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Politik

Lech will „Ausverkauf“ stoppen

Der Nobelskiort Lech am Arlberg hat eine Bausperre für Investorenmodelle für zwei Jahre beschlossen. „Wir schieben dem Ausverkauf unserer Heimat einen Riegel vor“, sagte Bürgermeister Stefan Jochum (Unser Dorf).

Bei der Gemeindevertretungssitzung in Lech wurde am Montagabend eine zweijährige Bausperre für Investorenmodelle einstimmig beschlossen.

Investorenmodell

Das Investorenmodell ist eine Finanzierungsform, bei der ein privater Anleger finanzielle Mittel und Bauleistungen bereitstellt.

„Der Blick auf die vielen dunklen Häuser in Lech bereitet uns seit Jahren große Sorgen“, sagte Jochum bei der Gemeindevertretungssitzung. „Wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen: Die Investorenmodelle sind außer Kontrolle geraten. Dort, wo früher lebendige Gastronomie- und Hotelbetriebe standen, sehen wir heute vielerorts leere und leblose Chalets mit kalten Betten ohne Gäste und Angestellte.“

Die bestehenden gesetzlichen Regeln seien dazu aktuell nicht in der Lage, sagte der Bürgermeister. „Und auch die Versuche von uns und anderen Tourismusgemeinden, hier effektive Gegenmaßnahmen zu entwickeln, sind bislang immer wieder gescheitert.“ Genau diese Problematik habe man im Kreis der Gemeindevertretung, der ERFA-Bürgermeister sowie mit zahlreichen Experten in den vergangenen Monaten intensiv diskutiert und nach tragfähigen Lösungen gesucht. „Im Ergebnis ist uns allen klar: Um unsere Existenzgrundlagen als Tourismusgemeinde zu sichern, braucht es jetzt drastische Maßnahmen, bevor es zu spät ist.“

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Bauprojekte sollen geprüft werden

Nun soll in den nächsten zwei Jahren jedes Bauprojekt in Lech auch daraufhin geprüft werden, ob es die Existenzgrundlage „Wirtschaften, Arbeiten, Wohnen“ der Lecher Bevölkerung gefährde. Wenn ja, dann werde die Gemeinde dem jeweiligen Projekt nicht zustimmen. Es handle sich dabei nicht um ein eigenes Verfahren, sondern es werde im Rahmen des Bauverfahrens abgehandelt, heißt es aus dem Gemeindeamt.

ERFA-Gemeinden

Die Bürgermeister von Brand, Damüls, Gaschurn, Klösterle, Lech, Mittelberg, Sulzberg, St. Gallenkirch sowie Tschagguns und Warth haben sich bereits vor Jahren als Tourismusgemeinden zur ERFA-Gruppe vereint.

Man habe bereits vor einiger Zeit versucht, „tote Häuser“ etwa durch strengere Richtlinien für Zweitwohnsitze zu verhindern, was nun eben durch Investorenmodelle umschifft werde: Ein privater Investor kauft ein Haus, teilt es in angebliche Ferienwohnungen, die dann aber nicht vermietet, sondern nur wenige Wochen im Jahr vom ursprünglichen Investor oder Käufern der Wohnungen genützt werden. Den Rest der Zeit stehen sie leer.

Bausperre „nur der Anfang“

Für den Bürgermeister ist die zweijährige Bausperre nur der Anfang. Es verschaffe der Gemeinde aber einen gewissen Spielraum. „Wir brauchen Zeit, um über unsere Zukunft als Menschen, die wir hier leben, wohnen, wirtschaften und arbeiten, zu sprechen und darauf aufbauend den Bebauungs- und den Flächenwidmungsplan als wesentliche Instrumente der Raumplanung in der Gemeinde zu überarbeiten. Diese Zeit haben wir nicht, wenn derweil laufend neue Chalet-Häuser aus dem Boden gestampft werden.“ Jochum ist überzeugt, dass andere Gemeinden dem Beispiel folgen werden.

Bürgermeister von Lech Stefan Jochum
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Bürgermeister Stefan Jochum

Für Grüne richtungsweisender Schritt

Die Grünen in Vorarlberg sehen in der Bausperre einen mutigen Schritt, er sei richtungsweisend für die Zukunft des Tourismus, sagte Tourismussprecherin Nadine Kasper. Bei diesen Investorenprojekten gebe es nur Verlierer: Leerstehende Chalets und kalte Betten würden der Tourismusregion schaden.

Auch die heimische Baubranche gehe bei den Projekten oftmals leer aus, weil mit Billigstanbietern gebaut werde, die nicht in der Region ansässig sind, so Kasper, „ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Entwicklung der Ortschaft, die für ausländische Investoren nebensächlich sind“.