David Stadelmann
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Politik

„Die EU muss flexibler werden“

Nur 38 Prozent der Österreicher haben derzeit ein positives Bild von der EU. Vor der EU-Wahl im vergangenen Jahr waren es noch 45 Prozent. Für den Wirtschaftswissenschaftler David Stadelmann ist die EU nicht mehr dynamisch genug. Sie müsse wieder flexibler und weniger zentralistisch werden, so Stadelmann in „Vorarlberg heute“.

Der gebürtige Bregenzerwälder David Stadelmann ist Professor an der Universität Bayreuth. Der Volkswirt stammt aus Sibratsgfäll. Am Montag war er zu Gast in der ORF-Sendung „Vorarlberg heute“.

Zur Zeit des EU-Beitritts Österreichs vor 25 Jahren sei die EU noch sehr flexibel und dezentral organisiert gewesen, so der gebürtige Vorarlberger David Stadelmann. Mittlerweile sei sie sehr heterogen: „Es sind verschiedene ärmere Länder beigetreten, und man versucht trotzdem Einheitslösungen zu finden – und das geht eigentlich nicht“, so Stadelmann.

Man müsse flexible Lösungen je nach Ländern oder sogar je nach Regionen finden. Insgesamt ist die EU für Stadelmann zu zentralistisch – der Brexit sei ein Symbol dafür, auch wenn es für den britischen Austritt eine Vielzahl von Gründen gegeben habe. Stadelmann sieht keine übermäßig große Krise, man müsse sich aber auf Eventualitäten vorbereiten, so der Wirtschaftswissenschaftler.

„Hätten uns auch mit Schweizer Weg gut entwickelt“

„Derzeit kommen wir aus einer Phase der wirtschaftlichen Expansion raus, aber wir haben trotzdem in der Eurozone eine sehr hohe Arbeitslosigkeit und das Wirtschaftswachstum flaut weiter ab“, so Stadelmann weiter. Das hänge auch an den Nationalstaaten, aber die EU sei nicht dynamisch genug.

Bei der Bewertung der Frage, ob Österreich die EU-Mitgliedschaft wirtschaftlich etwas gebracht habe, rät Stadelmann zur Vorsicht mit Vergleichen. Man könne Österreich sehr wohl mit wohlhabenden Staaten vergleichen, die nicht in der EU seien – wie die Schweiz oder Norwegen. „Ich glaube, dass es Österreich insgesamt etwas gebracht hat, aber wir hätten uns auch sehr gut entwickelt, wenn wir den Schweizer Weg gegangen wären“, so Stadelmanns These.

Interview mit EU-Experten

EU-Experte David Stadelmann erklärt im Interview mit „Vorarlberg heute“-Moderator David Breznik, warum die EU ein Imageproblem hat und an welchen Stellen es am meisten krankt.

„Strikte Schuldengrenzen“

Für Stadelmann muss die Institution EU wieder verbessert und wettbewerbsfähig gemacht machen, es gelte, strikte Schuldengrenzen einzuhalten. „Man muss aber auch darüber nachdenken, ob die EU-Kommission direkt gewählt werden sollte“, schlägt Stadelmann vor. Das gelte nicht für das Amt von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, sondern für die Posten der einzelnen Kommissare, so Stadelmann.