Vorarlberger bei der Stimmabgabe für die Nationalratswahl 2019
Mathis Fotografie
Mathis Fotografie
LTW 2019

Die Ausgangslage der Parteien

Am Sonntag waren die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. Zwölf Parteien und Listen standen dieses Mal zur Auswahl – so viele wie nie zuvor. Ein Überblick über die jeweilige Ausgangslage.

Landeshauptmann Markus Wallner (52) führt seine Partei am Sonntag zum zweiten Mal als Spitzenkandidat in eine Landtagswahl. Bei seinem ersten Antreten 2014 verlor die ÖVP neun Prozentpunkte und fuhr mit 41,8 Prozent das schlechteste Ergebnis aller Zeiten ein. Diese Scharte gilt es heuer auszuwetzen. Offiziell gab Wallner als Ziel „40 plus“ aus, vielleicht spekuliert er aber auf mehr: Das Abschneiden bei der Nationalratswahl vor zwei Wochen im Land (36,6 Prozent, plus 1,9) kommentierte Wallner jedenfalls mit der Aussage, es gebe „im Land noch Luft nach oben“.

Landeshauptmann Markus Wallner
Luca Fasching
Markus Wallner steht vor seiner zweiten Landtagswahl

Als sicher gilt, dass sich die ÖVP nach der Wahl in der Position befinden wird, sich einen Regierungspartner aussuchen zu können. Zur Wahl stehen erneut die Grünen, die Wallner als Novum 2014 in die Regierung holte, aber auch NEOS und – eher unwahrscheinlich – die SPÖ. Die FPÖ, mit der die ÖVP von 1974 bis 2009, teils trotz absoluter Mehrheit, als Zweierteam regierte, schloss Wallner bereits aus – mehr dazu in Vorarlberg-Wahl: Alle wollen mit Wallner.

Ungewissheit bei der FPÖ

Bundesparteiliche Turbulenzen brachten die Ländle-FPÖ schon vor 15 Jahren in Schwierigkeiten: Auf das Rekordergebnis 1999 mit 27,4 Prozent folgte 2004 der Absturz auf 12,9 Prozent. In der Folge lag die FPÖ in Vorarlberg aber stets wieder deutlich über 20 Prozent und damit auf Platz zwei. Trotz des guten Ergebnisses war 2009 eine Zäsur für die FPÖ: Nach dem „Juden-Sager“ des damaligen Parteichefs Dieter Egger musste sie nach langer Mitregierung in die Opposition.

FPÖ-Landeschef Christof Bitschi
FPÖ
Christof Bitschi will mit der FPÖ mehr als 20 Prozent erreichen

Obwohl der derzeitige Landesobmann Christof Bitschi (28) sich einer reformbereiten ÖVP – weniger schwarz, mehr türkis – als Partner anbot, schloss Wallner ein Bündnis nach der „Ibiza-Affäre“ aus. Als Wahlziele nannte Bitschi ursprünglich, den Abstand zu den Grünen zu vergrößern und – wohl schon in Einrechnung der „Ibiza-Affäre“ – mehr als 20 Prozent zu erreichen. Zuletzt gab er das Verhindern einer ÖVP-Absoluten als Ziel aus – mehr dazu in FPÖ will ÖVP-Absolute verhindern.

Grüne hoffen auf erneute Regierungsbeteiligung

Dass der Klimawandel thematisch Hochkonjunktur hat, erweist sich für die Grünen als Glücksfall. Nachdem es während der Flüchtlingsdebatte für die Partei noch eher düster ausgesehen hatte, freut man sich nun über Rückenwind. Nach dem guten Abschneiden bei der Nationalratswahl (Platz zwei mit 18,1 Prozent, plus 10,9 Prozentpunkte) scheint manchem selbst Platz zwei auf Landesebene in Reichweite. 2009 überholte man die SPÖ und liegt seither in Vorarlberg auf dem dritten Platz.

Johannes Rauch, Landesat Grüne
VLK/A.Serra
Johannes Rauch befindet sich mit den Grünen derzeit im Stimmungshoch

2014 überzeugte die Partei um Landessprecher Johannes Rauch (60) 17,1 Prozent der Wähler (plus 6,6 Prozent). Rauch, seither einer von zwei grünen Landesräten, will wieder 17 Prozent schaffen und die Zusammenarbeit von ÖVP und den Grünen jedenfalls fortsetzen. Einen kleinen Dämpfer gab es zwei Tage vor dem Urnengang durch die Aufregung um eine Wahlkampfveranstaltung der Grünen in einem Regionalzug ohne das Wissen der ÖBB – mehr dazu in Aufregung um grünen Wahlkampf im Regionalzug.

