Der Vorarlberger Landtag bei seiner Sitzung am 5. Juni 2019
Maurice Shourot
Maurice Shourot
Politik

Landtag zog Zwischenbilanz über CoV-Krise

In der letzten Sitzung des Vorarlberger Landtags vor der Sommerpause nutzten die Parteien die Generaldebatte zum Rechenschaftsbericht 2019 am ersten Sitzungstag für eine Zwischenbilanz zur Coronakrise. Wenig überraschend gab es dabei neben Dank für den Einsatz der Regierung auch viel Kritik.

Einig waren sich die Fraktionen, dass die Krise Anlass zu Veränderungen im System geben müsse. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) dankte dem Landtag dafür, dass er in der Krise bei allem „kritischen Diskurs“ dennoch gezeigt habe, dass man in eine Richtung – zugunsten des Landes – arbeite.

Rechnungsabschluss 2019 im Landtag

Eigentlich sollte der Rechnungsabschluss zum 1,9 Milliarden Euro Budget diskutiert werden. Doch die Folgen der Coronakrise ließen die Rechenschaftsdebatte zeitweise in den Hintergrund rücken. Dennoch wurde viel über Geld geredet. Wir haben gut gewirtschaftet, heißt es von Seiten der Regierung. Die Opposition hat da doch noch etwas anzumerken.

Wallner: „Wir werden das packen“

Das Land habe schon aus anderen Krisen gut herausgefunden und werde das auch diesmal tun, so Wallner: „Es wird schwierig, aber wir werden das packen – ich weiß nicht, wer sonst“. Die finanzielle Ausgangslage mache Mut, berief er sich auf den „kerngesunden Landeshaushalt und die gesunden Landesunternehmen“. Der erfolgreiche Umgang mit der Krise und die Pandemie-Sicherheit würden zunehmend zum Standortfaktor, bekräftigte Wallner.

Eine Frage der nächsten Zeit werde neben den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen auch sein, was die soziale Distanzierung mit den Menschen gemacht habe. Die Distanz dürfe jedenfalls kein Modell für die Zukunft werden, gerade in einem vom Ehrenamt stark mitgeprägten Land wie Vorarlberg, so der Landeshauptmann.

Rauch: Atempause zur Überlegung

Grünen-Parteichef Landesrat Johannes Rauch sagte, dass in der Akutphase der Krise natürlich auch Fehler passiert seien – Entscheidungen hätten so schnell und auf so unsicherer Datengrundlage getroffen werden müssen wie nie zuvor. Jetzt gebe es eine Atempause, in der man überlegen müsse, wie das Land ökonomisch, ökologisch und sozial krisensicher werden könne.

Er halte es für überzogen zu sagen, dass nichts mehr so sein werde wie vor der Krise, aber dort weitermachen wie zuvor könne man auch nicht. Den Mittelweg zu finden werde eine große Herausforderung, und er appellierte an den Landtag: Dafür brauche es den Diskurs und dann eine gemeinsame Einigung.

Zadra: Neuausrichtung des Systems nötig

Eine Neuausrichtung des Systems sah auch Grünen-Klubobmann Daniel Zadra als Notwendigkeit. Als Beispiele für dringend Überdenkenswertes nannte er das, „was in den Schlachthöfen Tieren und Menschen zugemutet wird“, ebenso wie die Abhängigkeit des Pflegesystems von günstigen Arbeitskräften aus dem Ausland. Eine Neuausrichtung könnte auch Abhilfe in der Klimakrise schaffen, so Zadra, gegen die es „keinen Impfstoff und kein Medikament geben wird, egal wie viel wir forschen.“

Bitschi: Zwangsmaßnahmen führten in Wirtschaftskrise

„Die Einschränkungen und Zwangsmaßnahmen der schwarz-grünen Regierung“ hätten das Land in die derzeitige Wirtschaftskrise geführt, beanstandete FPÖ-Klubobmann Christof Bitschi. Dann habe es zudem an rascher Hilfe für die Betroffenen gemangelt – viele Vorarlberger hätten „immer noch nichts bekommen, obwohl sie mit dem Rücken an der Wand stehen.“

NEOS und FPÖ: Zu wenig Rücklagen geschaffen

Schwarz-grün sei es in den Jahren der Hochkonjunktur nicht gelungen, Rücklagen zu schaffen, „die wir jetzt dringend bräuchten“, kritisierte Bitschi. Ähnlich sah das NEOS-Klubobfrau Sabine Scheffknecht: Nach dem von der ÖVP zitierten Motto „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ habe die Regierung eben nicht gehandelt. Dank sprach sie den Mitgliedern der Regierung für deren „überdurchschnittlichen“ Einsatz in der Krise aus.

Einigkeit über Ziel: Chancenreichste Region für Kinder

Einigkeit herrschte darüber, dass es richtig sei, das Ziel, Vorarlberg bis 2035 zur chancenreichsten Region für Kinder zu machen, auch in der Krise aufrechtzuerhalten. Kritik gab es allerdings an der Umsetzung, von den NEOS etwa an der Kürzung der Lehrerstunden. Für die SPÖ geht es in dem Bereich zu langsam voran, besonders bei der Kinderbetreuung.

Frühstück: „Kleine Spitäler ein Glücksfall“

ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück berichtete, dass sich die vielen kleinen Spitalsstandorte im Land, die oft kritisiert worden waren, in der Corona-Krise als Glücksfall erwiesen hätten. Ebenso wichtig seien Investitionen des Landes von 441 Millionen Euro in die Spitäler gewesen.

Staudinger: Investitionen in Personal nötig

SPÖ-Klubobmann Martin Staudinger kritisierte, dass es mit „Investitionen in Beton“ nicht getan sei: Es brauche auch personelle Ressourcen, verwies er auf die teilweise extrem langen Wartezeiten auf nötige Behandlungen. Auch er bekräftigte, dass es ein „Zurück zu gestern“ nach der Coronakrise nicht geben dürfe. Das neoliberale Motto „Mehr Privat, weniger Staat“ habe angesichts der Krise ausgedient.

Sieben Millionen Rücklagen aufgelöst

Der von der Landesregierung im Juni einstimmig beschlossene Rechnungsabschluss 2019 weist ein Haushaltsvolumen von 1,906 Mrd. Euro (2018: 1,850 Mrd. Euro, plus drei Prozent) auf. Vorarlberg kam erneut ohne Netto-Neuverschuldung aus, musste dafür aber 7 Mio. Euro an Rücklagen auflösen. Damit standen dem Land zum Jahresende 2019 noch rund 105 Mio. Euro (2018: 112,4 Mio.) an Rücklagen zur Verfügung.

Rücklagenzuführung im Sozialfonds

Umgekehrt wurde im Sozialfonds eine Rücklagenzuführung in Höhe von 7 Mio. Euro auf knapp 13 Mio. Euro durchgeführt. Die Verschuldung des Landes verringerte sich geringfügig und betrug zum Jahresende 2019 110,47 Mio. Euro (2018: 110,51 Mio.).

Höchste Ausgaben für Gesundheit, Bildung und Soziales

Die höchsten Ausgaben entfielen mit rund 70 Prozent des Gesamtvolumens wie in den vergangenen Jahren auf die Bereiche Gesundheit mit 501,07 Mio. Euro (2018: 485,93 Mio.), Bildung mit 490,41 Mio. Euro (2018: 460,80 Mio.) und Soziales (inklusive Wohnbauförderung) mit 349,02 Mio. Euro (2018: 382,00 Mio.).