Skulptur einer Waage vor dem Landesgericht Feldkirch
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Gericht

Justizministerium nimmt wenig Einfluss auf Staatsanwaltschaft

Staatsanwaltschaften sind im Gegensatz zu Gerichten nicht unabhängig. Bei Fällen von großem öffentlichem Interesse kann der Weisungsrat in Wien Einfluss auf Verfahren nehmen. In Vorarlberg kam das in acht Jahren aber nur dreimal vor.

Es kommt nur selten vor, dass sich der Weisungsrat in Wien bei Verfahren einmischt. In den Jahren 2011 bis 2018 hat es an alle Staatsanwaltschaften in Österreich nur 69 Weisungen gegeben. Das sind im Schnitt also zehn pro Jahr. Von diesen zielte weit mehr als Hälfte darauf ab, Strafverfahren einzuleiten, fortzuführen oder Anklage zu erheben. Das geht zumindest aus dem jüngsten Weisungsbericht hervor, den Justizministerin Alma Zadic (Grüne) vergangene Woche den Nationalratsabgeordneten vorgelegt hat.

Kritiker befürchten, dass das Justizministerium mit dem Weisungsrecht aus parteipolitischem Interesse Anklagen verhindern und Skandale vertuschen könnte. Der Vorwurf, dass der vom Ministerium eingeschaltete Weisungsrat vor allem Verfahren blockiere, lässt sich, zumindest aus Vorarlberger Sicht, durch den Bericht jedenfalls nicht erhärten. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch hat in der besagten Zeit überhaupt nur drei Weisungen aus Wien erhalten. In zwei Fällen wurde die Fortsetzung des Verfahrens verlangt, in einem Fall die Einstellung.

Beschneidungsversuch eines türkischen Buben

In einem Fall ging es um die Beschneidung eines türkischen Buben. Die Eltern sind dazu nicht ins Spital gegangen, sondern haben einen Beschneider aus Ankara engagiert, der den Eingriff in der Bregenzer Wohnung der Familie vorgenommen hat.

Da das Kind keinen Schaden erlitten hat, sollte das Verfahren eingestellt werden. Der Weisungsrat war anderer Meinung, im Prozess sind die Eltern dann wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden. Mehr dazu in Muslimische Eltern nach Beschneidung verurteilt.

Verhetzung auf Facebook

Im zweiten Fall ging es um Verhetzung und Aufforderung zu einer Straftat. Ein Lustenauer hat auf der Facebook-Seite „Wir für Deutschland“ gepostet, dass man kriminelle Flüchtlinge nicht nur abschieben sollte, sondern „gleich …“.

Da hat der Mann nicht mehr weitergeschrieben. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch wollte das Verfahren einstellen, die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck wollte eine Fortsetzung, der Weisungsrat hat dem Ganzen schließlich ein Ende gesetzt.

Verletzung des Verbotsgesetz

Im dritten Fall ging es um das Verbotsgesetz. Ein von der Lebenshilfe betreuter Bregenzer soll in einem Privatgespräch gesagt haben, dass Adolf Hitler eigentlich ein guter Mann gewesen sei und Angela Merkel wegen ihrer Flüchtlingspolitik erschossen gehörte.

Wie sich herausstellte, war der beeinträchtigte Mann von seinem Bruder beeinflusst worden. Da das Ganze aber nicht öffentlich war, wollte die Staatsanwaltschaft Feldkirch das Verfahren einstellen. Der Weisungsrat forderte aber eine Anklage. Der beeinflussende Bruder wurde dann zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt.