Volksschule Kirchdorf Lustenau
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Bildung

Streit über Ziffernnoten: Schule lenkt ein

Der Streit über die Vergabe von Ziffernnoten an der Volksschule Lustenau-Kirchdorf ist beendet. Es werden gesetzeskonforme Schulnachrichten ausgestellt, so Direktor Christoph Wund. Grund dafür seien mögliche massive Sanktionen gewesen.

Die Volksschule Lustenau-Kirchdorf hat in den vergangenen Tagen große mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen, weil die Lehrer des reformpädagogischen Zweigs in der Schulnachricht alle Drittklässler einheitlich mit „Gut“ beurteilen wollten – aus Protest gegen den „von Türkis-Blau 2018 verankerten Notenzwang auch für Zweit- und Drittklässler“, wie es Wund formulierte.

„Wir wollten nie ungesetzlich sein“

Man habe sich dazu entschieden, ein gesetzeskonformes Ziffernzeugnis auszustellen, sagte Wund Freitagfrüh gegenüber dem ORF Vorarlberg. Angesichts der Tatsache, dass die Schule mit massiven Sanktionen zu rechnen gehabt hätte und man den Fortbestand des reformpädagogischen Zweiges nicht gefährden wollte, habe man die Pläne geändert.

Es sei nie das Ziel gewesen, ungesetzlich zu sein, betonte Wund. Von einem „Klein-Beigeben“ wollte er nicht sprechen. Ziel sei es gewesen, ein Zeichen zu setzen und ins Gespräch zu kommen. Beides sei gelungen.

Das Interview mit Direktor Christoph Wund führte ORF Vorarlberg-Redakteurin Bettina Prendergast.

„Massive Sanktionsdrohungen“

Mit einem unkorrekten Vorgehen hätten die Lehrer allerdings disziplinarrechtliche Konsequenzen befürchten müssen. Wund sprach gegenüber der APA auch von „massiven Sanktionsdrohungen aus der juristischen Landesverwaltung“.

Direktor VS Kirchdorf Lustenau
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VS-Direktor Christoph Wund

„Wir wollten nicht den Lehrerberuf riskieren“

Mit dem gemeinsam mit Schülern und Eltern gestarteten Protest „Du bist GUT! Und so viel mehr als eine Note“ habe die Schule „unsere von Differenzierung, Individualisierung, Ganzheitlichkeit und Ressourcenorientierung geprägte pädagogische Haltung“ ebenso zum Ausdruck bringen wollen wie „unser Unverständnis für einen in unseren Augen sachlich nicht nachvollziehbaren bildungspolitischen Rückschritt in der Leistungsbeurteilung und Stärkung der Schulautonomie“, so Wund.

Man habe nicht „den für uns so wichtigen und freudvollen Lehrerberuf“ riskieren wollen, sagte der Direktor. Es sei um die Eröffnung eines Dialogs gegangen, den man nun fortsetzen werde.

„Inhaltliche Dialogeröffnung gefordert“

„Wir werden am Freitag dem Mindestmaß an gesetzlicher Anforderung entsprechen und es uns nicht nehmen lassen, unser Anliegen nochmals neu in den Mittelpunkt zu stellen – untermauert von Aktivitäten, die wir gemeinsam mit Kindern und Eltern gestalten“, kündigte Wund an. Die Haltung laute, den Fokus von der Note wegzunehmen und das Hauptaugenmerk auf das Wohl des Kindes zu legen.

Gleichwohl fordere man eine „verantwortliche Bildungs- und Schulentwicklung“ ein, betonte Wund. Diesbezüglich nehme man Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) und die Bildungsdirektion beim Wort und verlange eine „inhaltliche Dialogeröffnung“.

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann, dessen Dialogverweigerung „wütend“ gemacht habe, werde ein Schreiben der Schule erhalten. Der Inhalt laute „Wir brauchen GUTe Bildung. Und so viel mehr als Notenzwang!“

Unterstützung von der Gewerkschaft

Die Unabhängige Bildungsgewerkschaft (UBG) und die Vorarlberger LehrerInnen Initiative (VLI) forderten am Donnerstag den Bildungsminister auf, die Notenzwangverordnung zurückzunehmen.

„Wir müssen zurück zur alten Regelung, die den Schulen wieder die Wahlfreiheit gibt“, sagte der Obmann der VLI, Gerhard Pusnik. Da das Vorgehen der Lustenauer Lehrer pädagogisch begründet sei, gebe es keinen Grund, mit autoritären Maßnahmen und Disziplinierungen zu reagieren.

„Wir fürchten uns nicht vor den Auseinandersetzungen mit Bildungsdirektion und Ministerium und unterstützen die Kolleginnen und Kollegen selbstverständlich“, sagte Gerhard Rüdisser von der Unabhängigen Bildungsgewerkschaft. Zuvor hatten sich schon Grüne, NEOS, SPÖ und zahlreiche Lehrergruppen und -Initiativen mit den Volksschullehrern solidarisiert – mehr dazu in Notenstreit wird zum Politikum.