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ORF.at/Christian Öser
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Chronik

Caritas: Psychischer Druck auf die Menschen steigt

Die CoV-Pandemie hat neben massiven Auswirkungen auf die Wirtschaft auch soziale Folgen gehabt. Die Zahl der Beratungen habe sich aber überraschenderweise nicht erhöht, sagt der Leiter der Caritas-Beratungsstelle „Existenz und Wohnen“. Deutlich spürbar sei aber, dass der psychische Druck steige.

Die Vorarlberger Armutskonferenz hat erst vor wenigen Tagen darauf aufmerksam gemacht, dass immer mehr Menschen in Vorarlberg von Armut gefährdet sind. Die aktuellen Preissteigerungen für Mieten und Heizöl verstärken diese Entwicklung.

Die Caritas-Beratungsstelle „Existenz und Wohnen“ hat in den ersten drei Quartalen Anfragen aus 2.300 Haushalten beantwortet oder die Menschen beraten. Zentrale Themen sind Wohnen und Geld, sagt Stellenleiter Christian Beiser im Interview von ORF Radio Vorarlberg.

Energiepreise: „Da braucht es Lösungen“

„Steigende Energiekosten sind etwas, das uns große Sorgen bereitet“, sagt Beiser, diese Auswirkungen kämen aber jetzt bei den Klienten noch nicht an. „Im Moment geht es um die Großhandelspreise, das wird uns eher in den nächsten Jahren beschäftigen“, so Beisers Einschätzung. „Wenn die Energiepreise in dem Maße steigen, wie man jetzt von den Großhandelspreisen redet, dann weiß ich nicht, wie das die Haushalte bewältigen sollen. Da braucht es dann natürlich Lösungen.“

Noch keine gestiegenen Klientenzahlen

Die Zahl der Klienten und Klientinnen sei noch nicht gestiegen, „das überrascht uns manchmal selber“, sagt Beiser. Allerdings habe die Intensität der Unterstützung zugenommen. Von 2019 bis zum Jahr 2021 habe die Beratungsstelle „Existenz und Wohnen“ einen Anstieg von rund 500 Stunden verbucht, das entspreche in etwa fünf Prozent der Kapazitäten. Für Beiser ist das ein Hinweis darauf, „dass die Fälle komplexer werden und dass es schwieriger ist, im Einzelfall rasche Hilfe zu finden“.

„Druck verbunden mit großer Verunsicherung“

„Die Menschen, die zu uns kommen, stehen immer unter Druck“, beschreibt Beiser die Not der Klienten und Klientinnen. „Wer zu uns kommt, befindet sich in einer finanziellen und existenziellen Notlage. Die Menschen kommen zu uns, weil sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Lebensmittel kaufen sollen, weil sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Rechnungen zahlen sollen, weil sie schon Mietrückstände haben.“

Bemerkbar sei in den vergangenen Monaten die psychische Verschlechterung bei vielen Menschen. Ein Druck, der „verbunden ist mit einer großen Verunsicherung, mit einer großen Ratlosigkeit“, so Beiser. Da gehe es um die Frage, ob man in Zukunft noch eine Arbeitsstelle habe. „Diese Entwicklung setzt den Menschen stärker zu auf einer psychischen Ebene – das ist das, was wir merken.“

Zahl der anonymen Anfragen hat sich verdoppelt

Die Zahl der anonymen Anfragen und Beratungen bei der Beratungsstelle hat sich innerhalb von drei Jahren verdoppelt. Dabei handle es sich vor allem um Menschen, die vor einer neuen Situation stünden, aber noch nicht so weit seien, dass sie mit ihrem Namen um Hilfe bitten würden, sagt Beiser. Das sei ein Hinweis auf eine Entwicklung, die sich momentan noch nicht in den Klientenzahlen zeige, aber die sich in Zukunft zeigen werde.

„Wir haben viele Menschen im Land, die sind finanziell abgesichert, aber in einer prekären Art und Weise“, so Beiser weiter. Da müsse nicht viel dazu kommen, dass es wirklich problematisch werde, den Lebensunterhalt zu sichern.