz zu haben und aus einem Bundesland zu kommen, das möchte ich nicht von vornherein ausschließen. Der Unterschied war aber vielleicht schon zwischen den Bundesländern, dass manche aus dem Büro von Landeshauptleuten kamen und andere Besetzungen als Quereinsteiger, etwa aus der Wissenschaft, von der Universität gesehen werden können. Da sah man schon deutliche Unterschiede.

ORF Vorarlberg: Aber es riecht eher nach Macht-Bestrebungen von Ländern und Bünden, oder?

Stainer-Hämmerle: Es ist ja auch eine Bundesregierung, wo eigentlich alle Bundesländer vertreten sein sollten. Und insofern sehe ich darin von vornherein jetzt keinen Fehler, auch auf die regionalen Interessen zu achten und natürlich auch deren Sichtweisen einzubringen. Je breiter derartige Gremien auch konstituiert sind, desto besser die Entscheidungen. Aber am Ende darf halt ein Fehler nicht passieren, das parteitaktische Motive alles andere überlagern.

ORF Vorarlberg: Der frühere Vorarlberger Kurzzeit Außenminister Michael Linhart hat keine ÖVP hinter sich und ist auch in Vorarlberg nicht so gut vernetzt wie Magnus Brunner. Ist das der Grund, warum man Linhart aus der Regierung entfernt hat?

Stainer-Hämmerle: Der Grund war vor allem die Rückkehr von Alexander Schallenberg ins Außenministerium. Da fühlt er sich wohler. Das hat man auch deutlich bei seinem Rücktritt als Bundeskanzler gesehen. Und es wäre sicher noch ein schlechteres Signal gewesen, Alexander Schallenberg quasi mit Nichts am Ende hier dastehen zu lassen.

ORF Vorarlberg: Ist ist die ÖVP wieder zu ihren früheren Wurzeln vor Sebastian Kurz zurückgekehrt? Haben die Landeshauptleute wieder das Zepter in der Hand?

Stainer-Hämmerle: Für die ÖVP gilt es, in Zukunft das Beste aus beiden Welten zu verbinden – von der alten schwarzen ÖVP und der neuen türkisen. Ich halte innerparteiliche Demokratie für sehr wichtig. Insgesamt sollten natürlich alle ein Interesse daran haben, einen verbindlicheren Stil nach außen zu tragen und vor allem sich mehr sachpolitisch zu orientieren als parteitaktisch – also wieder mit mehr Breite, so wie es einer Volkspartei eigentlich auch entspricht.