SPÖ bangt um Klubstärke

Für die SPÖ geht es im Land seit Jahrzehnten abwärts, 2014 rutschte die Sozialdemokratie erstmals unter die Zehnprozentmarke (8,8 Prozent, minus 1,3). Damit ließ sich das dritte Mandat gerade noch halten. Martin Staudinger (40), seit 2018 Landesvorsitzender, weckte die Hoffnung auf eine Trendumkehr. Staudinger will „zweistellig werden“ und bot sich der ÖVP als Regierungspartner an, woran die SPÖ im Land jahrelang nicht einmal zu denken wagte – mehr dazu in SPÖ: „Zweistelliges Ergebnis wäre super“. Zwar ist Wallner der SPÖ nicht so abgeneigt wie sein Amtsvorgänger, eine rote Regierungsbeteiligung wie zuletzt 1974 gilt aber als unrealistisch.

SPÖ-Chef Martin Staudinger
SPÖ
SPÖ-Chef Staudinger hofft auf die Trendumkehr

Den Erwartungen einen Dämpfer verpasst haben dürfte der Ländle-SPÖ das Ergebnis bei der Nationalratswahl, als im Land nur mehr 13,1 Prozent der Stimmen rot ausfielen, ein Minus von 4,7 Prozentpunkten – und erstmals nur Rang fünf, knapp hinter NEOS. Gibt es auch am Ländle-Wahlsonntag ein Minus, könnte der SPÖ nach dem 13. Oktober gar die Klubstärke fehlen.

Guter Boden für NEOS

Als guter Boden erweist sich Vorarlberg dagegen für NEOS, bisher kleinste Fraktion im Landtag. Die junge Partei schaffte 2014 – wie die Grünen 1984 – auf Anhieb den Einzug. Mit 6,9 Prozent fiel die Zustimmung vor fünf Jahren niedriger aus als erwartet, so verpasste man mit zwei Mandaten die Klubstärke. Eine „Eintagsfliege“ ist NEOS aber in Vorarlberg sicher nicht, wie auch das Nationalratswahlergebnis beweist. NEOS gewann im Land 4,5 Prozentpunkte dazu und erzielte mit 13,6 Prozent mit Abstand das bestes Bundesländerergebnis – und den einzigen vierten Platz.

NEOS-Landessprecherin Sabine Scheffknecht
NEOS
Sabine Scheffknecht darf wieder auf ein gutes Ergebnis hoffen

Die erneut als Spitzenkandidatin antretende Sabine Scheffknecht (41) strebt jedenfalls ein zweistelliges Ergebnis an. Zudem will man sich auch als Regierungspartner ins Gespräch bringen, bei großen Zugewinnen scheint dieser Wunsch zumindest im Bereich des Möglichen zu liegen – mehr dazu in NEOS will nach der Wahl mitregieren.

Kleinparteien mit schwierigem Stand

Für Kleinparteien ist es in Vorarlberg traditionell schwierig, den Einzug ins Landesparlament zu schaffen. Dafür muss man entweder ein Grundmandat in einem der vier Bezirke oder einen landesweiten Stimmenanteil von zumindest fünf Prozent erreichen. Bisher schafften das neu nur die Grünen und NEOS. Dennoch versuchen heuer sieben Kleinparteien ihr Glück. Die Partei Der Wandel rund um Spitzenkandidat Konrad Steurer – sie tritt erstmals bei einer Landtagswahl an – fordert etwa ein bedingungsloses Grundeinkommen und will Vorarlberg zur Modellregion in dieser Sache machen. Xi – Chance Zukunft ist ebenfalls erstmals dabei und setzt auf Umwelt, Sicherheit und Vertrauen. Gilt will einen Systemwandel hin zu einer „offenen Demokratie“ – mit dem Fernziel einer „gewählten, unabhängigen Expertenregierung“, so Spitzenkandidat Thomas Doppelhofer.

Erstmals dabei ist auch die Migrantenpartei Heimat aller Kulturen (Spitzenkandidat Murat Durdu), die der Mehrheitsgesellschaft die andere Seite der Integration zeigen will – etwa, wenn es um das Kopftuch geht. Ein Wiedersehen gibt es mit der Liste Wir – Plattform für Familien und Kinderschutz und Spitzenkandidat Christoph Alton. Er will unter anderem Mütter bezahlen, die ihre Kinder zu Hause erziehen wollen. Die Männerpartei mit Spitzenkandidat Hannes Hausbichler kämpft einmal mehr gegen „Hetze“ und „schmutzige Tricks“ bei Scheidungen. Und die Christliche Partei (Spitzenkandidat Erwin Dünser) stellt sich gegen die „Gender-Ideologie“ und tritt für eine Stärkung der traditionellen Familie ein.