Straße im Sonnenuntergang
lassedesignen – stock.adobe.com
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„Focus“

Wie die Mobilität der Zukunft aussehen kann

Wie schaut die Mobilität der Zukunft aus – darüber sprach der Zukunftsforscher Stefan Carsten bei den Kleinwalsertaler Dialogen. Klar sei auf jeden Fall, dass das Auto in Zukunft immer unwichtiger wird und nur noch sporadisch genutzt wird.

Keiner weiß, wie sich der Verkehr entwickeln wird, doch eines ist gewiss: So wie heute wird die Mobilität in 15 Jahren nicht mehr aussehen. Der Druck, den Straßenverkehr ökologischer zu gestalten wird größer. Viele Mitglieder der Generation Y greifen auf alternative Methoden zurück – insbesondere bei der Autotechnik. Es kommt zu einer Ökologisierung der Antriebe. Das ist aber nicht genug, denn die Zahl der Fahrzeuge nimmt derzeit immer noch zu.

„Mobilität neu“
Es gibt viele Vorstellungen, wie die Mobilität in Zukunft aussehen kann und soll. Und die Kleinwalsertaler Dialoge haben genau diese Ideen unter dem Motto „Mobilität neu“ gesammelt und diskutiert.

Einer der Referenten bei den Kleinwalsertaler Dialogen war Autor, Zukunftsforscher und Stadtgeograph Dr. Stefan Carsten aus Berlin. Carsten analysiert seit über 20 Jahren die wichtigsten Trends und Entwicklungen der Mobilität.

Mobilitätsräume statt Autostraßen

Seine erste These ist: „Wir müssen vom Denken der Autostraßen wegkommen – hin zu Mobilitätsräumen.“ Flächen müssen künftig anders genutzt werden. Carsten zeigt es anhand von Beispielen europäischer Großstädte wie Kopenhagen oder Paris auf, wo Autos zumindest aus den Zentren verbannt werden, um Fahrradfahrern und öffentlichen Verkehrsmitteln mehr Platz zu geben. Jede Investition in den Fahrradverkehr bringe der Gesellschaft Geld, weil die Gesundheitskosten dramatisch reduziert werden. Auch Lastenräder würden immer bedeutender. Das Paket-Dienstunternehmen UPS wird etwa seine Transporte in München heuer komplett auf Lasten-Fahrräder umstellen.

Parkplätze gestrichen

In Brüssel etwa hat man einen riesigen Parkplatz umgestaltet, die Parkplätze gestrichen und einen Ort der Kommunikation geschaffen, einen Ort an dem Kinder spielen und zu dem die Menschen mit der Straßenbahn kommen. Davon profitiere vor allem der Einzelhandel, sagt Zukunftsforsche Stefan Carsten. Die Mähr, man brauche Parkplätze für den Einzelhandel, um Umsätze zu generieren, sei hier ins Gegenteil umgekehrt worden. Diese Idee stimme einfach nicht – und das weiß man laut Carsten seit vielen Jahren. In China geht man noch weiter. Dort entsteht gerade eine Millionen-Stadt, in der es keine Autos und nicht mal Straßen geben wird, dafür Hochgeschwindigkeitszüge, Platz für Fußgänger und für autonom fahrende Kapseln.

Sendungshinweis: „Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 11. September 2022, 13.00 bis 14.00 Uhr

„Seamless Mobility“

Ein neues Schlagwort heißt „Seamless Mobility“ – das beschreibt die nahtlos aufeinander abgestimmte Mobilitätskette von verschiedenen Mobilitätsanbietern – öffentlichen wie privaten. Das Auto wird dabei in Zukunft jedenfalls unwichtiger und nur mehr sporadisch genutzt. Das haben Umfragen unter der jungen Generation ergeben. Sie will ganz flexibel mobil sein, je nach Verfügbarkeit, je nach Wetterlage, je nach Unternehmung.

Öffentlicher Verkehr als Rückgrat der Mobilität

Der öffentliche Verkehr ist für Carsten auch weiterhin das soziale und nachhaltige Rückgrat der Mobilität. Und Öffis machten sich bezahlt. In Deutschland würde ein kostenfreier ÖPNV im Jahr zwölf Milliarden Euro kosten. Carsten setzt das in Vergleich: Die wichtigsten staatlichen Subventionen im Verkehrssektor sind Pendlerpauschale, das Dienstwagenprivileg und die Dieselbesteuerung – zusammen machten sie jährlich 17 Milliarden Euro aus, also kein Vergleich zu den zwölf Milliarden für Gratis-Öffis, so Carsten. Der ÖPNV müsse sich künftig aber öffnen und neue Trends, wie etwa Scooter, integrieren, regt Carsten an.

Eine weitere Zukunftsvision ist gerade dabei ganz real in der Gegenwart umgesetzt zu werden, nämlich das autonome Fahren. Lkw, Busse, Autos bei denen niemand hinter dem Steuer im eigentlichen Sinn sitzt – mit all seinen Chancen und Risken.

Zur Person:

Stefan Carsten ist Autor, Zukunftsforscher und Stadtgeograph in Berlin, der in seiner Arbeit die Themenfelder Zukunft, Stadt und Mobilität kombiniert. Er analysiert seit über 20 Jahren die wichtigsten Trends und Entwicklungen der Mobilität und sitzt im Beitrat des deutschen Verkehrsministeriums, wo er strategische Leitlinien für den öffentlichen Verkehr entwickelt. Gemeinsam mit dem Zukunftsinstitut von Matthias Horx in Frankfurt am Main gibt er den jährlichen Mobilitätsreport heraus.

Stefan Carsen
Lukas Galantay
Stefan Carsten ist Autor, Zukunftsforscher und Stadtgeograph in Berlin