Der Bericht des Bundesrechnungshofs zur Gemeindeinformatik
ORF
ORF
Politik

Polit-Nachspiel um Gemeindeinformatik

Der Kontrollausschuss des Vorarlberger Landtags befasste sich am Mittwoch noch einmal mit den Millionen-Veruntreuungen bei der Gemeindeinformatik GmbH. Anhand des Berichts des Bundesrechnungshofes erhoben die Grünen schwere Vorwürfe gegen den Gemeindeverband. Klubobmann Daniel Zadra sprach von einem „Multiorganversagen“.

Sechs Jahre Haft lautete das Urteil im Fall jener Frau, die in der Gemeindeinformatik GmbH über Jahre hinweg über drei Millionen Euro veruntreute. Am Mittwoch hatte die Affäre noch ein politisches Nachspiel im Kontrollausschuss des Vorarlberger Landtags. Von einem „Multiorganversagen im Bereich der Kontrolle“ schrieb Grünen-Klubobmann Daniel Zadra in einer Aussendung.

Daniel Zadra, Klubobmann der Grünen, im Interview am 27.01.2021
ORF
Daniel Zadra (Grüne) pocht auf die Beibehaltung der Kontrollmöglichkeiten über die Gemeindeinformatik

Mehr oder weniger Kontrolle?

Der Bundesrechnungshof hatte im Sommer 2020 auf über 70 Seiten nicht nur die Versäumnisse aufgelistet, die den Betrug zumindest erleichtert hatten, sondern auch kritisiert, dass die inzwischen erfolgte Eingliederung der Gemeindeinformatik die Kontrollmöglichkeiten verringern würde.

Für Zadra ein falsches Signal: „Es braucht Kontroll- und Informationsrechte und das wäre die Einrichtung des Aufsichtsrates – der muss unbedingt bleiben und auch die Kontrollmöglichkeit des Rechnungshofes soll bestehen bleiben.“ Aus dem Bericht ginge jedoch hervor, dass zumindest die Kontrollrechte wegfallen sollen, so Zadra: „Das wäre ein Schritt in die falsche Richtung.“

Kaufmann: Aufsichtsrat bleibt bestehen

Das stimmt so nicht, heißt es beim Gemeindeverband. Die Integration der Gemeindeinformatik in den Gemeindeverband habe das Ziel einer effektiveren Verwaltung, aber auch besserer Kontrolle, so Gemeindeverbands-Präsidentin Andrea Kaufmann (ÖVP): „Die Gemeindeinformatik hat wirklich alle Anregungen aus dem Bericht sehr gut umgesetzt. Die Kontrolle soll natürlich nicht verschlechtert werden, sondern stark erhöht werden und das ist auch der Fall. Der Aufsichtsrat bleibt bestehen und ich denke, dass wir die Kontrollmöglichkeiten sehr gut im Griff haben.“

Andrea Kaufmann ÖVP Präsidentin des Vorarlberger Gemeindeverbands im Interview am 27.01.2021
ORF
Gemeindeverbands-Präsidentin Andrea Kaufmann (ÖVP) sagt, die Kontrollmöglichkeiten wurden star erhöht

Strategie gefordert, die es bereits gibt

Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Betrugsfalles fordern die Grünen auch eine Digitalisierungsstrategie, bei der Land und Gemeinden näher zusammenwachsen: „Die jetzigen Entwicklungen haben allen nochmal die Notwendigkeit vor Augen geführt. Ich glaube, jetzt müssen wir diesen Diskussionsprozess beginnen.“ Die Gemeindeautonomie solle klar bestehen bleiben, so Zadra, aber man müsse verschränkter und gemeinsamer arbeiten.

Seit drei Jahren laufender Prozess

Diese Forderung müsse wohl auf einem Informationsdefizit beruhten, entgegnet Kaufmann: "Land, Gemeindeverband und Gemeinden sind jetzt im dritten Jahr sehr intensiv in einem gemeinsamen Prozess.“ Es gebe eine gemeinsame Digitalisierungsstrategie, die für die Prozesse zwischen Land, Behörden, Städten und Gemeinden sehr viele Maßnahmen enthalte, so Kaufmann.

Außerdem sehe die Strategie für Bürgerinnen und Bürger verbesserten digitalen Service vor: „Da sind wir sehr gut unterwegs.“ Natürlich gebe es gerade bei der Digitalisierung noch genug Luft nach oben, aber die Zusammenarbeit zwischen Land und Gemeinden sei in diesem Punkt äußerst konstruktiv, so die Gemeindeverbands-Präsidentin.

Kontrollmechanismen wurden deutlich verstärkt

Landtagsabgeordneter und Bürgermeister von Thüringen, Harald Witwer (ÖVP) kann die Kritik von FPÖ und der Grünen an der Neuorganisation der Gemeindeinformatik nicht nachvollziehen: „Die Empfehlungen aus dem Rechnungshofbericht sind zu großen Teilen bereits umgesetzt worden, oder befinden sich gerade in Umsetzung.“