Am Plateau von Nesslegg im hinteren Bregenzerwald entsteht „The Heimat“
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Politik

Investorenmodelle: Verkaufte Heimat

Seit vor einigen Jahren die Neuvergabe von Zweitwohnsitzwidmungen verboten wurde, ziehen sich übers ganze Land sogenannte Investorenmodelle. Diese kaufen Wohnungen, die vermietet werden müssen. Allerdings ist die Kontrolle schwer. Für Aufsehen sorgte Lech mit einem vorläufigen Baustopp. Ein Lokalaugenschein bei aktuellen Projekten.

Wer mit kritischem Blick durch Vorarlbergs Täler fährt, fragt sich, ob es für einen Stopp nicht schon zu spät ist. Das Bergdorf Damüls zum Beispiel wird seit 2007 mit Investorenwohnungen überzogen. Jetzt entstehen auf einen Schlag schon wieder 160 neue: Ein altes Gasthaus macht Platz für schicke Investorenwohnungen – ob sie dann auch tatsächlich vermietet werden oder nur als ganzjährige Ferienwohnungen genutzt werden, ist schwer zu kontrollieren.

Überforderte Gemeinden

Die Gemeinden sind überfordert, sagt der Damülser Bürgermeister Stefan Bischof: „Das ist für mich auch etwas, das politisch schon auch in nächster Zeit überlegt werden muss: Wie Gesetze kontrolliert werden und dann auch exekutiert werden. Das gerade kleinen Gemeinden zu überlassen ist aus meiner Sicht sicher nicht der richtige Weg.“

Heimat wird zum Verkaufsmodell

Am Plateau von Nesslegg im hinteren Bregenzerwald entsteht eine Trabantenstadt: The Heimat. Es ist das größte Hotel, das derzeit in Vorarlberg im Bau ist und wird von Hilton betrieben. Auch hier geht es natürlich nicht ohne Investorenwohnungen in zwei Gebäuden.

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Am Plateau von Nesslegg im hinteren Bregenzerwald entsteht „The Heimat“
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Am Plateau von Nesslegg im hinteren Bregenzerwald entsteht „The Heimat“
Am Ortseingang von St. Gallenkirch im Montafon sind die Pläne bereits durchgewunken
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Am Ortseingang von St. Gallenkirch im Montafon sind die Pläne bereits durchgewunken
In diesem Hotelkomplex wird jedes Hotelzimmer einzeln verkauft
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In diesem Hotelkomplex wird jedes Hotelzimmer einzeln verkauft
In Gargellen entstehen 60 Apartments
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In Gargellen entstehen 60 Apartments…
In Gargellen werden im Dezember 60 Apartments an finanzkräftige Investoren übergeben
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…die im Dezember an finanzkräftige Investoren übergeben werden
Ein altes Gasthaus in Damüls soll nun Wohnungen weichen
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Ein altes Gasthaus in Damüls macht Platz für Wohnungen
Investorenmodell in Damüls – 160 neue Wohnungen entstehen hier auf einen Schlag
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Investorenmodell in Damüls – 160 neue Wohnungen entstehen hier auf einen Schlag
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Lech hat jetzt einen zweijährigen Baustopp für Investorenmodelle verhängt

Jedes Hotelzimmer wird einzeln verkauft

Am Ortseingang von St. Gallenkirch im Montafon sind die Pläne für ein riesiges Hotel- und Apartment-Projekt schon durchgewunken, man wartet nur noch auf den Spatenstich. In Hanglage entstehen ein Hotel und drei separate Apartment-Gebäude, ein eigener Seilbahnzubringer ist geplant. Das Projekt wird vor allem am niederländischen Markt beworben. Der Knackkpunkt: In diesem Hotelkomplex wird jedes Hotelzimmer einzeln verkauft. Somit gibt es dann über 170 verschiedene Investoren.

Nicht selten bei solchen touristischen Projekten kommt es zu Betreiberwechseln, Baustopps und Umplanungen. So passiert in Gargellen: Direkt im Skigebiet stand lange eine Bauruine, dann haben neue Betreiber übernommen, jetzt werden schon im Dezember 60 Appartments an finanzkräftige Investoren übergeben.

Zweifelhafte Investorenmodell

Lech hat jetzt einen Baustopp für Investorenmodelle verhängt. In anderen Regionen sind einige im Bau und weitere in Planung.

Aus Hotels und Pensionen werden Luxus-Apartments

Am intensivsten aber ist die Entwicklung in Lech. Kein Wunder, hier können Immobilienentwickler das meiste Geld verdienen. In Lech werden bestehende Hotels und Pensionen verkauft und dann in Luxus-Appartemens umgewandelt. Eine Pension, die um zehn Millionen Euro gekauft wird, kann dann locker um 30 Millionen an Investoren verkauft werden.

WIFO-Experte Oliver Fritz zum Baustopp in Lech

Oliver Fritz, Experte für Tourismus und Regionalentwicklung beim Wirtschaftsforschungsinstitut in Wien, spricht im Interview über den Baustopp in Lech und analysiert die Argumente der Investoren und der Gemeinden.

Dörfer nur noch für Gäste?

„Die Einheimischen haben überhaupt keine Chance mehr“, sagt Brigitte Finner von der Liste „Zukunft wagen“: „Wenn man dieses Dorf dann irgenwann zuschließt, weil man dann keine Schule mehr braucht, kein Museum mehr braucht und auch keine Bücherei mehr braucht, sondern nur noch geöffnet ist als Ski- und Golfresort, wenn der Gast da ist, dann macht das einfach auf Dauer keinen Sinn für Einheimische, hier in den Tourismus zu investieren.“

Lech hat jetzt mit einem zweijährigen Baustopp reagiert. Das Land verspricht eine Lösung, aber die Zeit drängt.