In Vorarlberg gibt es grundsätzlich zu wenige Kinderärzte, dieses Thema beschäftigt seit längerem auch die Politik. Aber besonders dramatisch ist die Situation in Feldkirch, wo es bei 37.000 Einwohnern nur noch eine einzige Kinderärztin gibt. Der letzte Kollege, der eine Praxis hatte, ist im Ruhestand.
Bis zu 70 Patienten täglich
Bis zu 70 kleine Patienten täglich behandelt Nicole Häle – vom Schnupfen über die Mutter-Kind-Pass-Vorsorge bis zu ernsthaften Erkrankungen. Dass es zu einem Engpass kommt, war klar, doch die Coronavirus-Pandemie hat diese Probleme noch verschärft.
Die Pensionierung des Kollegen sei durch das Coronavirusthema komplett in den Hintergrund geraten, sagt Häle: „Da hat sich dann von der Ärztekammer, von Seiten der Österreichischen Gesundheitskasse, von sämtlichen Kassen niemand mehr gekümmert, das Coronathema war so groß. Da ging es nicht mehr darum, wer die Kassenstellen besetzt.“
Kinderärztemangel in Feldkirch
Wenn unsere Kinder krank sind und zum Arzt müssen, dann wollen wir auch rasch einen Termin. In Feldkirch ist das derzeit nahezu unmöglich. Nach dem Ruhestand eines Kinderarztes gibt es mit Nicole Häle nur mehr eine Vertragsärztin der österreichischen Gesundheitskasse.
„Kinder, die man nicht übersehen darf“
Immer arbeiten am Limit – eine unhaltbare Situation. „Das ist für mich unvorstellbar frustrierend. Ich habe schwer kranke Kinder – Leukämiepatienten, Kinder mit wirklich sehr schweren chronischen Krankheiten, die man einfach nicht übersehen darf und die einfach einen Termin brauchen.“ Frust gibt es auch auf Seiten der Eltern. Einen Termin zu bekommen ist schwierig, die Wartezeiten lang.
An der Telefonfront arbeitet Assistentin Nicole Vogelauer. Die Zeit fehlt an allen Ecken und Enden – sie muss oft in Sekunden einschätzen, wie dringend ein Fall ist. Es bleibt das Gefühl, nicht alles so erledigen zu können, wie man gerne würde. Ein Arbeiten mit Freude ist das schon lange nicht mehr, die Erschöpfung überwiegt, erzählt sie. „Man kommt heim und ist einfach fertig.“
„Kann so nicht weiterarbeiten“
Nicole Häle fühlt sich allein gelassen. Verständnis von Seiten der Politik, der ÖGK oder den Standesvertretern nützt ihr derzeit gar nichts. „Ich habe das auch schon an diversen Stellen geäußert, dass ich so nicht weiterarbeiten kann“, sagt Häle, „das Limit ist so Ende diesen Jahres – wenn das so weitergeht, dann mache ich vielleicht auch ganz was anderes“.
ÖGK: Es gibt keinen Interessenten
Der Vorarlberger Vorsitzende der Österreichischen Gesundheitskasse, Manfred Brunner, kennt das Problem. Die Stelle sei ausgeschrieben, wie viele andere Stellen auch. Bis jetzt gibt es laut Brunner aber keine Interessenten. Auch aus dem Krankenhaus wollten derzeit keine Ärzte in den Praxis-Bereich wechseln, sagt Brunner.