Werkraum Haus
ORF Vorarlberg
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Architektur

So geht Bauen mit gebrauchten Teilen

Eine Ausstellung in Dornbirn widmet sich der Frage, wie man gebrauchtes Material wiederverwenden kann. Als Muster dient ein kleines Haus, das für den Werkraum Andelsbuch gebaut worden ist. Dessen Architekt Wolfgang Schwarzmann möchte das Bewusstsein dafür schärfen.

Die Tür schon einmal verwendet, die Wasserhähne für den Ausbau vorbereitet, die Schindeln sind alt, das Fenster sowieso – das Werkraum-Haus zeigt, wie Material beim Bau wiederverwendet werden kann. Das Haus steht derzeit in Dornbirn und kann im Rahmen der Ausstellung „Form Follows Collaboration“ im Rahmen der Creative Week Austria in der CampusVäre besichtigt werden. Architekt ist der Dornbirner Wolfgang Schwarzmann, der momentan der Uni Liechtenstein seine Dissertation abschließt. Im Interview spricht er über das Haus und erklärt, was Wiederverwendung auf der Baustelle bedeutet.

Werkraum Haus
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Werkraum-Haus zeigt, wie Material beim Bau wiederverwendet werden kann.

ORF Vorarlberg: Herr Schwarzmann, wir sitzen hier im sogenannten Werkraum-Haus. Was macht dieses Haus so besonders?

Schwarzmann: Für dieses Projekt sind sowohl gebrauchte als auch neue Materialien verwendet worden. Das Ziel war es eigentlich, dass wir die Handwerker darauf aufmerksam machen, was beim zirkulären Bauen, also beim Wiederverwenden, zu beachten ist. Dazu zählt auch, dass beim Neubau auch darüber nachgedacht wird, was danach wieder demontiert und wiederverwendet werden kann. Manche Holzschindeln beim Werkraum-Haus sind schon richtig grau. Andere Teile, wie die Bank, auf der wir sitze, sind neu. Aber sie sind so gebaut, dass man sie wieder gut auseinander bauen kann.

Creative Week Austria
Creative Week Austria von 7. bis 16. Oktober: “New European Bauhaus"
CampusVäre, Dornbirn (neben der FH)
Ausstellung: „Form Follows Collaboration“
Weitere Programme: Führungen, Workshops, Podiumsdiskussionen

ORF Vorarlberg: Woher stammt denn die Tür, auf die wir gerade blicken?

Schwarzmann: Das ist eine originelle Tür. Sie war schon in einem Hotel in Lech im Einsatz. Der Tischler, der mit der Renovierung des Hotels beauftragt wurde, hat die Türen circa zehn Jahre zuvor erst eingebaut. Ihn hat es ziemlich gewurmt, dass er diese schönen Türen wieder ausbauen musste. Er konnte es sich nicht mit sich vereinbaren, die Türen wegzuschmeißen. Also hat er sie mitgenommen und dann 20 bis 30 wunderschöne Türen bei sich gelagert. Eine davon ist jetzt hier.

ORF Vorarlberg: Das heißt: Lieber zuerst einmal schauen, was wieder verwendet werden kann, bevor etwas Neues gebaut wird?

Schwarzmann: Diese Türen sind ein sehr schönes Beispiel. Sie leisten ihren Dienst einfach woanders weiter. Das hat mehrere Vorteile. Wer eine gebrauchte Tür einbaut, muss natürlich keine neue kaufen. Dafür muss mehr Aufwand in die Renovierung gesteckt werden. Vielleicht braucht es auch einen neuen Rahmen, damit die gebrauchten Türen überhaupt passen. Es muss also nicht unbedingt günstiger sein. Aber es ist die bessere Lösung.

ORF Vorarlberg: Ist ökologisches Bauen also eher teurer als konventionelles Bauen?

Schwarzmann: Das kann man auch nicht sagen. Es ist weder teurer, noch günstiger. Die große Herausforderung ist, dass die Menschen lernen, dass sie beim Wiederverwenden nicht alles aussuchen können. Zum Beispiel die Farbe. Diese Türe ist eben aus Holz. Sie nicht weiß lackiert. Stellen Sie sich eine Lederjacke vor. Eine gebrauchte Lederjacke nehme ich natürlich so, wie sie ist. Die Reißverschlüsse sind abgebgriffen, die Ellenbogen ein bisschen abgeschabt. Aber bei einer Lederjacke ist es interessant. Erst durch diese Spuren gewinnt sie an Wert und Charakter.

Architekt Schwarzmann
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Architekt Wolfgang Schwarzmann aus Dornbirn

ORF Vorarlberg: Das heißt, ich muss lernen, dass ich mir nicht alles wünschen kann beim Bauen? Das ist ein wichtiger Punkt. Gebraucht Bauen heißt unter Umständen, dass man ein paar Kompromisse eingehen muss. Ein Beispiel im Werkraum-Haus sind auch die Wasserhähne. Zeigen Sie, dass man auch weniger Komfort in Kauf nehmen muss?

Sendungshinweis: „Radio Vorarlberg“, 8. Oktober 2022

Schwarzmann: Sie zeigen, dass man sich überlegen kann, was man wirklich braucht und worauf verzichtet werden kann. Es sind ganz normale Wasserhähne. Zwei Stück, an denen man drehen kann. Auf der einen Seite kommt warmes Wasser, auf der anderen Seite kaltes Wasser. Der Installateur hat sich bewusst dafür entschieden, weil er die wieder einfach ausbauen kann. Wenn er in zehn Jahren die Dichtungen austauschen möchte, kann er sie einfach aufschrauben. Die Mischbatterien, die heute verbaut werden, sind zwar wunderschön, unglaublich bündig und perfekt zu putzen. Aber Dichtungen in diesen Batterien sind fast unmöglich zu tauschen. Wenn der Wasserhahn undicht wird, muss er ausgetauscht werden. Die Wasserhähne hier sollen ein Bewusstsein für dieses Problem schaffen. Dazu zählen auch die Kupferrohre, an denen die Wasserhähne angeschraubt sind. Der Installateur hat sie gelötet. Heute werden häufig Aluminium- oder Kunststoffrohre gepresst. Die sind sehr schnell montiert. Aber wenn diese Rohre bei der Dichtung verpresst werden, kann man diese Verbindung nie wieder lösen. Die gelöteten Kupferrohre können hingegen einfach erhitzt und neu verwendet werden. Sie können einfach in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt oder direkt wiederverwendet werden.

ORF Vorarlberg: Ist die Zeit reif für diese Art des Bauens?

Schwarzmann: Die vergangenen Jahre waren voller Krisen. Zuerst die Pandemie, dann die Rohstoffknappheit, vor allem beim Holz. Mittlerweile gibt es diesen schrecklichen Krieg in der Ukraine, plötzlich habe wir keine speziellen Teile mehr. Wir wollen nicht nur deshalb unabhängiger werden. Dieses Haus kann als Anstoß dienen, um zu zeigen, wie Alternativen aussehen können.