Ausnahmezustände wie Ausgangsbeschränkungen, geschlossene Grenzen, Abstands- und Hygieneregeln wurden in den vergangenen zwölf Monaten zur neuen Normalität. Baby-Elefant, Contact-Tracing, Lockdown, Corona-Ampel, Inzidenzen und Mutanten, FFP2-Masken und Testzentrum gehören mittlerweile zu unserem alltäglichen Wortschatz.
Der Vorarlberger „Patient null“
Der erste Fall in Vorarlberg trat am 5. März auf. Ein 30-jähriger Mann aus Mellau hatte sich in Wien angesteckt und bemerkte erste Symptome auf der Heimreise im Zug. Sein Umfeld kam in Quarantäne. Am selben Tag wurden 99 Verdachtsfälle gemeldet – mehr dazu in Erster Coronavirus-Fall in Vorarlberg bestätigt.
Erster Lockdown
Vor dem ersten Lockdown Mitte März kam es zu Hamsterkäufen, die Wintersportsaison wurde vorzeitig beendet. Die Landesregierung gab eine Pressekonferenz nach der anderen. Immer neue Regeln veränderten unser Leben in nicht gekannter Weise. Wohnungen durften nur noch für Ausnahmen verlassen werden, es galt ein Mindestabstand von einem Meter. Geschäfte, die nicht der Grundversorgung dienen, wurden geschlossen, auch Gastronomie, Kultur-, Freizeit- und Sporteinrichtungen sowie Spielplätze. Die Regierung erhöhte die Wirtschaftshilfe.
Die Grenzen wurden weitgehend dicht gemacht, selbst ganze Ortschaften wegen aufgetretener Cluster abgeriegelt. Das Tourismusgebiet am Arlberg wurde aus Angst vor einem zweiten Ischgl unter Quarantäne gestellt, die festsitzenden Touristen mussten Anfang April massenweise abreisen – mehr dazu in Arlberg-Region: Quarantäne bis Anfang April.
Um eine weitere Ausbreitung sowie einen drohenden Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern, wurden ein Festival nach dem anderen, alle Messen und Großveranstaltungen des Jahres abgesagt – mehr dazu in Keine Festspiele – herber Schlag für Tourismus.
Leichte Verschnaufpause im Sommer
Der Sommer brachte eine kurze Verschnaufpause. Das Leben fühlte sich wieder relativ normal an. Sicherheitskonzepte in den Gastgärten und Schwimmbädern gaben den Menschen wieder mehr Freiheiten. Grenzöffnungen im Mai und flächendeckende Testungen der Tourismusmitarbeiter bescherten dem Vorarlberger Sommertourismus sogar ein Plus – mehr dazu in Gute Buchungslage im Bregenzerwald.
Doch schon im Juli begannen die Infektionszahlen wieder zu steigen. Die Regierung setzte auf Testen und Contact-Tracing, im September wurde die „Corona-Ampel eingeführt, die seit November in ganz Vorarlberg rot war und erst vor wenigen Tagen auf orange gestellt wurde.
Anfang November verordnete die Regierung angesichts der hohen Infektionszahlen einen Teil-Lockdown, der Mitte November in einen strengen Lockdown führte. Zu Weihnachten wurde er kurz gelockert, dann folgten wieder schärfere Maßnahmen, die bis zum 7. Februar andauerten. Schulen, Kindergärten, Geschäfte und kulturelle Einrichtungen mussten wieder geschlossen werden.
Tourismusgebiete trifft es hart
Der Wintertourismus fiel gänzlich flach, da Restaurants und Hotels geschlossen bleiben mussten. Auch im Handel, im Kultur- und Dienstleistungsbereich standen viele Existenzen auf dem Spiel. Massentests Anfang Dezember sollten helfen, einen Überblick über die Ausbreitung des Virus zu bekommen – mehr dazu in 31 Prozent an Massentests teilgenommen.
Zuschüsse und Hilfspakete der Bundesregierung im Millionenbereich sollten die Folgen abfedern, sie ernteten aber auch Kritik. Die Gastronomen in Vorarlberg gingen auf die Straße – mehr dazu in Wirte veranstalten „Trauermarsch“ mit Sarg.
Viele Veränderungen im Schulalltag
Auch die Schulen hatten mit den Lockdowns zu kämpfen: Homeschooling, Distanzunterricht und Wechselunterricht wurden als neue Modelle eingeführt. Die Umstellung war für viele alles andere als leicht.
Trotz Massentestungen und ersten Impfungen sanken die Zahlen nicht wie erhofft. Pandemie-Müdigkeit und das Auftreten neuer Virusmutationen sorgten für neue Unsicherheiten und steigende Inzidenzen. Weil in Tirol Virusmutationen zunahmen, wurden Grenzkontrollen zwischen Vorarlberg und Tirol eingeführt.
Vielfältige Folgen in allen Bereichen
Die Folgen der Pandemie zeichnen sich auf vielerlei Ebenen ab: wirtschaftlich, sozial, gesellschaftlich.
