„Überraschung“ ist das Wort, das man am häufigsten hört in den Reaktionen aus der Partei. Die frühere SPÖ-Chefin Gabriele Sprickler-Falschlunger meint, dass es eigentlich anders vereinbart war und Staudinger länger hätte bleiben sollen. Sie akzeptiert aber, wenn Staudinger seine Arbeit als Harder Bürgermeister parallel zur SPÖ-Führung jetzt zu viel werde, so Sprickler-Falschlunger.
Überraschung statt interner Diskussion
Ähnlich reagiert auch SPÖ-Nationalratsabgeordneter Reinhold Einwallner: In internen Sitzungen habe Staudinger bis zuletzt betont, dass er nocheinmal kandidieren werde. „Daher überrascht es mich, aber ich nehme diesen Schritt von Martin zur Kenntnis“, so Einwallner.
Der frühere SPÖ-Chef Michael Ritsch wiederum fragt sich, wie es die Parteibasis aufnehmen wird, dass sie aus den Medien erfährt, wer der nächste Chef werden soll? Er hätte sich eine interne Diskussion gewünscht und keinen Alleingang von Staudinger und Hopfner, so Ritsch auf Nachfrage des ORF Vorarlberg.

Analyse von ORF-Politikredakteur Andreas Feiertag:
Staudingers Begründung für den Wunsch-Nachfolger lautet, dass Hopfner „ein Mann der Mitte und fähig zum Konsens“ sei. Diese rote Rechnung kann aufgehen, aber es ist mit Widerstand zu rechnen. Staudinger hat die Partei 2018 mit einem Versprechen übernommen: die rote Basis mehr einzubeziehen und mit den Genossinnen und Genossen offen umzugehen. Daran wird er jetzt gemessen, auch in Bezug auf seinen Wunschkandidaten Hopfner.
Kritik an Terminkollision
Noch am Montag haben sich im SPÖ-Klub etliche Funktionäre getroffen. Dabei sei kein Wort davon zu hören gewesen, dass Staudinger nicht mehr kandidieren wird. Jetzt sein Vorschlag für Hopfner, den er so schnell wie möglich nominieren lassen will. Dazu hat er einen Landesparteivorstand einberufen – und zwar schon für kommenden Donnerstag, wie verärgerte Funktionäre bestätigt haben. An dem Tag also, an dem die Bregenzer und Bludenzer wegen wichtiger Stadtvertretungs-Sitzungen verhindert sind. Damit hat Staudinger die gewichtigsten Bezirksgruppen mit den größten Kritikern von Hopfner aus dem Weg geräumt. Mit dem versprochenen offenen Dialog hat das wenig zu tun.
Gegenkandidatur möglich
Nachnominiert werden kann allerdings bis knapp vor dem Landesparteitag im Herbst. Gut möglich, dass bis dahin noch eine Gegenkandidatin oder ein Gegenkandidat aufsteht – denn es gibt auch gegen Hopfner einige kritische Stimmen. Vor allem wegen seines politischen Stils, der hin und wieder als zu wenig scharf sondern vielmehr als anbiedernd an die ÖVP gesehen wird. Hopfner, so hat es in einigen vergangenen Landtagssitzungen ausgesehen, bietet sich den Schwarzen jetzt schon als Alternative zum grünen Koalitionspartner an. Und unterstützt dafür den einen oder anderen ÖVP-Antrag.
Wer käme noch in Frage?
Nun ist die Personaldecke der SPÖ in Vorarlberg nicht gerade die dickste. Reinhold Einwallner wird sein Nationalrats-Mandat wohl kaum für einen unbezahlten Parteivorsitz im Land aufgeben. Allerdings müsste er das auch auch gar nicht: Manfred Lackner war besipielsweise Anfang der 2000er Jahre sowohl SPÖ-Chef in Vorarlberg als auch Abgeordneter in Wien.
Der SPÖ-Landesparteitag mit der Wahl des neuen Obmanns findet am 16. Okober 2021 statt.
Aber auch Mario Leiter aus Bludenz könnte in Frage kommen. Vielleicht hat er ja den Vize-Bürgermeister abgegeben, um sich als Parteichef freizumachen? Aber wie oder wer auch immer – die Frage ist, ob ein Gegenkandidat die breite Basis hinter sich bringt? Wenn die Basis keinen harten Oppositionskurs mehr will und künftig mehr in die politische Mitte rücken möchte, hat Hopfner gute Karten. Ansonsten muss er mit entsprechendem Gegenwind rechnen