Landeshauptmann Markus Wallner
Mathis Fotografie
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Politik

Vorarlberg-Wahl: Alle wollen mit Wallner

Nach zwei Wochen Intensivwahlkampf sind die Vorarlberger am Sonntag aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. Sicher ist, dass die ÖVP als deutlicher Sieger über die Ziellinie gehen wird. Rückblick auf einen Wahlkampf, der an Überraschungen arm, an Wahlwerbern aber so reich wie nie zuvor war.

Vielleicht lag es an der Müdigkeit nach dem gerade erst geschlagenen Nationalratswahlkampf, dass die im Landtag vertretenen Parteien dieses Mal große, neue Ideen oder Zukunftskonzepte vermissen ließen. Stattdessen setzten sie auf Altbewährtes: Die ÖVP stellte Landeshauptmann Markus Wallner in den Mittelpunkt des Wahlkampfs („Unsere Wahl: Markus Wallner“), der grüne Regierungspartner rund um Landesrat Johannes Rauch den Klimaschutz („Können wir. Machen wir“).

FPÖ-Chef Christof Bitschi versprach auf seinen Wahlplakaten „Wieder mehr für Vorarlberg“ und präzisierte, man müsse die Vorarlberger schützen – und nicht „kriminelle Asylwerber“. NEOS-Spitzenkandidatin Sabine Scheffknecht stellte Bildung über alles und setzte auf den Ruf von NEOS als Fortschrittspartei („Endlich was weiter bringen“), während SPÖ-Spitzenkandidat Martin Staudinger seinem Slogan gemäß „Mitanand fürs Land“ arbeiten wollte – und dabei vor allem das Thema Gesundheit in den Vordergrund rückte.

Schlagabtausch zu CO2-Steuer

Deutliche Unterschiede zwischen den Parteien taten sich zumeist erst in den Nuancen auf. Beispiel Klimaschutz: Dass mehr für das Klima getan werden und der öffentliche Verkehr ausgebaut werden muss, war weitgehend unstrittig. Die konkreten Maßnahmen unterschieden sich freilich. Die Grünen wollten in den nächsten zehn Jahren beispielsweise für jeden einzelnen Vorarlberger einen Baum pflanzen, die SPÖ öffentliche Verkehrsmittel für Jugendliche kostenfrei machen, die ÖVP setzte auf Wasserkraft und Photovoltaik.

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Wahlplakat ÖVP
APA/JOCHEN HOFER
Wahlplakat FPÖ
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Wahlplakat Grüne
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Wahlplakat NEOS
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Wahlplakat SPÖ
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Das (Bundes-)Thema CO2-Steuer schied die Geister, wie in einer Podiumsdiskussion von ORF und „Vorarlberg Nachrichten“ („VN“) deutlich wurde: Während Grüne und NEOS die Steuer vehement verteidigten, äußerte sich vor allem die FPÖ ablehnend. Ein Pendler, der zwischen Feldkirch und Bregenz zur Arbeit fährt, müsse bei einer kilometerabhängigen Autobahnmaut 1.000 Euro im Jahr zahlen, rechnete Parteichef Bitschi vor – was Grünen-Chef Rauch zu der Aussage veranlasste, das Rechenbeispiel sei so real, „wie wenn Strache auf Ibiza die ‚Kronen Zeitung‘ kaufen will“.

Verkehrsprojekt spaltete Regierungsparteien

Die Regierungspartner ÖVP und Grüne waren grundsätzlich darauf bedacht, sich im Wahlkampf nicht gegenseitig zu schaden und unterstrichen immer wieder die gemeinsamen Errungenschaften – etwa im öffentlichen Verkehr, beim Ausbau des gemeinnützigen Wohnens oder beim Thema Pflege. Ausgerechnet beim Verkehrsthema wurde die demonstrative Einigkeit aber unterbrochen: Landeshauptmann Wallner sah die Bodensee Schnellstraße S18 – sie soll als Bindeglied zwischen der österreichischen und der Schweizer Autobahn dienen – als grundsätzlich beschlossene Sache: „Wenn die ASFINAG zu einer Entscheidung kommt, wird niemand aufstehen und Nein sagen", sagte er im Rahmen der ORF/"VN“-Podiumsdiskussion.

Rauch widersprach: Das Projekt sei in dieser Form nicht umsetzbar, das sei „wie Pudding an die Wand nageln“. Die Aussage brachte Rauch den Vorwurf ein, er betreibe Verrat am Wähler und an der eigenen Partei, so SPÖ-Chef Staudinger. „Rauch hat im Koalitionspapier alles unterschrieben und kämpft jetzt offen gegen die S18“, polterte auch FPÖ-Chef Bitschi. Rückendeckung gab es einzig von NEOS-Spitzenkandidatin Scheffknecht, die selbst eine glaubhafte Alternative zur S18 verlangte.

