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Politik

Evaluierung: S18 schneidet „unterdurchschnittlich“ ab

Das Nein zum Lobautunnel in Wien lässt nun auch die Vorarlberger Befürworter der S18 zittern, denn die Bodenseeschnellstraße steht bei Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) ebenfalls auf dem Prüfstand. Laut den Grünen in Vorarlberg hat die S18 beim heute veröffentlichten Evaluierungsbericht „unterdurchschnittlich“ abgeschnitten.

Die Bodenseeschnellstraße (S18) schneidet laut dem grünen Klubobmann Daniel Zadra insbesondere in puncto Flächenverbrauch, Artenvielfalt, Wasserhaushalt und Klimawirkung, auch im Vergleich mit allen anderen Projekten, unterdurchschnittlich ab. Nun gelte es die durch den Entschließungsantrag des Nationalrates durch ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne beschlossene Alternativen-Prüfung durchzuführen. Aus dem Büro von Gewessler heißt es, dass weiter nach alternativen Verbindungsmöglichkeiten zwischen Vorarlberg und der Schweiz gesucht wird.

Tittler fordert Unterflurlösung

Ein Projekt dieser Dimension bedeute natürlich immer einen Eingriff in die Natur, vor allem während der Bauphase, so Landesrat Marco Tittler (ÖVP). Um diese Auswirkungen langfristig aber möglichst gering zu halten, sei auf eine entsprechende bauliche Ausführung bereits in der Planung zu achten. Daher sei auch die Z-Variante in den Vorprüfungen bereits ausgeschieden. „Es ist deshalb dringend notwendig, die CP-Variante als Unterflurlösung auszuführen“, fordert Landesrat Tittler. Damit könnte laut ihm Biodiversität in diesen Bereichen erhalten und Flächenverbrauch reduziert werden.

„Es ist eine große Chance, dieses ohne Zweifel notwendige Projekt möglichst naturverträglich umzusetzen“, betont Tittler. Der Fokus der Asfinag sollte deshalb jetzt auf der Ausarbeitung dieses Projektes liegen. Kapazitäten, die als Ergebnis des Evaluierungsberichts nun möglicherweise auf Seiten des Asfinag frei werden, könnten nun für eine möglichst umwelt- und klimaschonende Umsetzung der S18 eingesetzt werden.

Die geplante Streckenführung der S18 würde durch den Tunnel nicht überflüssig
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Die geplante S18

Grüne sehen Ähnlichkeiten zur S18-Debatte

Zadra sieht bei der Lobau-Diskussion Ähnlichkeiten zur Debatte rund um die Bodenseeschnellstraße S18: „Beide Projekte stammen aus einer Zeit, als hingenommen wurde, dass immer mehr Verkehr auf immer mehr Straßen das Klima, die Umwelt und die Menschen belastet. Beide Straßen wurden ohne Rücksicht auf Bodenverbrauch und Biodiversität durch Naturschutzgebiete hindurch geplant.“ Auch der dadurch zusätzlich entstehende Verkehr sei in der Vergangenheit oft ausgeblendet worden.

Straßenprojekte „politisch nicht gewollt“

Für den Präsidenten der Vorarlberger Industriellenvereinigung liegt klar auf der Hand, dass diese Straßenprojekte trotz ihrer Verkehrsentlastung politisch nicht gewollt seien. „Schließlich werden rund 60 Prozent aller evaluierten Projekte laut Ohneberg als schlecht bewertet und keines als gut. Er verstehe nicht, warum es politisch motivierte Zwischenschritte brauche, wenn es das UVP-Verfahren gebe.

NEOS: „Klarer Projektfahrplan nötig“

„Wenig überraschend und absehbar,“ kommentiert NEOS Landtagsabgeordneter und Verkehrssprecher Garry Thür die heutige Meldung zum Evaluierungsstand der S18: „Das hilft nur leider der verkehrsgeplagten Bevölkerung im unteren Rheintal nichts, wenn Frau Bundesministerin Gewessler „unterdurchschnittliche“ Bewertungen abgibt und in Vorarlberg immer noch niemand weiß, was das für die erforderliche Verkehrsentlastung bedeutet." Was es brauche sei ein klarer Projektfahrplan und keine Doppelgleisigkeiten, wie sie jetzt angedacht seien. Die Menschen im unteren Rheintal brauchen laut Thür dringend eine Entlastung und keine Verzögerungen.

