Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Landesrat Johannes Rauch (Grüne) im
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Land muss wegen Pandemie noch mehr Schulden machen

Das Land Vorarlberg hat das Pandemie-Jahr 2020 finanziell mit einer Erhöhung des Schuldenstands von 110,5 auf 295,5 Millionen Euro abgeschlossen. Zur Bewältigung der Pandemie wurde ein Darlehen in Höhe von 150 Millionen Euro aufgenommen. Die SPÖ fordert eine Vermögenssteuer.

Die Pandemie habe im Budget „tiefe Spuren“ hinterlassen, sagte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) am Dienstag bei der Vorstellung des Rechnungsabschlusses. Er kündigte eine Überarbeitung des Regierungsprogramms an.

Der Landeshauptmann verwies darauf, dass Vorarlberg im Vorjahr beinahe 100 Mio. Euro an Einnahme-Entfällen habe hinnehmen müssen. Die Ertragsanteile des Bundes gingen im Vergleich zum Rechnungsergebnis 2019 um über zehn Prozent auf 680,3 Mio. Euro zurück. Darüber hinaus seien 41 Mio. Euro für zusätzliche Ausgaben wie die Testinfrastruktur oder auch für Sonderförderprogramme aufgebracht worden. Dazu wurde ein vom Landtag einstimmig genehmigtes Darlehen in Höhe von 150 Mio. Euro aufgenommen, zehn Millionen davon wurden vorläufig als Rücklage geparkt. Bei den gebotenen Konditionen – 0,21 Prozent Fixzinssatz auf 20 Jahre – sei ein Antasten des „Familiensilbers“ nicht infrage gekommen, betonten Wallner und Grünen-Landeschef Johannes Rauch.

Kein Tafelsilber verkaufen

Anders als in anderen Bundesländern befinden sich in Vorarlberg Vermögenswerte wie der Energieversorger Illwerke, die Hypo Vorarlberg oder auch die ausstehenden Darlehen in der Wohnbauförderung weiter – zumindest mehrheitlich – im Besitz der öffentlichen Hand. „Die Reserven sind unverändert geblieben“, unterstrich Wallner, der auf Landes-Vermögenswerte in Höhe von 5,4 Milliarden Euro verwies. Von dieser Summe entfallen 1,5 Mrd. Euro auf Sachanlagen, 1,7 Mrd. Euro auf Unternehmensbeteiligungen und 1,8 Mrd. Euro auf ausgegebene Wohnbaudarlehen. Sowohl Wallner als auch Rauch würdigten die „seriöse Finanzpolitik des Landes“ ihrer Vorgänger in den vergangenen Jahrzehnten.

Die beiden Parteichefs und Regierungspartner gaben sich zuversichtlich, dass die Wirtschaft – mit allen positiven Begleiterscheinungen – möglicherweise schneller wieder anziehen könnte als derzeit prognostiziert. Der Landeshauptmann nannte jedenfalls das Ziel, die Marke von 10.000 Arbeitslosen bis Ende des Jahres zu unterschreiten. Zum Jahresende 2020 hatte man 15.000 Arbeitslose verzeichnen müssen. Die Modellregion habe einen Stimmungswandel gebracht. „Wir sind anderen Bundesländern deutlich voraus und haben uns auch ökonomisch einen Vorsprung erarbeitet“, so Rauch.

Land muss wegen der Pandemie noch mehr Schulden machen

Das Land Vorarlberg hat das Pandemie-Jahr 2020 finanziell mit einer Erhöhung des Schuldenstands von 110,5 auf 295,5 Millionen Euro abgeschlossen. Zur Bewältigung der Situation wurde auf dem Kapitalmarkt ein Darlehen in Höhe von 150 Millionen Euro aufgenommen.

Gestärkt aus der Krise gehen

Darüber hinaus sagten Wallner und Rauch, „dass wir gestärkt aus der Krise kommen wollen“. Dazu werde man das gemeinsame Regierungsprogramm erweitern und Schwerpunkte setzen. Explizit genannt wurden die Bereiche Kinder und Jugend, Digitalisierung oder auch Klimaschutz. „Wir werden uns im Klimaschutz aus der Krise herausinvestieren“, sagte Rauch. Bis Sommer soll das entsprechende Papier mit einer Finanzplanung bis 2024/25 vorliegen.

Der von der Landesregierung am Dienstag einstimmig genehmigte Rechnungsabschluss wird dem Vorarlberger Landtag am 7. Juli zur Beschlussfassung vorgelegt. Er weist einen Ergebnishaushalt mit Aufwendungen in Höhe von 2,016 Mrd. Euro sowie einen Finanzierungshaushalt mit Auszahlungen in Höhe von 1,975 Mrd. Euro aus. Wie in den Vorjahren werden rund 70 Prozent der Mittel für die Bereiche Gesundheit, Bildung sowie Soziales und Wohnbauförderung aufgewendet. Im laufenden Jahr wird mit einem Haushaltsdefizit in Höhe von 250 Mio. Euro kalkuliert.

Pandemiebedingte Ausgaben

In der Coronavirus-Krise hat das Land Vorarlberg im letzten Jahr finanzielle Kraftakte gesetzt, erinnerte Wallner. Dazu zählen ein sechs Millionen Euro schweres Familienpaket, die Tourismus-Sonderförderung von 15 Millionen Euro, eine Zehn-Millionen-Euro-Soforthilfe für die Gemeinden sowie zusätzliche Mittel für den Arbeitsmarkt. Auch heuer werde es notwendig sein, mehr Geld für die Bewältigung der Folgen der Pandemie in die Hand zu nehmen.

Wallner rechnet damit, dass das Land letztlich rund zwei Drittel der pandemiebedingten Mehrausgaben vom Bund ersetzt bekommen kann. Auch über weitere Ersätze für die Spitalsfinanzierung werde noch zu verhandeln sein. Insgesamt zeigte sich Wallner trotz gedämpfter Prognosen angesichts der derzeitigen Entwicklung optimistisch. „Ich glaube an den Aufschwung und unser klares Ziel ist es, bis Ende des Jahres wieder unter 10.000 Arbeitslose im Land zu kommen“, sagte er.

SPÖ fordert Vermögenssteuer

Es sei absehbar, dass Staat und Land für Förder- und Unterstützungsmaßnahmen noch mehr Geld in die Hand nehmen werden müssen. „Wer durch die Pandemie bereits viel verloren hat, kann nicht auch noch die Zeche dafür zahlen. Wir brauchen neue und gerechtere Ansätze für die Staatseinnahmen. Jetzt ist es Zeit für Millionärsabgabe und Erbschaftssteuern“, erklärt SPÖ-Klubobmann Thomas Hopfner. Eine Umfrage der Gewerkschaft der Privatangestellten vom März ergab, dass drei von vier Österreichern für die Einführung von vermögensbezogenen Steuern sind.