Das Landesgericht in Feldkirch
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Chronik

Privatstiftung: Auflösung de facto unmöglich

Die Begünstigten einer Privatstiftung haben keinen Zugriff auf ihr Vermögen, weil ihnen der Stiftungsvorstand die Begünstigtenstellung entzogen hat. Die Stiftung einfach aufzulösen hat aber Verfasser der Stiftungsurkunde, der gleichzeitig Stiftungsvorstand ist, praktisch verhindert. Der Zivilprozess wird derzeit am Landesgericht Feldkirch verhandelt.

Vorweg: Nicht das Stiftungsrecht an sich ist das Problem, in Einzelfällen kann die Gründung einer Privatstiftung aber zu Problemen führen. So wie in diesem konkreten Fall. Als der Firmengründer im Alter von 58 Jahren schwer erkrankte, hatte er einen Anwalt, ein Freund der Familie gebeten, seine Frau und seinen Sohn zu versorgen.

Stiftung ist nur vom Erststifter aufzulösen

Aus steuerlichen Gründen erschien eine Privatstiftung als die optimale Lösung. Mit, in diesem Fall, einem Hauptproblem für die Begünstigten: Der Anwalt, der später der Stiftungsvorstand sein sollte, hat die Stiftungsurkunde so verfasst, dass die Stiftung praktisch nicht mehr aufzulösen ist. Er hat nämlich in der Urkunde vermerkt, dass nur der Erststifter die Stiftung auflösen kann. Dieser, der Firmengründer, ist vier Tage nach Unterzeichnung der Urkunde verstorben.

Seit 2017 hat der Stiftungsvorstand den Erben aber die Begünstigtenstellung entzogen. Konkret wirft er dem Sohn vor, dass er Maschinen der Firma zu ungünstigen Konditionen an seine Mutter verkauft habe. Das sei illegal und zum Schaden der Stiftung gewesen. Deswegen hat der Stiftungsvorstand alle vereinbarten Zahlungen aus der Stiftung an die Begünstigten eingestellt.

Ist der Stiftungszweck noch gewährleistet?

In erster Linie geht es im Prozess darum, den Stiftungsrat absetzen zu können. Aber auch um die Frage: ist der Stiftungszweck, Frau und Sohn sollen finanziell und beruflich abzusichern sein, gewährleistet, wenn Frau und Sohn nicht mehr von der Stiftung profitieren können?

Der Stiftungsvorstand selbst hat sich an Honoraren nachweislich mindestens 350.000 Euro auszahlen lassen. Und: der Sohn des Firmengründers ist in der eigenen Firma im Jahr 2017 als Geschäftsführer gekündigt worden. Noch ist es im laufenden Zivilprozess zu keiner Einigung zwischen Begünstigten und dem Stiftungsvorstand gekommen.

Begünstigte: Seit 2017 kein Zugriff auf das Vermögen

Die Millionenstiftung hat im Jahr 2012 ein Großunternehmer kurz vor seinem Tod gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn gegründet. Es kommt zum Streit mit dem von der Familie selbst eingesetzten Stiftungsvorstand, einem renommierten Vorarlberger Rechtsanwalt. Dieser entzieht im Jahr 2017 der Frau und dem Sohn des verstorbenen Großunternehmers die Begünstigtenstellung.

Der Streit um ein Firmenimperium mit Milliardenumsätzen beschäftigt das Landesgericht Feldkirch. Der Vorarlberger Firmengründer hat kurz vor seinem Tod eine Privatstiftung gegründet und seine Frau und seinen einzigen Sohn als Begünstigte eingesetzt. Diese kommen aber nicht mehr an das Vermögen heran, weil der Stiftungsvorstand ihnen die Begünstigtenstellung entzogen hat.

Keinen Einblick in die Stiftung mehr

Damit sieht der Anwalt der Familie, Thomas Kaufmann, den Stiftungszweck missachtet: „Die Gründe, die hier geltend gemacht werden sind sehr vielfältig, sie wiegen auch sehr schwer. Hauptgrund ist, dass der Stiftungsvorstand seine Verpflichtung gegenüber den Begünstigten missachtet, damit auch den Stiftungszweck missachtet, gleichzeitig aber auch den Beirat, in dem die ehemaligen Stifter jetzt vertreten sind, de facto entmachtet hat. Die ehemaligen Stifter und jetzt Begünstigten sind daher von jedem Informationsfluss einfach abgeschnitten, wissen nicht mehr, was in dieser Stiftung vorgeht, wissen nicht mehr, wie es um die Finanzen dieser Stiftung steht und um die Zukunftsprognosen“, so Thomas Kaufmann im Interview mit ORF-Redakteur Gernot Hämmerle.

Die Namen der betroffenen Personen und Firmen dürfen aus rechtlichen Gründen nicht genannt werden. Tatsache ist aber, dass es um Bargeld und vor allem Vermögenwerte in Höhe von Zig-Millionen Euro geht.

Vorwurf: „rechtswidriges Verhalten“ der Begünstigten

Auf ORF-Anfrage heißt es seitens des in Kritik stehenden Stiftungsvorstandes, dass er aus rechtlichen Gründen für ein Interview nicht zur Verfügung stehen würde. Aus den Akten geht aber hervor, dass er seinerseits den Stiftungsbegünstigten rechtswidriges Verhalten vorwirft. Sie hätten Geschäfte zum Nachteil der Firma und damit zum Nachteil der Stiftung getätigt. Diesbezüglich sei ein Ermittlungsverfahren anhängig.

Der Stiftungsvorstand ist ein renommierter Anwalt und langjähriger Vertrauter der Unternehmer-Familie. Er habe, so ein weiter Vorwurf der Familie, rechtswidrig alle vertraglich vereinbarten Zuwendungen aus der Stiftung an die Begünstigten gestoppt.

Kaufmann: Stiftungszweck nicht mehr erfüllt

„Stiftungszweck war nämlich die Unterhaltssicherung der Begünstigten. Dieser Stiftungszweck wird seit dem Jahr 2017 nicht mehr erfüllt. Weil den Begünstigten ihre Stellung als Begünstigte der Stiftung entzogen wurde und sie daher keinerlei Ausschüttung aus dieser Stiftung mehr bekommen. Dadurch wird, so die Ansicht der Antragssteller, der Stifterwille geradezu ins Gegenteil verkehrt“, so Kaufmann gegenüber dem ORF.

Der Stiftungsvorstand selbst habe sich hingegen Bezüge, Entgelte und Anwaltshonorare von rund 350.000 Euro aus der Stiftung auszahlen lassen. Derselbe Stiftungsvorstand musste schon einmal seinen Platz als Aufsichtsrats-Vorsitzender einer großen Vorarlberger Firma räumen, weil er gegen den Willen der Unternehmerfamilie gehandelt habe.

Erster Verhandlungstag ohne Einigung

Im Fall der Privatstiftung muss wohl das Gericht entscheiden, ob der Stiftungsvorstand abberufen wird oder nicht. Denn am ersten Verhandlungstag gab es keine Einigung zwischen den Parteien.