Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda
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Chronik

Ferienhaus in Schutzgebiet beschäftigt Volksanwalt

Die geplante Errichtung eines Ferienhauses mitten im Natura-2000-Schutzgebiet „Klostertaler Bergwälder“ beschäftigt den Landesvolksanwalt. Konkret geht es laut Wirtschaftspresseagentur um das Bauvorhaben eines ehemaligen Vorarlberger ÖVP-Politikers.

Im Auftrag von Anrainern hat der Dornbirner Rechtsanwalt Karl Schelling angesichts des bevorstehenden Baubeginns die Landesvolksanwaltschaft eingeschaltet, wie er im Gespräch mit der Wirtschaftspresseagentur (wpa) erklärte. Aus vorliegenden Unterlagen lässt sich die Entwicklung des Falles nachzeichnen.

Vorarlberg Atlas – Gebiet von oben
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Die Bodenplatte ist auf dem Luftbild erkennbar

Kellergeschoss ohne Baubewilligung gebaut

Das Natura-2000-Schutzgebiet „Klostertaler Bergwälder“ an den Südhängen des Klostertales gibt es seit 1995. Ende der 1980er-Jahre errichtete der Vater des nunmehrigen Bauwerbers auf einem kleinen Grundstück im Bereich „Obere Furkla“ ohne Baubewilligung und ohne Widmung ein Kellergeschoss bzw. eine Bodenplatte für ein bewilligungspflichtiges Ferienhaus. Das Grundstück befindet sich auf Bludenzer Ortsgebiet. Die Arbeiten wurden kurz nach Bekanntwerden eingestellt. Seither gibt es dort bis heute nur eine Bodenplatte bzw. ein Kellergeschoss, aber kein Ferienhaus.

Stadt Bludenz widmet Fläche nachträglich um

Im Jahr 1993, also fünf Jahre nach Beginn der illegalen Bautätigkeit, widmete die Stadt Bludenz die etwa 50 Quadratmeter große Grundfläche für das nach wie vor nicht bestehende Ferienhaus von „Freihaltefläche Landwirtschaft“ in „Baufläche-Wohngebiet/Ferienhaus“ um.

Sie tat dies laut Wirtschaftspresseagentur trotz des Umstandes, dass der damalige Natur- und Landschaftsschutz-Amtssachverständige beim Land Vorarlberg noch 1990 meinte, man müsse „Ferienhäuser in dieser Lage aus grundsätzlichen Erwägungen“ ablehnen. Er beurteilte folglich auch die Errichtung eines Ferienhauses an genau dieser Stelle negativ und schlug eine Bausperre für das gesamte Gebiet vor.

Baubewilligung erteilt

Dann herrschte Ruhe bis zum Februar 2015, als der ehemalige Politiker und jetzige Unternehmer um eine Baubewilligung für ein Ferienhaus an gleicher Stelle ansuchte. Die hat er drei Jahre später von der Stadt Bludenz auch erhalten. Die Stadt Bludenz verlangte laut wpa keine naturschutzrechtliche Bewilligung für das Ferienhaus, das immerhin mitten in einem Natura-2000-Schutzgebiet geplant ist.

Auf Anfrage von Rechtsanwalt Schelling nach dem Grund dafür, bezog sich die Stadt Bludenz dabei nicht auf einen gültigen Bescheid der BH Bludenz von früher, sondern auf ein Schreiben der BH Bludenz an die Stadt Bludenz aus dem Jahr 2005. Dort hieß es sinngemäß, dass im Bereich „Obere Furkla“ schon einige Ferienhäuser seien und ein weiteres, neues Haus keine Intensivierung der Störung des Schutzgebietes erwarten lasse.

„Nachträgliche Widmung ist verfassungswidrig“

Für Schelling ist die Entscheidung der Stadt Bludenz nicht nachvollziehbar. „Erstens ist es willkürlich und verfassungswidrig, dass ein illegaler Bau nachträglich hinsichtlich der Widmung legalisiert wird. Zweitens kann es nicht sein, dass man in einem Natura-2000-Schutzgebiet ein neues Ferienhaus bewilligt, ohne dass man ein naturschutzrechtliches Bewilligungsverfahren vorschreibt.“

Denn dass ein zusätzliches Ferienhaus keine zusätzliche Belastung für das Schutzgebiet mit sich bringe, widerspreche den Denkgesetzen. „Es sei denn, das Ferienhaus wird niemals verwendet.“ Schelling überlege auch eine Beschwerde an die EU-Kommission wegen Verletzung eines Natura-2000-Gebietes, so die wpa: „Die Vorgangsweise für diese Bewilligung ist absolut missbräuchlich“, so der Anwalt.

„Sündenfall könnte hier die Umwidmung sein“

Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda bestätigte auf wpa-Anfrage das Vorliegen des entsprechenden Falles bei der Landesvolksanwaltschaft. Man werde die Angelegenheit im Detail prüfen. Seine erste Einschätzung: „Wenn es einen wirklichen Sündenfall in diesem Verfahren geben könnte, dann ist es die nachträgliche Umwidmung.“ Hier habe man rechtliche Bedenken.

Bachmayr-Heyda kommt jedoch noch auf einen anderen Punkt zu sprechen: „Unabhängig von der rechtlichen Beurteilung ist es für mich unverständlich, dass ein früherer Schwarzbau jetzt nach Jahren zu einem bewilligten Bauprojekt werden könnte.“