Näherinnen in einer Fabrik
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Gesundheit

Belastung im Job hat zugenommen

Zwei von drei Beschäftigten empfinden zunehmend Druck im Arbeitsalltag: Das ist das Ergebnis einer Studie, an der über 1.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilgenommen haben. Gestiegen sei etwa die Verantwortung des Einzelnen und das Arbeitspensum.

65 Prozent der Arbeiter und Angestellten sagen laut der Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young, dass die Belastung in den vergangenen fünf Jahren teils deutlich zugenommen habe. ÖGB-Landesvorsitzender Norbert Loacker bestätigt diese Wahrnehmung: „Ich höre solche Informationen täglich von den Betriebsräten, die natürlich wissen, was in ihrem Betrieb abläuft.“ Die Situation habe sich „dramatisch verschlechtert.“

Die Belastung im Job steigt

Zwei von drei Beschäftigten empfinden zunehmend Druck im Arbeitsalltag. Das belegen eine Untersuchung der Beratungsfirma EY und die Erfahrungen des ÖGB in Vorarlberg.

Ursachen gibt es viele. Eine der häufigsten sei die Schwierigkeit, das Privatleben und die Arbeit unter einen Hut zu bringen. Viele Arbeitnehmer wollen oder müssen immer verfügbar sein. Das gelte insbesondere für Menschen, die im IT-Bereich arbeiten, sagt Loacker. Außerdem werde ständig versucht, mit weniger Arbeitskräften mehr zu produzieren. Führungskräfte und Beschäftigte in großen Unternehmen sind von der zunehmenden Arbeitsbelastung besonders häufig betroffen.

Firmenkultur im Fokus

Die Politik und die Firmen in Vorarlberg haben sich dem Problem bereits angenommen. Der Fonds Gesunde Betriebe Vorarlberg unterstützt Unternehmen bei der Durchführung betrieblicher Gesundheitsförderungen. Bis vor zehn Jahren sei es noch um Themen gegangen wie Ernährung und Bewegung, sagt Geschäftsführerin Anita Häfele.

In den vergangenen zwei Jahren häuften sich aber die Anfragen zur Firmenkultur, zum Arbeitsklima und zu guten Arbeitsprozessen: „Wie kann ich Arbeitsprozesse so gestalten, dass sie für Mitarbeiter nicht gesundheitsschädlich sind?“, fasst Häfele zusammen. Das soziale Klima habe nämlich einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Arbeitsmotivation. Gefördert werden bis zu 50 Prozent der Maßnahmen in einem Betrieb.

Experte sieht Nachholbedarf

Psychiater und „Vorarlberg heute“-Studiogast Daniel Kaufmann nennt eine ganze Reihe an Symptomen, an denen man erkennen kann, dass die Belastung im Job zu viel wird: Ein permanentes Erschöpfungsgefühl, Schlafstörungen, innere Unruhe, Reizbarkeit oder Zynismus dem Arbeitsplatz gegenüber. Als Gründe führt Kaufmann neben der ständigen Erreichbarkeit auch die Medien- und Konsumgesellschaft ins Treffen, die diese Symptome ebenfalls auslöse. Die Begrifflichkeit „die Seele baumeln lassen“ werde zunehmend abstrakt und nicht mehr nachvollziehbar.

Psychiater Kaufmann über Druck im Job

Daniel Kaufmann ist Psychiater und spricht in „Vorarlberg heute“ über die Belastung im Job.

Teilzeitarbeit könnte die psychische Gesundheit zwar fördern, die Arbeitgeber würden aber dazu gezwungen, flexiblere Arbeitszeitmodelle einzuführen, gibt Kaufmann zu bedenken. Damit würde die Arbeitsplatzsicherheit sinken. Dennoch gebe es eine Reihe von Präventionsmaßnahmen, die helfen könnten: Etwa, dass der Arbeitgeber Sozialräume schaffe oder Betriebsärzte und Betriebspsychologen schule, die Frühwarnzeichen zu erkennen. Diesbezüglich gebe es in vielen Betrieben noch Nachholbedarf.