ÖVP: „Sehr einseitig interpretiert“

Mit Unverständnis nimmt ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück das vorläufige Evaluierungsergebnis zur S18 durch das Klimaministerium zur Kenntnis: „Inhaltlich ist es eine Zusammenfassung bereits bekannter Daten, die sehr einseitig interpretiert wurden.“ Frühstück hinterfragt vor allem die Kriterien, die von Seiten des Ministeriums für die Beurteilung des Projekts S18 herangezogen worden sind: „Ich kenne kein Straßenprojekt, welches überdurchschnittlich klimafreundlich ist und das zudem beim Bodenverbrauch einen Topwert hat." Was ihn schon wundere, sei das Faktum, dass die Verkehrsentlastung der Menschen bei der Beurteilung offenkundig keine Rolle gespielt habe.

FPÖ: „Wallner muss endlich klare Linie sicherstellen“

„Die grüne Verkehrsministerin Gewessler setzt offensichtlich alles daran, die Entlastungsstraße S18 zu verhindern", meint der freiheitliche Verkehrssprecher im Vorarlberg Landtag, Daniel Allgäuer. Nachdem von Gewessler bereits mehrere Entlastungsprojekte im Osten Österreichs gestoppt worden seien, setzte die Ministerin nun offensichtlich auch zum finalen Schlag gegen die für Vorarlberg so wichtige Entlastungsstraße S18 an. Allgäuer appelliert heute einmal mehr an Landeshauptmann Wallner: „Endlich eine klare Linie der Landesregierung sicherzustellen und diese Haltung gegenüber der Ministerin in Wien auch klar zu kommunizieren." Für die Freiheitlichen sei, so Allgäuer, jedenfalls klar: „Wir stehen zu 100 Prozent hinter diesem Entlastungsprojekt und dieses klare Bekenntnis verlangen wir endlich auch von der Landesregierung!“

Geplante Schnellstraße in Vorarlberg

Die Bodensee Schnellstraße S18 ist eine geplante Schnellstraße in Vorarlberg und Teil der Europastraßen E43 und E60. Sie soll die vorarlbergische Rheintalautobahn mit den schweizerischen Autobahnen A1 und A13 verbinden. Sie wird seit den 1980er Jahren diskutiert, scheiterte aber bislang aufgrund diverser Beschwerdeverfahren und Änderungen der Rechtslage.

In der Vergangenheit war eine Trasse über einen Knoten bei Lauterach geplant, die aber nicht mehr realisierbar ist. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2011 eine Nachfolgelösung präsentiert, deren Evaluierung Ende 2014 abgeschlossen wurde. Sie sah zwei Varianten vor (Variante Z und Variante CP), die 7,5 bzw. 8,6 km lang sind. Während sich die Gemeinde Lustenau als auch das Land Vorarlberg für die Variante Z ausgesprochen hatten, entschied sich die ASFINAG für die Variante CP.

Lobau-Entscheidung für Zadra zukunftsweisend

Für Zadra ist die Entscheidung von Gewessler in Sachen Lobautunnel „zukunftsweisend". „Nicht alles, was in der Vergangenheit geplant wurde, ist heute noch vernünftig. Viele Straßenbauprojekte wurden nicht mit Blick auf nachfolgende Generationen geplant. Wichtige Zukunftsfragen wie Klimaschutz und die Eindämmung des Bodenverbrauchs wurden außer Acht gelassen.“

Gewessler stoppt Lobautunnel

Der umstrittene Lobautunnel, der als Teil der Wiener Außenring-Schnellstraße (S1) vorgesehen war, wird nicht gebaut. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) bestätigte diese Entscheidung am Mittwoch in einer Pressekonferenz. Die Projektevaluierung habe sich gegen einen Bau in dem Naturschutzgebiet ausgesprochen. Die Stadt Wien hatte für diesen Fall rechtliche Schritte angekündigt – mehr dazu in ORF.at.