PK zur aktuellen Situation der Coronavirus-Pandemie mit Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher.
VLK/ Elena Huber
VLK/ Elena Huber
Coronavirus

Nach Impfkritik: Rüscher verteidigt Impfplan

Angesichts des Mangels an Impfstoff stellt der Vorarlberger Epidemiologe und Covid-19-Beauftragte der Landesregierung Armin Fidler die Impfung von über 80-Jährigen in Frage. Laut Fidler sind es im Moment eher jüngere Menschen, die auf den Intensivstationen landen. Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) verteidigt die Impfstrategie.

Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) steht hinter der aktuellen Impfstrategie des Landes. Demnach werden Menschen über 80 Jahre und jene, die ein hohes Risiko eines schweren Verlaufs bei einer Coronavirus-Infektion haben, zuerst geimpft. Das macht in der momentanen Situation auch Sinn, sagt Rüscher.

Die Politik hofft weiterhin, Gastronomie, Sport und Kultur ab dem 15. März zumindest teilweise öffnen zu können. Dies deshalb, weil neben dem Gesundheitspersonal bis Ende der Woche auch alle über 80-Jährigen und einige weitere Menschen aus anderen Risiko-Gruppen geimpft sein werden. Damit seien die Spitäler auch bei steigenden Zahlen nicht mehr so stark unter Druck.

Intensivpatienten eher unter 70

Eine Hoffnung, die der Vorarlberger Gesundheitsexperte Armin Fidler nicht teilt: „Wir dürfen nicht glauben, dass das uns unbedingt viel weiter hilft. Bisher war es so, dass das Durchschnittsalter der Patienten auf der Intensivstation unter 70 war. Das pendelt sich ein zwischen 65 und 67. Also die Klientel, die tatsächlich basierend auf unseren bisherigen Erfahrungen auf der Intensivstation landet, sind beileibe nicht die über 80-Jährigen.“

Feldkirch 2021.02.07 Corona Covid 19 Impfaktion im Stadtsaal Bludenz. Im Bild: 
Die Impfaktion bei den über 80-jährigen Personen wird an diesem Wochenende fortgesetzt. 1.200 Dosen des Impfstoffes Moderna werden am kommenden Wochenende an den Impfstraße
Mathis Fotografie
Nicht die Über-80-Jährigen sollten im Impfplan priorisiert werden, sondern eher andere Risikogruppen, meint Gesundheitsexperte Armin Fidler

Besseres Risikoprofil wäre nötig

„Das ist eine Strategie, die funktioniert, wenn man genug Impfstoff hat. In einer Triage-Situation, wo wir absolut zu wenig Impfstoff haben, müsste man meiner Meinung nach eine andere Strategie anwenden“, so Fidler. „Wir müssten ein besseres Risikoprofil der Bevölkerung ausarbeiten.“

Das würde natürlich Zeit kosten, aber die hätte man theoretisch gehabt: „Nämlich wirklich zu schauen, wer in der Bevölkerung ist, irrespektive des Alters, einem hohen Risiko ausgesetzt?“ Da hätte man mehr gesunde Lebensjahre generieren können, wenn man diese Population schützt, wo Alter zwar ein Risikofaktor ist, aber nicht der einzige, so der Epidemiologe.

Seuchen-Experte Armin Fidler
ORF Vorarlberg
Armin Fidler

Andere Risikofaktoren relevanter

Menschen also, die an Übergewicht (Adipositas) leiden, an Diabetes, Krebs, Bluthochdruck und anderen Erkrankungen, die das Risiko eines schweren Covid-19-Verlaufs erhöhen. Im Nachhinein sei man natürlich immer schlauer, so Fidler: Als die Impfpläne entwickelt wurden, sei nicht klar gewesen, dass es zu wenig Impfstoff gibt – und jetzt auch noch die viel ansteckenderen Virus-Mutanten.

CoV-Varianten mit steigender Tendenz

Die britische Variante ist bereits für mehr als 30 Prozent aller Neuinfektionen in Vorarlberg verantwortlich – Tendenz steigend, sagt Fidler: „Sobald die Varianten einen Wert von ca. 40 Prozent erreichen, kommt es nach Erfahrungswerten aus anderen Ländern zu einem relativ raschen Anstieg der Fallzahlen und das führt natürlich immer zu höheren Hospitalisierungen, mehr Einweisungen auf die Intensivstationen und leider oftmals zu einer höheren Mortalität.“

Fidler rechnet mit rapidem Anstieg

Gesundheitsexperte Fidler rechnet jedenfalls sehr bald mit einem rapiden Anstieg der Infektionszahlen. Sollten sich damit auch die Intensivstationen wieder füllen, müsse extrem schnell und extrem hart gegengesteuert werden: „Wenn ich jetzt eine Maßnahme setze, dann sehe ich das erst bis zu zwei Wochen später. Also muss ich schon viel früher reagieren, wenn ich den Intensivbelag sozusagen schützen muss.“ Wann es soweit ist, würden die dann steigenden Zahlen der Spitalspatienten anzeigen.