Buch und Stift
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„Focus“

Zum 25. Todestag von Viktor Frankl

In dieser „Focus“-Sendung spricht Inge Patsch mit Erika Pluhar über Viktor Frankl – „Man braucht viel Trotzdem, um gelassen zu werden.“ Vor 25 Jahren ist der Psychiater und Neurologe im Alter von 92 Jahren verstorben.

Das Gespräch von Inge Patsch mit Erika Pluhar anlässlich der 25. Todestages von Viktor Frankl wurde bei der Tagung „Und?…Trotzdem!“ im Innsbrucker Haus der Musik aufgezeichnet.

Viktor Frankl

Am 2. September 1997 verstarb der Wiener Psychiater und Neurologe im Alter von 92 Jahren in Wien. Die Logotherapie und Existenzanalyse, die er begründet hat, diese „Sinn-Lehre“, ist vielen Menschen zur Lebenshilfe geworden.

In den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten verlor der zeitlebens gläubige Jude Viktor Frankl seine erste Frau, seinen Vater, seine Mutter und seinen Bruder. Er selbst überlebte die verschiedensten Konzentrationslager – darunter auch Auschwitz. Über seine Erfahrung in den Vernichtungslagern der Nazis schrieb Viktor Frankl das Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen“, das weltweit millionenfach verkauft wurde. Professor Viktor Frankl gehört neben Sigmund Freud und Alfred Adler zu den drei großen Wiener Psychologen.

Viktor Frankl
Katharina Ratheiser
Viktor Frankl

Erika Pluhar

Erika Pluhar ist Kammerschauspielerin, Sängerin und Schriftstellerin. Pluhar war bis 1999 Schauspielerin am Burgtheater in Wien. Sie textet und interpretiert Lieder, hat Filme gedreht und zahlreiche Bücher veröffentlicht. 2009 erhielt sie den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln. 2019 wurde sie mit der Platin-Romy für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.

Erika Pluhar
Christina Häusler
Erika Pluhar

Inge Patsch

Inge Patsch ist Logotherapeutin. 2001 gründete sie das Tiroler Institut für Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor Frankl und war 20 Jahre lang dessen Leiterin. Inge Patsch hat mehrere Bücher veröffentlicht.

Inge Patsch
Privat
Inge Patsch

Leben in Zeiten von Pandemie, Krieg und Einsamkeit

Zum Gedenken an Viktor Frankl veranstaltete das Tiroler Institut für Logotherapie und Existenzanalyse an seinem 25. Todestag im Innsbrucker Haus der Musik eine große Tagung. Dabei führte Inge Patsch, die Gründerin des Instituts, mit Erika Pluhar ein Gespräch über das Leben in Zeiten von Pandemie, Krieg und Einsamkeit. Inge Patsch sieht im „Trotzdem“ die große Gemeinsamkeit von Psychiater Viktor Frankl und Erika Pluhar.

Ohne bis dahin Viktor Frankls Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen“ gelesen zu haben, hat Pluhar nach eigener Aussage den Begriff „Trotzdem“ ganz unabhängig für sich entwickelt. „Weil ich erkannt habe, dass das eine Begriff ist, der nicht ein Ziel anpeilt, sondern der einem die Schritte vorgibt – die Schritte in die für einen selbst richtige Richtung. Und ich bin immer der Meinung, dass dies das Wesentlichste ist, das wir tun können: Selbst verantwortungsvoll die eigenen Schritte in die richtige Richtung setzen.“

Suche nach dem Sinn des Lebens

Viktor Frankl: „Der Mensch will Sinn finden und Sinn erfüllen in seinem Leben. Letzten Endes kann ein Mensch ohne die Vision, ohne Ausblick auf einen Sinn, gar nicht existieren.“

Frankl hat die Suche nach dem Sinn des Lebens zum Thema seines Lebens und seiner Wissenschaft gemacht. Er war überzeugt, dass das Leben in jeder Lebenssituation einen Sinn bereithält, sodass die Kunst des Lebens darin besteht, diesen oft verborgenen Sinn zu entdecken.

Viktor Frankl: „Wer ein Warum zu leben hat, der erträgt fast jedes Wie. Das heißt: Wer ein Ziel vor Augen hat, wer eine Aufgabe vor sich hat, von der er glaubt, dass sie drauf wartet, dass er und er allein sie erfüllen möge, wer mit anderen Worten einen Sinn in seinem Leben sieht, der ebenfalls darauf wartet, dass er ihn erfüllt, der kann Leiden ertragen.“

Viktor Frankl Museum Wien
Apollonia Theresa Bitzan
Viktor Frankl Museum Wien

„Einsam sein können“

Erika Pluhar: „Der Begriff Zeitenwende stimmt ganz einfach, etwas grundlegendes hat sich für uns Menschen verändert. Nach der Pandemie kommen Menschen nun dorthin, wo sie etwas für ihre Seele erfahren, wo sie etwas erfahren, was mit ihrem Dasein, mit ihrem Menschsein zu tun hat.“

Erika Pluhar will diese Zeit, wo es zuerst den Lockdown gab, dann der Krieg kam und jetzt obendrein alles von der Klimakatastrophe überschattet wird, als einen Aufruf verstehen: „Als eine wirkliche Anforderung an uns Menschen, uns grundlegend unserer menschlichen Existenz ganz neu bewusst zu werden“

Erika Pluhar hält es für wichtig sich bewusst zu machen, dass man ein Mensch ist, der letztlich auch alleine ist, ein Einzelwesen, ein lebendiges einzelnes Geschöpf. Sie beschäftige sich mit ihren 83 Jahren gerade sehr mit dem Versuch, allein sein zu können. Es ist wunderschön, wenn man miteinander sein kann, und wenn man etwas teilen kann, „aber ich glaube im Wort ‚Gemeinsamkeit‘ steckt auch der Begriff ‚Einsamkleit‘. Und dieses einsam sein können und auch wollen und auch bejahen ist in unserer Tagen so wesentlich. Dann finden wir auch eine Gemeinsamkeit, mit der wir es vielleicht schaffen, dass wir uns belehrbar und veränderbar werden lassen“.

Ein Ver-Antworten des Lebens

Der Begründer des Logotherapie Viktor Frankl hat einmal gesagt „All unser Sein ist ein Antworten – ein Ver-Antworten des Lebens.“ Und von ihm stammt auch folgender Gedanke: „Was uns vorwärtsführt und weiterhilft, was uns geleitet und leitet, das ist: Verantwortungsfreude.“

Sendungshinweis: „Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 10. September 2022, 13.00 bis 14.00 Uhr

Erika Pluhar sagt, das Wissen um die Verantwortlichkeit sei ihr wichtig. Im Wort Verantwortung steht das Wort Antwort. „Ich denke die Antwort auf unser in die Welt geworfen sein, ein Geschöpf sein dürfen, ein Dasein zu haben, ist auch dafür verantwortlich zu sein,“ Das beginne im Kleinen, wenn man keinen Krieg will, gilt es selbst keine kleinen Kriege zu führen.