Gemeinde Gottes in Wald am Arlberg
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Chronik

„Gemeinde Gottes“: Mitglieder leben zurückgezogen

In Niederösterreich hat ein deutsches Ehepaar seine 13-jährige Tochter sterben lassen. Die Eltern haben das Mädchen aus religiöser Überzeugung nicht medizinisch versorgen lassen. Sie erklärten, Mitglieder der „Gemeinde Gottes“ zu sein. Eine religiöse Gemeinschaft gleichen Namens unterhält in Wald am Arlberg eine Schule, ein Vereinshaus sowie ihr europäisches Zentrum. Sie hat aber nach eigenen Angaben nichts mit der Gemeinde in Niederösterreich zu tun.

Der Dalaaser Bürgermeister Martin Burtscher kennt die Glaubensgemeinschaft in Wald am Arlberg, will sich aber vor der Gemeindewahl nicht näher dazu äußern. Nur so viel: Er habe bislang keine schlechten Erfahrungen mit der „Gemeinde Gottes“ gemacht, auch wenn es natürlich bedauerlich sei, wenn sich eine Gemeinschaft ganz von der Gesellschaft abschotte. Vier Familien aus dieser Freikirche leben in Wald am Arlberg, weitere in Bürs, Bludenz oder Braz. Rund zehn Kinder besuchen die Schule. Die Familien leben zurückgezogen, haben ihre eigenen Kleidervorschriften, ihre eigene Weltanschauung und ihre eigenen Regeln.

Gemeinde Gottes

Eine 13-jährige stirbt, weil die Eltern aus religiösen Gründen keine ärztliche Hilfe erlauben – das ist in Niederösterreich passiert. Die Eltern sind noch nicht rechtskräftig zu je fünf Jahren Haft verurteilt worden.

„Gemeinde Gottes“: Verschiedene Gruppierungen

Laut Jonathan Anselm, dem Pastor der „Gemeinde Gottes“ in Wald am Arlberg, gibt es verschiedene Gruppen auf der Welt, die sich „Gemeinde Gottes“ nennen. Er habe auch von dem Fall in Niederösterreich gehört, diese seien aber nicht Mitglieder der Glaubensgemeinschaft in Vorarlberg, sagte Anselm dem ORF Vorarlberg. Letztendlich habe diese Gruppierung nichts mit der „Gemeinde Gottes“ in Wald am Arlberg zu tun.

Anselm glaubt, dass es Menschen gibt, die die persönliche Überzeugung haben, auf Gott zu vertrauen. Er würde das persönlich auch voll unterstützen. Aber vor allem, wenn es sich um Kinder handle, obliege das der vollen Verantwortung der Eltern, so Anselm, er würde den Eltern empfehlen, sich Hilfe zu suchen.

Prüfungen: Kinder schneiden sehr gut ab

Die „Gemeinde Gottes“ hat sich aufgrund des Schulsystems in Vorarlberg angesiedelt. In Österreich gibt es im Gegensatz zu Deutschland keine Schulpflicht, sondern eine Unterrichtspflicht. Das heißt, jeder kann seine Kinder selbst unterrichten oder sie in einer Privatschule unterbringen. Man wolle die Kinder eben nach der Bibel erziehen, so Anselm, deshalb verzichtet die Glaubensgemeinschaft auf eine öffentliche Schule.

Das Wissen der Kinder wird jedes Jahr bei Externistenprüfungen festgestellt. Und hier seien die Kinder der „Gemeinde Gottes“ gut, sagt Schulqualitätsmanagerin Judith Sauerwein. Die Kinder schneiden bei den Prüfungen immer sehr gut ab, das heißt, sie werden von ihren Pädagogen gut vorbereitet. Die Pädagogen stellt die Schule laut Sauerwein selbst.

Kein Verstoß gegen Gesetze

Die Männer arbeiten unter der Woche in Deutschland, die Frauen kümmern sich um die Kinder. Obwohl sie Sozialleistungen beziehen, ist Geld für den Kauf von Häusern da. Das löst viele Fragen in der Gesellschaft aus, sagt Benjamin Gunz von der IfS Extremismus-Prävention, und schafft Unruhe. Gegen bestehende Gesetze verstoßen sie offiziell jedenfalls nicht.

Das Institut für Sozialdienste (ifs) beschäftigt sich im Auftrag des Sozialsprengels Bludenz mit der Gruppe. Hier wird etwa die Frage untersucht, ob die Menschen, die in dieser Gemeinschaft leben noch die freie Wahl haben sich zu entscheiden.
Aus Sicht der Diözese Feldkirch sieht man derzeit keinen Handlungsbedarf. Man habe Kontakt mit der „Gemeinde Gottes“ und es gebe keine Hinweise, dass deren Mitglieder in problematischer Abhängigkeit gehalten werden.

Prozessauftakt in Krems
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Eltern haben nach eigenen Angaben „auf Gott vertraut“-

Keine Verurteilung wegen Mordes

Der Fall in Niederösterreich hat für große Aufregung gesorgt. Die Eltern des verstorbenen Mädchens wurden am Mittwoch in Krems wegen gröblicher Vernachlässigung in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe von jeweils fünf Jahren verurteilt. Sie haben ihre Tochter aus religiöser Überzeugung nicht medizinisch versorgen lassen, trotz einer Bauchspeicheldrüsen-Entzündung. Daran ist die Tochter gestorben – mehr dazu in: 13-Jährige tot: Fünf Jahre Haft für Eltern.