Das Künstlerhaus in Bregenz.
Friedrich Böhringer
Friedrich Böhringer
Kultur

Besondere Kunst und Kultur in Bregenz

Die Stadt Bregenz eröffnet am Wochenende zwei Kunstausstellungen. Im Palais Thurn und Taxis ist erstmals ein Querschnitt durch die umfangreiche Kunstsammlung der Stadt zu sehen, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Im Martinsturm widmet man sich in einer Sonderausstellung der Bregenzer Badekultur.

Im Palais Thurn und Taxis gibt die Stadt Bregenz den Sommer über Einblick in die Kunstsammlung der Landeshauptstadt. Die 30.000 Einwohner-Stadt besitzt rund 1.500 Kunstwerke, von Zeichnungen über Gemälde bis hin zu Skulpturen.

85 Arbeiten von 40 Künstlern sind von 12. Juli bis 30. August im Palais unter dem Titel „Die Kunst des Sammelns“ zu sehen. „Ich bin im Oktober 2016 nach Bregenz gekommen und war vollkommen überwältigt vom wunderbaren Kunstbesitz der Stadt“, berichtet Kulturamtsleiterin Jutt Dieing.

Kunstwerke von lokaler Bedeutung

Der Grundstein für die Sammlung wurde bereist im 17. Jahrhundert gelegt. Im Palais werden alle Stockwerke nach thematischen Schwerpunkten und chronologisch bespielt. Ganz oben sind die Ankäufe der letzten zehn Jahre zu sehen. Die absoluten Neuzugänge der Sammlung sind im Thurn und Taxis Park zu bestaunen.

Die städtische Sammlung vereint Werke von Maria Lassnig, Hermann Nitsch, Arnulf Rainer, Christian Ludwig Attersee, Angelika Kauffmann, Max Weiler, Tone Fink, Gottfried Bechtold ebenso wie Arbeiten von Künstlern mit lokaler Bedeutung, denn auf den Ankauf ihrer Werke legte die Stadt stets besonderen Wert.

10.000 Euro fix für Kunstankauf budgetiert

Ein Höhepunkt der von Kulturamtsleiterin Jutta Dieing kuratierten Ausstellung ist der „Rudolf Wacker-Raum“, in dem zahlreiche im Besitz der Stadt stehende Zeichnungen und Gemälde des Bregenzer Künstlers zu sehen sind. Besonderen Charme haben auch die Porträtbilder, die Bregenzer Bürger zeigen.

Bürgermeister Markus Linhart (ÖVP) nannte die sich über drei Stockwerke und den Park erstreckende Schau ein „Zeugnis der Reichhaltigkeit des Bregenzer Kunstschatzes“. Man wolle den Kunstankauf weiter betreiben, jährlich seien dafür fix 10.000 Euro budgetiert, dazu kämen aber Mittel für Sonderankäufe, für Kunst am Bau und im öffentlichen Raum, so Linhart. In der Coronavirus-Krise habe man bereits mehrere Werke angekauft, um ein Zeichen für die Künstler zu setzen.

Identitätsstiftendes Herzstück des kulturellen Erbes

Überlegungen zu einer Sammlungsschau habe es schon lange gegeben, so die Kuratorin, der die Auswahl nicht leicht fiel. Für sie sei die Sammlung ein identitätsstiftendes Herzstück des kulturellen Erbes. Erstmals zeige man die Werke geschlossen.

Für die von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitete Ausstellung hat übrigens auch das Denkmal für Jodok Fink, Vorarlberger Staatsmann und Vizekanzler, seinen Standort gewechselt – mehr dazu in Jodok-Fink-Denkmal geht auf Reisen. Drei Jahre wacht er nun vor dem Palais über das Treiben im „Künstlerhaus“.

Die Initiatoren der Ausstellung halten eine kurze Rede.
ORF
Bürgermeister Markus Linhart nannte die außergewöhnliche Kunstausstellung bei der Eröffnung ein „Zeugnis der Reichhaltigkeit des Bregenzer Kunstschatzes“

Geschichte der Bregenzer Badekultur

Unter dem Titel „Kann denn Baden Sünde sein?“ macht die Stadt in einer Sonderausstellung im Martinsturm von 12. Juli bis 31. Oktober ein weiteres Kapitel aus der Stadtgeschichte sichtbar, gestaltet mit Material aus dem Stadtarchiv. Unter anderem ist überliefert, dass die Bregenzerinnen und Bregenzer im 17. Jahrhundert abends nackt und mit großem Geschrei im Bodensee geplanscht hätten und dadurch den Unwillen der Stadt auf sich zogen. Diese erließ deshalb kurzerhand eine Badeordnung.

Die Einhaltung von Sitte und Moral spielten früher beim Baden eine wichtige Rolle. Seit 1644 gab es daher eine Badeordnung, die Männer und Frauen strikt trennte und Baden nur zu Hygienezwecken vorsah. Betuchte errichteten sich am Ufer gar ein eigenes Badehäuschen mit Garderobe, berichtete Birgit Heinzle, die die Schau gemeinsam mit Stadtarchivar Thomas Klagian zusammenstellte.

Zurschaustellung nackter Körper

„Die Bregenzerinnen und Bregenzer haben immer schon gerne wild gebadet. Man sieht das zum Beispiel bei einem Artikel der Vorarlberger Landeszeitung aus dem Jahr 1885, wo sich Zugreisende beschwerten, dass entlang der Bahnstrecke zwischen Bregenz und Lindau nackte Leute sich ihnen zur Schau stellen würden“, erzählt Kuratorin Heinzle. Später dienten öffentliche Badeanstalten der Körperhygiene, natürlich für Frauen und Männer streng getrennt. Erst viel später wurde aufgrund der Touristen ein Familienbad errichtet.

Schwimmen als körperliche Ertüchtigung

Als Institution bis heute überdauert hat die 1825 auf Pfählen im See errichtete Militärbadeanstalt, liebevoll „Mili“ genannt, in der auch viele Bregenzer schwimmen lernten. „Mit dem Bau der Mili 1825 war die Intension des Militärs, dass die Soldaten Schwimmen lernten und auch die Zivilbevölkerung Schwimmstunden nehmen konnte“, erklärt Heinzle. Später kamen mehre Herren-Bäder hinzu und eine städtische Badeanstalt, in denen Nichtschwimmer in Körben zu Wasser gelassen wurden, ebenso ein Familienbad, 1935 dann das Strandbad und 1983 das Hallenbad, das nun neu gebaut werden soll.

Die Ausstellung in der Bregenzer Oberstadt erzählt viele Badegeschichten und Anekdoten. So ist etwa überliefert, dass Landeshauptmann Adolf Rhomberg um die Jahrhundertwende aus dem sittenstrengen Vorarlberg bis nach Innsbruck fuhr, um dort baden zu gehen. Die Ausstellung ist bis 6. September 2020 im Martinsturm geöffnet.