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Wirtschaftsforum will „Mut“ machen

Über 500 Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik haben sich am Donnerstag im Bregenzer Festspielhaus beim 38. Vorarlberger Wirtschaftsforum zum Thema „Mut und Innovation“ getroffen. Ein Höhepunkt war die Ehrenpreis-Verleihung an die Brüder Gerhard und Herbert Blum, die rund 40 Jahre lang den gleichnamigen Beschlägekonzern leiteten.

Die Auszeichnung der Industriellenvereinigung Vorarlberg, der Wirtschaftskammer und der „Vorarlberger Nachrichten“ wurde zum siebenten Mal verliehen. Gerhard und Herbert Blum waren 1982 als zweite Generation in die Geschäftsführung des Familienunternehmens in Höchst (Bez. Bregenz) eingetreten. Vor zwei Jahren hatten die beiden Brüder die Geschäftsleitung an zwei ihrer Söhne übergeben. Zwischen 1982 und 2020 steigerten die beiden Brüder den Umsatz von rund 80 Mio. auf über 1,9 Mrd. Euro. Der Weltmarktführer beschäftigt rund 8.800 Mitarbeiter.

Auszeichnung für Beschlägehersteller Blum

Eine Auszeichnung für ihr Lebenswerk durften Gerhard und Herbert Blum vom Höchster Beschlägeherstellers Blum beim 38. Vorarlberger Wirtschaftsforumentgegennehmen. Sie haben in ihrer aktiven Zeit den Umsatz des Unternehmens mehr als verdreiundzwanzigfacht.

Großes Thema Digitalisierung

Die Referenten näherten sich aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln dem Tagungsmotto „Mut und Innovation“, wobei es fast immer auch um die Möglichkeiten der Digitalisierung ging. Der aus Vorarlberg stammende Verhaltensökonom Ernst Fehr sah die große Bedeutung der Digitalisierung für Unternehmen darin, dass sie die Zahl der Experimente erhöht: „Zu lernen, was nicht funktioniert, ist unglaublich wertvoll für ein Unternehmen.“ Wenn wir bei Amazon etwas bestellen oder bei Google etwas suchen, seien wir „mit hoher Wahrscheinlichkeit Teil eines Experimentes, ohne es zu ahnen“.

„Arbeit, Sparen und Geduld“

Digitalisierung und der gesamte schnelllebige Wandel der Wirtschaft stellten vieles in der Gesellschaft auf den Kopf, erläuterte der Schweizer Trend- und Konsumforscher David Bosshart. Er forderte die „Rückkehr zum menschlichen Maß“. Wenn man sich die Frage stelle, was uns – vor allem in der westlichen Welt – den Wohlstand gebracht habe, dann seien es „Arbeit, Sparen und Geduld“ gewesen. Dies sei auch nachhaltig gewesen, alle drei Begriffe aber seien heute in ihrer angestammten Form infrage gestellt. „Nachhaltigkeit ist zuerst soziale Nachhaltigkeit“, so Bosshart, und beginne und mit Moderation im Sinne von Mäßigung. Immer mehr zu erfahren und zu wissen, sei nicht der entscheidende Schlüssel, erst recht nicht die wachsende Zahl an Experten: „Mehr Experten bringen nicht mehr Wissen, sondern mehr Problembewusstsein. Die Paradoxie in komplexen Gesellschaften ist, dass das Nichtwissen schneller wächst als das Wissen. Wir brauchen nicht mehr Informationen, wir brauchen mehr Orientierung.“

Am Vormittag hatten Manager des schwäbischen Filtrationskonzern Mann+Hummel sowie die als „Löwin“ aus der Start-up-TV-Show bekannte Dagmar Wöhrl referiert. Mann+Hummel ist mit seinem bisherigen Fokus als Automobilzulieferer vor allem durch die Dekarbonisierung und Digitalisierung gefordert. Die Manager stellten dazu ihren Innovationsstandort in Singapur vor. Dagmar Wöhrl, die unter anderem Staatssekretärin für Wirtschaft (CSU) war, und einer Unternehmerfamilie in Nürnberg entstammt, befand es für bedauerlich, dass heute zu wenig Menschen aus der Wirtschaft in die Politik gingen: Jammern, so Wöhrl sinngemäß, sei keine Lösung.