- Viele sind in Kurzarbeit, die Zahl der Menschen ohne Arbeit nimmt dramatisch zu, viele Selbständige halten sich nur durch massive Hilfspakete über Wasser. Österreich erleidet den stärksten Wirtschaftseinbruch innerhalb der EU. Für 2021 wird mit einer Insolvenzwelle gerechnet.
- Umfragen zufolge fallen die wirtschaftlichen Konsequenzen unterschiedlich aus: Die Schere scheint sich nicht zwischen arm und reich zu öffnen, sondern zwischen angestellt und selbstständig.
- Die Krise macht soziale Unterschiede sichtbarer und verschärft die Probleme bestimmter Bevölkerungsgruppen.
- Frauen leisten noch mehr unbezahlte Arbeit als vor der Krise, ob es zu mehr Gleichberechtigung führen wird oder traditionelle Geschlechterrollen festgeschrieben werden, wird sich erst noch zeigen.
- Die häusliche Gewalt nimmt zu.
- Nicht nur alte Menschen leiden verstärkt unter Einsamkeit.
- Psychische Auswirkungen: Die massiven Einschränkungen im Alltag fördern bei vielen Menschen das Entstehen von Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen sowie psychosomatischen Beschwerden.
- Unter der Krise leiden vor allem auch Kinder und Jugendliche. Einige Studien kommen zu dem Ergebnis, dass es ihnen seit der Pandemie deutlich schlechter geht
- Die Pandemie verschlechtert die Bildungschancen benachteiligter und bildungsferner Gruppen.
Auch wenn die überwiegende Mehrheit die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie weiterhin für angemessen hält, droht eine Spaltung der Gesellschaft in Befürworter und Gegner der CoV-Maßnahmen, was sich an den Anti-Corona-Demos zeigt – mehr dazu in Demo mit rund 1.000 Teilnehmern in Bregenz.
Lichtblicke in der Pandemie
Das Krisenjahr hat aber nicht nur bedrückende Momente, die Pandemie hat auch Lichtblicke, Fröhlichkeit und viel Kreativität hervorgebracht, wie folgende Fotoserie zeigt:
Digitalisierungswelle
Zugleich werden viele Branchen zur Digitalisierung gezwungen: mit Homeoffice, digitalen Videokonferenzen, distance Learning und Online-Veranstaltungen im kulturellen Bereich setzt ein technischer Wandel in der Arbeitswelt und im privaten Leben ein, dem sich keiner mehr entziehen kann – mehr dazu in Pandemie bringt Digitalisierungsschub. Selbst in Pflegeheimen werden Ipads eingeführt, damit Kontakte zu den Liebsten aufrecht erhalten werden können.
Das Virus als Brennglas
Wie ein Brennglas legt das Virus aber Schwachstellen und Versäumtes offen: Im Bildungsbereich wird die verschlafene digitale Entwicklung genauso offensichtlich wie die dünne Personaldecke in so manchen systemrelevanten Berufen. Alte Konzepte passen plötzlich nicht mehr, Einzelhändler müssen sich mit neuen Formen des Onlineverkaufs auseinandersetzen, Unternehmen zeigen verstärkte Innovationskraft und Kulturschaffende entwickeln kreative Formate.
Die Pandemie hat unsere Art der Mobilität, Reisen und Urlaub zunächst lange Zeit verhindert und wird sie vermutlich langfristig verändern – mehr dazu in Tourismus hofft auf lange Sommersaison. Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit hat das Mobilitätsverhalten insgesamt verändert. Und es wird vermutlich auch die Art des Reisens in Zukunft verändern – mehr dazu in Beliebte Urlaubsziele in der CoV-Pandemie.
Das hat sich auch auf den Energieverbrauch ausgewirkt. Weltweit ist die Nachfrage nach Energie um sechs Prozent gesunken, der größte Rückgang seit 70 Jahren. Der Ausstoß von Treibhausgasen ging zurück, weniger Verkehr wirkte sich positiv auf die Luftqualität und Lärmbelastung aus.
Zugleich hat das Virus aufgezeigt, dass Pandemien durch Massentierhaltung, Lebensraumzerstörung und Wildtierhandel begünstigt werden. Hier entstehen gefährliche Schnittstellen, an denen sich Krankheiten vom Tier auf den Menschen übertragen können, warnt beispielsweise der WWF.
Ausweg aus der Pandemie
Alle Hoffnung liegt nun auf den Impfungen. Bewohnerinnen und Bewohner der Alten- und Pflegeheime in Vorarlberg sind bereits gegen das Coronavirus geimpft, viele Ärztinnen und Ärzte sowie Menschen im Gesundheitsbereich ebenso. 3,6 Prozent der Vorarlbergerinnen und Vorarlberger haben laut Impf-Dashboard bereits die zweite Impfung erhalten. Weitere Gruppen werden folgen.
Schulen, Kindergärten Frisuere und andere Geschäfte sind wieder geöffnet, weitere Lockerungen sind angekündigt. Die Gastronomie soll bis Ostern wieder öffnen können, dann wird vielleicht auch Reisen bald wieder möglich sein. Mit den Folgen der Pandemie werden wir uns jedoch noch länger beschäftigen müssen.