Sicherheit am Ende im Fokus

Im Wahlkampffinish rückte dann noch einmal das Thema Sicherheit in den Vordergrund. Anlass war ein Gerichtsurteil in der vergangenen Woche: Ein Asylwerber war schuldig gesprochen worden, eine Beamtin mit dem Tod bedroht zu haben. Das nahm FPÖ-Chef Bitschi in der ORF-„Pressestunde“ zum Anlass, einmal mehr an die Tötung eines BH-Beamten im Februar zu erinnern und die sofortige Abschiebung kriminell gewordener Asylwerber zu fordern. In Vorarlberg würden Vorfälle dieser Art „totgeschwiegen“. Was wiederum Landeshauptmann Wallner nicht gelten ließ: Es gebe „null Toleranz für kriminelle Asylwerber“.

SPÖ-Chef Staudinger forderte seinerseits mehr Ressourcen für die Polizei, NEOS-Frontfrau Scheffknecht wollte die Integration mittels Bildung vorantreiben – und Rauch spielte Bitschis Aussagen herunter als „verzweifelten Versuch, ein Thema hochzuziehen“.

Kleinparteien sorgten für Farbe

Für zusätzliche Farbe sorgten die vielen Kleinparteien, die sich heuer der Wahl stellen. Insgesamt rittern sieben Kleinparteien um die Stimmen der Vorarlberger. Die Partei Der Wandel rund um Spitzenkandidat Konrad Steurer – sie tritt erstmals bei einer Landtagswahl an – fordert etwa ein bedingungsloses Grundeinkommen und will Vorarlberg zur Modellregion in dieser Sache machen. Xi – Chance Zukunft ist ebenfalls erstmals dabei und setzt auf Umwelt, Sicherheit und Vertrauen. Gilt will einen Systemwandel hin zu einer „offenen Demokratie“ – mit dem Fernziel einer „gewählten, unabhängigen Expertenregierung“, so Spitzenkandidat Thomas Doppelhofer.

Erstmals dabei ist auch die Migrantenpartei Heimat aller Kulturen (Spitzenkandidat Murat Durdu), die der Mehrheitsgesellschaft die andere Seite der Integration zeigen will – etwa, wenn es um das Kopftuch geht. Ein Wiedersehen gibt es mit der Liste Wir – Plattform für Familien und Kinderschutz und Spitzenkandidat Christoph Alton. Er will unter anderem Mütter bezahlen, die ihre Kinder zu Hause erziehen wollen. Die Männerpartei mit Spitzenkandidat Hannes Hausbichler kämpft einmal mehr gegen „Hetze“ und „schmutzige Tricks“ bei Scheidungen. Und die Christliche Partei (Spitzenkandidat Erwin Dünser) stellt sich gegen die „Gender-Ideologie“ und tritt für eine Stärkung der traditionellen Familie ein.

ÖVP ist heiß begehrt

Das alles wird wenig daran ändern, dass die Volkspartei am Sonntag einen klaren Sieg einfahren wird. Danach wird Landeshauptmann Wallner die Wahl haben: Alle im Landtag vertretenen Parteien streben – mehr oder weniger offen – eine Zusammenarbeit mit der ÖVP an. NEOS-Spitzenkandidatin Scheffknecht visiert eine Regierungsbeteiligung an und will der ÖVP vor allem bei Bildungsthemen etwas abringen („Für uns ist ganz klar, dass sich im Bereich der Bildung etwas bewegen muss“). SPÖ-Chef Staudinger sieht seine Chancen auf eine Regierungsbeteiligung ebenfalls als intakt an („Schwarz-Grün funktioniert einfach nicht so gut, dass es gut ist für Vorarlberg“).

FPÖ-Spitzenkandidat Bitschi wirbt für eine Regierungskoalition nach Vorbild der ehemaligen ÖVP-FPÖ-Bundesregierung („Ich will eine ähnliche Reformpartnerschaft auch in Vorarlberg umsetzen“). Die Erfolgsaussichten dafür sind indes eher gering. Landeshauptmann Wallner wies die Avancen der FPÖ wiederholt zurück – unter anderem mit Verweis auf die fehlende Distanzierung der Landes-FPÖ bei der „Ibiza-Affäre“. Die Chancen auf eine Fortsetzung der Koalition mit den Grünen im Land seien hingegen „intakt“.