Politik

Mückstein „ein härterer Verhandlungspartner“

Wolfgang Mückstein (Grüne) ist am Montagvormittag als neuer Gesundheits- und Sozialminister angelobt worden. Der Allgemeinmediziner übernimmt das Amt von Rudolf Anschober (Grüne). Aus Vorarlberg erwartet man sich von Mückstein neben der erfolgreichen Pandemiebekämpfung auch neue gesundheitspolitische Akzente.

Mückstein war bisher Allgemeinmediziner und Grünen-Funktionär in der Ärztekammer in Wien. Seit Montavormittag ist der 47-Jährige der neue österreichische Gesundheitsminister. Auf ihn kommen, neben der im Vordergrund stehenden Bekämpfung der Pandemie, aus dem Land auch altbekannte Forderungen zu, die in Zeiten des Coronavirus ein wenig in den Hintergrund getreten sind.

Ganz oben auf der Wunschliste steht die Aufwertung von Hausärztinnen und Hausärzten sowie die Stärkung des niedergelassenen Facharztbereichs. Dazu sind natürlich auch neue Formen von Gruppenpraxen nötig.

Der Vorarlberger Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler
ORF Vorarlberg
ÖGK-Landeschef Jürgen Kessler freut sich, dass der neue Gesundheitsminister Mediziner und somit vom Fach ist

„Offen für neue Versorgungsmodelle“

Für Jürgen Kessler, Landeschef der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) bringt der neue Gesundheitsminister gerade in diesem Bereich ausreichend Erfahrung mit: „Wolfgang Mückstein hat in Wien das erste Primärversorgungszentrum gegründet und er zeigt damit, dass er jedenfalls auch offen ist für neue und innovative Versorgungsmodelle.“ Drei solcher Zentren sollen entstehen und vor allem die Versorgung ländlicher Gebiete verbessern. Mückstein könnte diese Projekte jetzt vorantreiben.

Ausbau der Telemedizin

Neben den schon seit Jahren diskutierten Primärversorgungszentren gibt es auch neue Projekte, die Vorarlberg mit dem neuen Gesundheitsminister umsetzen will. Diese wurden gerade durch den Digitalisierungsschub in der Pandemie wieder spruchreif. Für die nächsten Gesprächsrunden mit dem neuen Minister hofft ÖGK-Landeschef Kessler deshalb, dass man sich inhaltlich insbesondere auf den Ausbau der telemedizinischen Leistungen konzentriert. Davon hätten die Beitragszahler seiner Meinung nach am meisten, so Kessler.

Vorteil: Mückstein ist vom Fach

Parallel dazu will Kessler auch mit der Ärzteschaft daran arbeiten, die Wartezeiten für Untersuchungstermine wieder zu reduzieren – vor allem, was die Vorsorgemedizin betrifft. Kessler freut sich außerdem, dass der neue Minister kein Pädagoge mehr ist, sondern Mediziner: „Wolfgang Mückstein bringt sowohl die nötige Fachkenntnis mit, als auch das Gespür dafür, was Patientinnen und Patienten brauchen.“ Der ÖGK-Landeschef hofft jedenfalls auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit mit dem neuen Ressortchef

Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle
Gleiss
Die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle erwartet in Wolfgang Mückstein einen „härteren Verhandlungspartner als Rudolf Anschober“

Komplexes Machtgefüge zwischen Land und Bund

Die Zusammenarbeit mit dem neuen Gesundheitsminister ist in Zeiten der Pandemie die wohl wichtigste Verbindung vom Landhaus in Bregenz zur Bundesregierung in Wien. Dementsprechend gespannt dürften Vorarlberger Spitzenpolitiker sein, wie es mit dem neuen Minister laufen wird. Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle sieht in Wolfgang Mückstein einen selbstbewussten Verhandlungspartner.

„Sicher ein härterer Verhandlungspartner“

Über den Wunsch der Vorarlberger Landesregierung, die Modellregion fortzusetzen, hat sich Wolfgang Mückstein bisher wenig begeistert geäußert – das birgt Konfliktpotenzial. „Im Gesundheitsbereich sind die Kompetenzen zwar zwischen Bund und Ländern verteilt. Aber gerade in Pandemiefragen kann der Minister Weisungen erteilen – auch an die Landeshauptleute“, so die Politikwissenschafterin: „Ob Wolfgang Mückstein das auch wagt, werden wir erst sehen. Er ist ein politischer Newcomer und vielleicht auch mit der Realverfassung in Österreich weniger vertraut, als es Rudolf Anschober war. Er wird sicher ein härterer Verhandlungspartner sein, als sein Vorgänger.“

„Unabhängiger, als manche wünschen“

Rechtlich hat Mückstein die Möglichkeit, durchzugreifen – politisch wäre das vermutlich ein Wagnis. Falls es zum Konflikt zwischen Land und Bund käme, wäre der Ausgang ein Machtspiel, das von mehreren Faktoren abhängt.

„Die Stärke der Landeshauptleute liegt vor allem in ihren eigenen Parteien begründet und da ist Mückstein als Grüner weniger betroffen“, meint Stainer-Hämmerle: „Und die zweite Ebene ist das Interesse der Wiederwahl, das sowohl die Landeshauptleute, als auch die Bundespolitiker haben – und dazu brauchen sie dann wiederum ihre Landesorganisationen. Auch hier könnte sich Wolfgang Mückstein als unabhängiger erweisen, als sich das manche Landeshauptleute vielleicht wünschen.“