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Wirtschaft

CoV: Weniger Arbeit für Menschen mit Behinderung

Die Situation von Menschen mit Behinderung ist am Arbeitsmarkt grundsätzlich schwer, durch die Coronavirus-Pandemie wird sie aber noch einmal verschärft. Rund 30 Prozent weniger Menschen mit Behinderung konnte das AMS heuer vermitteln. Zudem ziehen viele Unternehmen Ausgleichszahlungen Einstellungen vor.

3. Dezember:

Internationalen Tag für Menschen mit Behinderung

Pro 25 Mitarbeiter muss ein Betrieb einen Menschen mit Behinderung anstellen. Tut er das nicht, muss er pro Monat eine Ausgleichszahlung zwischen 290 und 400 Euro leisten, je nach Größe des Betriebes. Mehr als 1.000 Vorarlberger Unternehmen hätten im vergangenen Jahr Menschen mit Behinderung beschäftigen müssen, aber nur 300 taten das auch. Von 3.900 vorgesehenen Stellen für Menschen mit Behinderung sind knapp 2.100 bestetzt worden.

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Menschen mit Behinderung haben es schwer am Arbeitsmarkt

Unterschiedliche Gründe

Warum lieber gezahlt als angestellt wird, habe unterschiedliche Gründe, sagt Gerhard Leitner vom Sozialministerium-Service in Bregenz: „Manche Firmen wollen nicht, andere haben nicht die geeignete Arbeit, wieder andere trauen sich die Zusammenarbeit mit einem Menschen mit Behinderung nicht zu“. Seit Oktober gibt es in Hohenems eine Stelle, die Unternehmer dafür gewinnen will, Menschen mit Behinderung anzustellen. Eine gute Sache, sagt Leitner.

Mehr Inklusion durch Standort-Analyse

Auch das Land Vorarlberg will mit einer Standort-Analyse zum Thema Inklusion neue Möglichkeiten finden, um mehr Menschen mit Beeinträchtigungen in das Berufsleben zu integrieren. Wie Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) mitteilt, gibt es im Frühjahr Workshops für alle Verwaltungsabteilungen des Landes. Bisherige Erkenntnisse aus dem seit fast zwei Jahren laufenden Prozess „Inklusive Region Vorarlberg“ sollen mit den Bediensteten diskutiert werden.

Integration abhängig von Einzelnen

„Vorarlberg heute“ hat Maria Peböck, eine junge Dame mit hohem Unterstützungsbedarf, einen halben Tag begleitet.

Alltag für Menschen mit Behinderungen schwierig

Aber auch der Alltag ist für Menschen mit Behinderungen durch die Coronavirus-Krise deutlich schwerer geworden. Viele verstehen nicht, warum sie einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen, oder warum bestimmte Aktivitäten plötzlich nicht mehr möglich sind, sagt Lebenshilfe-Geschäfsführerin Michaela Wagner-Braito.

Aktuelle Situation belastet die Betroffenen enorm

Die Lebenshilfe betreut und begleitet rund 1.000 Menschen mit Behinderungen an 60 Standorten im Land. Im Gegensatz zum Lockdown im Frühjahr sind die Werkstätten derzeit geöffnet, die Wohnhäuser sowieso, berichtet Wagner-Braito. Während alle Lebenshilfe-Mitarbeiter Masken tragen, sei das bei Menschen mit Behinderungen kaum möglich. Einige würden es nicht ertragen.

Die Lebenshilfe-Geschäftsführerin spricht von einem schwierigen Spagat: Einerseits wolle man derzeit so viel Normalität wie möglich leben, andererseits gelte es, auf die Sicherheit der Mitarbeiter und der Menschen mit Behinderungen zu achten. Keine Feste und nur wenig soziale Kontakte, dazu die Angst vor dem Coronavirus, das alles belaste Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen enorm.

Inklusion derzeit kaum möglich

Das Land Vorarlberg bekennt sich zur selbstverständlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen. Diese Inklusion ist aber in Coronavirus-Zeiten fast unmöglich, sagt Wagner-Braito. Sie spricht von einem Rückschritt. Schließlich seien derzeit aufgrund der aktuellen Lage in der Öffentlichkeit keine Menschen mit Behinderungen zu sehen.

16.03.20 Behindertenparkplatz Rollstuhl Piktogramm
ORF.at/Georg Hummer
Trotz richtiger Nummerntafel werden teilweise Strafen verteilt.

TV-Hinweis:

Am Donnerstag um 18.30 Uhr ist in ORF2 in „Konkret“ ein längerer Beitrag zum Thema „Behindertenparkplätze“ zu sehen.

Bürokratie als Behinderung bei Parkplätzen

Bürokratische Hürden können Nerven kosten. Ein besonders gutes Beispiel dafür sind Behindertenparkplätze mit einer Zusatztafel samt Kennzeichen. Man kassiert dort mitunter auch mit der richtigen Nummerntafel Strafen – und verliert täglich Zeit und Nerven. Die Rechtfertigung ist kurios, Protest wird laut – mehr dazu in: Bürokratie als Behinderung.