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rangizzz – stock.adobe.com
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Politik

Klima: Zehn-Punkte-Plan des Landes

Der Weltklimabericht hat vor einigen Tagen für große Aufregung gesorgt. Am Freitag stellte dann die Vorarlberger Landesregierung ihren aktuellen Zehn-Punkte-Aktionsplan zum Klimaschutz vor. Das Land will zweigleisig fahren – einerseits die Treibhausgase reduzieren, andererseits beim Schutz vor Wetterextremen aufrüsten.

Angesichts des Klimawandels fährt das Land Vorarlberg eine Doppelstrategie, sagt Landesrat Johannes Rauch (Grüne). Einerseits wolle man mit der Umsetzung der Energieautonomie Vorarlbergs Treibhausgas-Emissionen bis 2030 halbieren und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Zum anderen rüste man sich für immer mehr Wetterextreme und eine damit verbundene Erhöhung der Schadenskosten.

Wald und Häuser klimafit machen

Die zehn Punkte des Aktionsplans sehen unter anderem vor, dass private Häuser oder Altersheime und Schulen klimafit gemacht werden sollen. Das heißt, dass die Gebäude vor Überhitzung und Hochwasser geschützt werden sollen. Die Wälder sollen klimafitter gemacht werden, weitere Maßnahmen betreffen Luftreinhaltung oder den Hitzeschutz für Senioren.

Auch das Ausbringen von Jauche nur in Bodennähe wird aufgelistet, Moorschutz, grüne Infrastruktur für ein angenehmes Mikroklima und ein zweites Standbein für die Trinkwasserversorgung in den Gemeinden gehören zum Aktionsplan. Es brauche ein Umdenken beim Bauen, bei Bodenversiegelung und Städteplanung angesichts von vermehrten Hitzeperioden, so Rauch.

Zehn-Punkte-Plan des Landes

1. Fünf Klimawandelanpassungs-Modellregionen in Vorarlberg mit 185.000 Einwohner:innen
2. Luftreinhaltung zur Minimierung von Sommersmog
3. Beratungen für klimafitte Privatgebäude
4. Erhöhte Förderungen für klimafitte Gemeindebauten
5. Gestaltung klimafitter Wälder
6. Forcierung der bodennahen Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern
7. Aktionsplan Moorschutz für Vorarlberg
8. Grüne Infrastruktur für ein angenehmes Mikroklima
9. Zweite Standbeine für die Trinkwasserversorgung in 59 Prozent der Gemeinden
10. Räumliche Entwicklungspläne berücksichtigen Klimawandelanpassung

Modellregionen in Vorarlberg

Die zehn Punkte sind nicht neu. Sie unterscheiden sich nur minimal in der Überschrift zu den Punkten vom Vorjahr. Teilweise seien sie adaptiert worden, sagt Rauch, vor allem bei der Photovoltaik, das Ziel sei Photovoltaik mal drei. „Was ich sagen kann, ist, dass wir – egal um welchen Bereich es geht – deutlich rascher und deutlich intensiver werden müssen.“

Vieles sei bereits in Umsetzung und zeige Wirkung. So lebten mittlerweile 185.000 Vorarlberger in Klimawandelanpassungs-Modellregionen, die Anpassungskonzepte entwickeln.

Rauch: Mehr Tempo bei „Rhesi“

Rauch pocht angesichts des jüngsten Berichts des Weltklimarats auch auf mehr Tempo beim Rhein-Hochwasserschutzprojekt „Rhesi“. „Wenn wir gewappnet sein wollen, muss Rhesi Priorität haben“, so Rauch bei der Vorstellung des Vorarlberger Klima-Aktionsplans 2021/22. Es gelte, bei den Staatsvertragsverhandlungen mit der Schweiz in die Gänge zu kommen, sagte Rauch. Der Ministerrat gab kürzlich grünes Licht für die Verhandlungen.

Angesichts der prognostizierten Zunahme von Starkregenereignissen sei das auf derzeit rund eine Milliarde Euro geschätzte Projekt „eine existenzielle Frage für das Rheintal“. Innerhalb von 20 Jahren soll damit der Hochwasserschutz im Vorarlberger und St. Galler Rheintal von einem 100- auf ein 300-jährliches Hochwasserereignis ausgebaut werden. Allein im unteren Rheintal hätte ein Rhein-Hochwasser ein Schadenpotenzial von bis zu zehn Mrd. Euro. Bei ähnlichen Regenmengen im Rheineinzugsgebiet Graubünden wie bei der Hochwasserkatastrophe in Deutschland „wäre der Rhein über die Ufer getreten“, betonte Rauch.

„Der Realität ins Auge sehen“

Der Klimawandel sei da, es gehe nur mehr um eine Begrenzung. Den Vorwurf, es gehe nur um Angstmacherei, könne er nicht mehr hören, sagte Rauch mit Blick auf die Debatten der vergangenen Wochen. „Es geht nicht darum, Angst zu machen und Verzicht zu predigen – es geht darum, der Realität ins Auge zu sehen“, so der Landesrat an „Beschwichtigungshofräte“.

„Wer jetzt in der Politik ist, hat eine historische Verantwortung für die Kinder und Enkelkinder, die heute geboren sind“, so Rauch. Denn jetzt sei die Zeit zu handeln. „Wem schon die Ökologie wurscht ist, der soll wenigstens den Ökonomen glauben“, verwies der Landesrat auf die von der Hagelversicherung errechnete Schadenssumme von 250 Mio. Euro nach Unwettern und Dürre.

40 Hitzetage könnten die Norm werden

Seit 1880 stieg die Temperatur in Vorarlberg laut dem aktuellen Klimastatusbericht des Landes im Jahresmittel um zwei Grad, doppelt so viel wie im globalen Durchschnitt. 2020 war um 2,2 Grad zu warm, Hitzetage (über 30 Grad Celsius, Anm.) und Tropennächte (über 20 Grad Celsius, Anm.) nahmen zu. Bis 2040 sei von einem Anstieg der Jahrestemperatur um weitere 1,2 bis 1,4 Grad auszugehen. In Bregenz könnten langfristig bis zu 40 Hitzetage die Norm werden, früher waren es drei.

Für mehr innerstädtische Hochwasser und Murenabgänge aufgrund von Starkregens müsse man sich rüsten, so Rauch. Der Systemwandel sei ein „Transformationsprozess“. Vieles werde sich ändern, „und es werden Verbesserungen sein“, sagte Rauch voraus. Man müsse aber rascher und intensiver handeln, „bei der Pandemie ist das auch gelungen“.

Weltklimabericht ließ aufhorchen

Der 6. Weltklimabericht warnt vor einer weltweiten Zunahme von klimatischen Extremereignissen, ausgelöst durch den menschlichen Ausstoß an Treibhausgasen. Nur durch tiefgreifende Treibhausgasreduktionen weltweit könne die Erderwärmung unterhalb der gefährlichen Schwellenwerte von 1,5-2 °C stabilisiert werden, heißt es.