Gastronomie – Menschen im Biergarten stoßen an
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Coronavirus

Gastronomie: Sperrstunde könnte Bumerang werden

Die Bundesländer Vorarlberg, Tirol und Salzburg verlegen aufgrund der steigenden CoV-Infektionszahlen die Sperrstunde in der Gastronomie auf 22.00 Uhr vor. Das werde zu mehr unkontrollierbaren Privatpartys führen und somit zum Bumerang werden, warnt die Gastronomie.

Eine Vorverlegung der Sperrstunde werde zu enormen Verlusten in der Gastronomie und zu mehr Privatpartys führen, ist der stellvertretende Spartenobmann Stefan Köb überzeugt. Privatpartys seien im Gegensatz zur Nachtgastronomie aber kaum kontrollierbar. Höhere Infektionszahlen wären wohl die logische Folge. Damit könnte diese Maßnahme zum Bumerang werden.

Die meisten Wirte haben sich nach Angaben von Köb bisher penibel an die vorgeschriebenen Maßnahmen gehalten. Ein paar schwarze Schafe gebe es immer, jetzt müssten es alle ausbaden. Überhaupt seien nur wenige Infektionen auf die Gastronomie zurückzuführen.

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Gastronomie Theke draußen in Dornbirn
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Die Gastronomie befürchtet durch die Sperrstunde enorme Einbußen
Gastronomie – Menschen im Biergarten stoßen an
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Gastronomen befürchten, dass die Sperrstunde zu mehr Privatpartys führen wird
Diskothek
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Die Nachtgastronomie trifft die Sperrstunden-Regelung besonders hart
Nachtgastronomie draußen in Dornbirn
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Auf Szenen wie diese muss vorerst verzichtet werden
WK Präsident Vbg Hans-Peter Metzler
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Wirtschaftskammer-Präsident Hans-Peter Metzler befürchtet ohne Sperrstunde weitere Reisewarnungen des Auslands

Lockdown befürchtet

Köb rechnet mit einem Lockdown für die Event- und Nachtgastronomie – aber auch die Restaurants melden bereits Stornierungen von Gästen, die laut Köb ein gemütliches Abendessen nicht um 22.00 Uhr abbrechen möchten.

Der Dornbirner Gastronom Gabriel Venturiello sagt, die Regelung bedeute für die Gastronomen, dass sie keine Möglichkeit mehr haben, kostendeckend zu arbeiten. Das ist der letzte Atem, den ihr aus unseren Kehlen nehmt, sagt Venturiello. Er kündigt an, den Protest gegen die Vorverlegung der Sperrstunde publik zu machen.

Neue Sperrstunde auf drei Wochen befristet

Die neue Sperrstunde um 22.00 Uhr gilt ab kommenden Freitag und soll vorerst auf drei Wochen befristet sein. Diese Entscheidung verkündeten die Landeshauptmänner Markus Wallner (Vorarlberg), Günther Platter (Tirol) und Wilfried Haslauer (Salzburg/jeweils ÖVP) in einer gemeinsamen Aussendung mit dem Kanzleramt. Bisher mussten die Lokale um 1.00 Uhr schließen.

Fünf andere Bundesländer sprachen sich am Dienstag dagegen aus, darunter Niederösterreich und Wien. Insbesondere an diese beiden Länder hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) appelliert, in der Gastronomie auch früher Schluss zu machen – doch er biss auf Granit – mehr dazu in Fünf Bundesländer ziehen nicht mit (ORF.at).

Sperrstunde wird vorverlegt

Die Landesregierung zieht die Zügel in Sachen Corona weiter an. Ab Freitag müssen alle Lokale um 22.00 Uhr schließen. Bisher war die Sperr-stunde um 01.00 Uhr. Diese Verschärfung gilt nicht nur in Vorarlberg, sondern auch in Tirol und Salzburg.

WKV: Möglichen Reisewarnungen entgegenwirken

Wirtschaftskammer-Präsident Hans-Peter Metzler trägt die strengere Regelung des Landes mit. Man sei nicht erfreut darüber, sehe aber die politische und medizinische Notwendigkeit dieser Entscheidung, heißt es: „Durch die Entwicklung der Zahlen steht uns vielleicht eine Reisewarnung der Nachbarländer ins Haus, dem möchten wir mit diesen Maßnahmen entgegenwirken. Damit die Nachbarländer auch sehen, dass wir uns bemühen und wir die Zahlen wieder nach untern bringen möchten. Es ist uns also nichts anderes übrig geblieben“, sagt Metzler.

Der Vizepräsident der Vorarlberger Wirtschaftskammer Edi Fischer lehnt die Vorverlegung der Sperrstunde dagegen entschieden ab. Damit werde einer ganzen Branche der Todesstoß versetzt, so Fischer.

NEOS und SPÖ sehen Vorverlegung kritisch

NEOS-Klubobfrau Sabine Scheffknecht sieht den langsamen Tod der Gastronomie durch ein „chaotisches Krisenmanagement“ voraus. Jede Planbarkeit für die Unternehmer sei dahin. Es brauche endlich klare Regeln, die länger als bis zur nächsten Pressekonferenz oder bis zur nächsten Presseaussendung gelten.

Auch die SPÖ kritisiert die vorverlegte Sperrstunde. Dieser Schritt folge keiner Logik, sondern sei eine weitere isolierte Einzelmaßnahme sagt SPÖ-Gesundheitssprecherin Elke Zimmermann. Sie plädiert für bundesweit einheitliche Regeln und gegen Alleingänge einzelner Bundesländer.

Eigenverantwortung nimmt zu später Stunde ab

Grund für die vorverlegte Sperrstunde sei, dass bei der Auswertung der verschiedenen CoV-Cluster sich deutlich gezeigt habe, dass die Eigenverantwortung gerade zu später Stunde stark abnehme, sagt Landeshauptmann Markus Wallner: „Mit der Einschränkung der Sperrstunde sehen wir uns gezwungen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.“

Infektionszahlen in Griff bekommen

Wallner betonte wie seine Partei- und Landeshauptmannkollegen Günther Platter (Tirol) und Wilfried Haslauer (Salzburg) die Notwendigkeit dieser Maßnahme. „Mir ist vollkommen bewusst, dass diese erneute Einschränkung für die ohnehin gebeutelte Gastronomie ein schwerer Schlag ist", so Platter.

Man müsse diese Maßnahme aber ergreifen, um die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen und wieder abzusenken. Es dürfe nicht sein, dass die Unachtsamkeit einzelner die Gesundheit von vielen gefährde. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer betonte, eine der größten Verbreitungsgefahren sei auf ausufernde Feiern in Nachtlokalen zurückzuführen.

Kurz: Schritt „richtig und notwendig“

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) begrüßt, „dass drei Bundesländer jetzt bei der Vorverlegung der Sperrstunde vorangehen“. Das Gesundheitsministerium werde die entsprechenden Rechtsschritte umsetzen. Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sei es „richtig und notwendig“, die Sperrstunde vorzuverlegen, „da besonders viele Infektionen bei ausgelassenen Feiern und Festen auftreten“.

Verordnung ermöglicht Maßnahmen

Die lokalen Maßnahmen werden durch eine Verordnung des Gesundheitsministeriums ermöglicht und von der Regierung auch unterstützt. Bundeskanzler Kurz hofft, dass andere Bundesländer, insbesondere jene mit hohen Infektionszahlen, diesem Beispiel folgen, so der VP-Chef wohl mit Blick auf Wien.