Einsatztrainer Andreas Marik
ORF Vorarlberg
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Chronik

Polizeischüsse: Einsatztrainer im Interview

Die Polizeischüsse am Sonntag in Dornbirn, bei denen ein Mann getötet wurde, lösen Diskussionen aus. Die Frage ist, ob es in dieser Situation notwendig war, zu schießen. Der ORF Vorarlberg hat mit dem Einsatztrainer der Vorarlberger Polizei, Andreas Marik über diesen Einsatz gesprochen.

ORF Vorarlberg: Herr Marik, die Polizeibeamten haben ja oft nur Sekunden Zeit zu reagieren oder zu entscheiden. Kann man das überhaupt trainieren?

Marik: Wir versuchen, unseren Beamten einen Werkzeugkoffer mitzugeben – an Einsatzmitteln, Einsatztechniken und Einsatztaktiken, die helfen sollen, Schlag-, Hieb-, Stich- oder Schusswaffen frühzeitig wahrnehmen und auch entsprechend reagieren zu können.

Schwieriger ist es, wenn die räumliche Distanz fehlt. Je weiter wir uns von unserem Gegenüber entfernt halten können, desto weniger gefährlich ist es für uns. Im freien Gelände ist es leichter möglich, aber natürlich in engen Räumlichkeiten, Stiegenhäuser oder dergleichen relativ schwierig.

Polizeischüsse sorgen für Diskussionen

Die Polizeischüsse am Sonntag in Dornbirn, bei denen ein Mann getötet worden ist, lösen Diskussionen aus. Der ORF Vorarlberg hat mit dem Einsatztrainer der Vorarlberger Polizei, Andreas Marik, über diesen Einsatz gesprochen.

ORF Vorarlberg: Nun wird natürlich wieder diskutiert, ob es nicht genügte, einen Schlagstock oder einen Pfefferspray einzusetzen oder wenn schon geschossen wird, ins Bein zu schießen, was der Polizist ja zuerst auch gemacht hat.

Marik: Ganz schwierige Entscheidung für den Beamten, weil er in kürzester Zeit abschätzen muss, ob es verhältnismäßig ist, von der Schusswaffe oder von Pfefferspray Gebrauch zu machen. Schlagstöcke sind nur bei den Einsatzeinheiten oder Diensthundeführern vorgesehen, ein normaler Streifenpolizist oder Außendienstbeamter verfügt über keinen Schlagstock.

Einen Messerangriff mit einem Schlagstock oder Pfefferspray abzuwehren, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn es die räumliche Distanz nicht zulässt, wird der Polizist von der Schusswaffe Gebrauch machen müssen. Und er wird versuchen, das Körperzentrum zu treffen, weil er nicht wirklich Zeit hat, die Waffe aus dem Holster zu ziehen, sie in Anschlag zu bringen und dann einen gezielten Schuss anzubringen. Der Polizist muss dann wirklich der Hüfte schießen.

ORF Vorarlberg: Hätte es nicht gereicht, einmal zu schießen? Getroffen hat der Beamte ja?

Marik: Offensichtlich, hat er nach dem ersten Schuss nicht die Wirkung erzielt, die er erzielen wollte – deshalb der Folgeschuss. Das Ziel des Polizisten ist es, und auch die Vorgabe des Gesetzgebers, einen Angreifer widerstands- flucht- und angriffsunfähig zu machen. Und wenn er das mit dem ersten Schuss nicht erreicht und der Angreifer weiter auf den Polizisten zukommt, wird er einen weiteren Schuss abgeben.

ORF Vorarlberg: Nun hat es 2017 in Lauterach einen ähnlichen Fall gegeben. Auch da wurde ein Mann von einem Polizisten erschossen. Kommt das auch bei uns in Vorarlberg öfter vor oder sind Messerattacken auf Beamte eine Seltenheit?

Marik: Es kommt immer wieder vor, obwohl es sehr oft nur bei Drohgebärden bleibt. Dass das Gegenüber wirklich aktiv auf die Polizisten zukommt – das ist eher selten.

Ermittlungen gegen Polizisten im Gange

Ein Polizist in Dornbirn hat am Sonntag bei einem Einsatz zwei Schüsse abgegeben und einen 39-jährigen Mann getötet. Der Mann war zuvor mit einem Messer auf die Beamten losgegangen. Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass der Polizist in Notwehr gehandelt hat. Nach Abschluss der Ermittlungen entscheidet die Staatsanwaltschaft Feldkirch, ob er angeklagt wird oder nicht – mehr dazu in Vermutlich Notwehr: Mann in Dornbirn erschossen (vorarlberg.ORF.at).