Daniela Gaets und Simon Alois Huber
ORF Vorarlberg
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Kultur

Erste Theaterpremiere 2021: „Wunschloses Unglück“

Nach vielen Verschiebungen konnte das Bregenzer Theater Kosmos am Samstag die Premiere von Peter Handkes „Wunschlosem Unglück“ feiern. Publikum und Intendanz zeigten sich vor allem froh darüber, dass wieder gespielt werden durfte. Eine ruhige, nachdenklich machende Premiere.

Es war eine nachdenklich machende Premiere über ein freudloses Frauenleben, über die Mutter von Handke, die Suizid begangen hat.

Der negative CoV-Test musste vorgezeigt werden, im Zuschauerraum blieben die Masken aufgesetzt. Paare wurden getrennt, damit das Schachbrettmuster in den Sitzreihen eingehalten werden konnte. Unter behördlichen Gesichtspunkten gelang eine perfekte Theatervorstellung.

Theaterpremiere Theater Kosmos Wunschloses Unglück – Bühnenbild mit Publikum
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Bühnenbildner Stefan Pfeistlinger platziert im Zentrum einen karg bestückten Vogelkäfig – Sinnbild für ein freudloses Leben

Wunschlos unglücklich

Ein Sohn kehrt nach Hause zurück, und er ist zutiefst erschüttert. Seine Mutter hat sich das Leben genommen.

„Es ist inzwischen fast sieben Wochen her, seit meine Mutter tot ist, und ich möchte mich an die Arbeit machen, bevor das Bedürfnis, über sie zu schreiben, das bei der Beerdigung so stark war, sich in stumpfsinnige Sprachlosigkeit zurückverwandelt, mit der ich auf die Nachricht von dem Selbstmord reagierte.“

Mit diesen Sätzen beginnt Peter Handkes kurzes und harsches, aber zutiefst liebevolles Buch „Wunschloses Unglück“. Es ist die Geschichte seiner Mutter, ihres Lebens in einem Dorf in Unterkärnten in der Vor-, Kriegs- und Nachkriegszeit, ihres Versuchs aus dieser Enge auszubrechen, ihres Scheiterns und ihres Freitodes. Es ist auch die Geschichte eines Landstriches und seiner Menschen, die exemplarisch für ein ganzes Land und eine ganze Generation steht.

Sarkasmus und Liebe

Peter Handke beschreibt das Leben seiner Mutter liebevoll und voller Verständnis. Es ist vor allem das traurige Schicksal einer Frau, die nicht den richtigen Berufsweg, nicht den richtigen Mann gewählt und generell nicht das gewünschte Leben gelebt hat. Es blieb einzig nichts zu wünschen und nichts zu wollen – eine Geschichte, die beispielgebend für eine weibliche Nachkriegsgeneration ist.

Daniela Gaets und Simon Alois Huber
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Simon Alois Huber und Daniela Gaets

Daniela Gaets als Maria Handke beginnt mit leisen Tönen, kleinen Gesten und steigert sich zur Wucht einer Frau, der der Kopf vor dröhnender Schwermut in die Hand fällt. Schlacksig, schmal mit elegantem Anzug und langem Haar erinnert Simon Alois Huber schon optisch sehr an den jungen Peter Handke – und erinnert sich mit Sarkasmus an die erste und einzige Liebe seiner Mutter.

Es mag ein Regieeinfall von Augustin Jagg gewesen sein, wenn Händels Hallelujah in dieser Inszenierung erklingt. Die Stimmung im Publikum trifft dieser Jubel allemal.

Erste Premiere 2021 in Vorarlberg

Die Reaktion des Publikums war angesichts des traurigen Schicksals der Hauptfigur und der ruhigen Inszenierung verhalten. Beim Auftritt des Produktionsteams gab es noch einmal stärkeren Applaus, der galt vor allem auch der Tatsache, dass man Zeuge der ersten Theaterpremiere im Jahr 2021 in Vorarlberg geworden war. Der künstlerische Leiter Hubert Dragaschnig bedankte sich bei der Gelegenheit beim Publikum für das Inkaufnehmen aller behördlichen Auflagen und den Besuch der kleinen „Testspiele“. Mit „Wir brauchen Sie“, entließ er das Publikum in den frühen Abend. Premierenfeier gab es keine.

Bregenzer Testspiele

„Bregenzer Testspiele“ – dieses geflügelte Wort macht derzeit die Runde. Weil Vorarlberg Corona-Testregion ist, konnten gestern die ersten Theater wieder Publikum empfangen.

Die angesetzten Vorstellungen von „Wunschloses Unglück“ sind ausverkauft. Bei der starken Nachfrage könnten aber weitere Aufführungen angesetzt werden. Alle Veranstaltungen finden unter Berücksichtigung der aktuellen Covid-Maßnahmen (Eintritt nur mit FFP2-Maske und Zutrittstest) statt. Unmittelbar beim Theater hat die St. Gebhard Apotheke eine Teststation eingerichtet.