Eine Frau hält Geldscheine in der Hand
APA/dpa/Christin Klose
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„Focus“

Finanzielle Unabhängigkeit von Frauen

Zu Gast in der Sendung „Focus“ ist Soziologin und Finanzexpertin Birgit Happel. Mit ihrer Plattform „Geldbiografien“ bettet sie finanzielle Bildung und finanzielle Gleichstellung in gesellschaftliche und biografische Zusammenhänge ein. Happel engagiert sich seit Jahren für finanzielle Inklusion, „female Empowerment“ und Chancengleichheit.

Drei Tage vor dem Weltfrauentag werfen wir einen genauen Blick auf die finanzielle Situation von Frauen, denn jede zweite Frau kann ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten. Oft ist es eben immer noch so: der Mann bringt das Geld nach Hause. Bei 71 Prozent der Frauen reicht das Einkommen nicht aus, um Rücklagen zu bilden. Was aber bleibt dann noch, wenn jede zweite Ehe geschieden wird? Dann kommt oft zum emotionalen Stress darüber hinaus ein finanzieller Scherbenhaufen.

Die deutsche Soziologin und Finanzexpertin Dr. Birgit Happel berät Frauen seit rund 20 Jahren, wie sie finanziell unabhängig sein können. Bei ihrem Vortrag Mitte Februar in der Stadtbibliothek Dornbirn machte sie deutlich, dass Frauen sich ja auch die finanzielle Unabhängigkeit wünschen – sie ist aber noch lange nicht Realität: Eine repräsentative Umfrage hat ergeben, dass zwar 94 Prozent der befragten Frauen einen finanzielle Unabhängigkeit zwar sehr wichtig fanden, aber nur jede zweite Frau gab auch an, finanziell unabhängig zu sein.

Birgit Happel
Alexandria Singler
Soziologin und Finanzexpertin Birgit Happel

Gute Kinderbetreuung wichtige Voraussetzung

Frauen übernehmen einen großen Teil der unbezahlten Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeit, sie sind überdurchschnittlich oft in Teilzeit beschäftigt, sie arbeiten oft im Niedriglohnsektor und können so ihre eigenständige Existenzsicherung nicht immer aufrechterhalten. Hauptüberschuldungsfaktoren sind Arbeitslosigkeit, Einkommensarmut, Krankheit und Scheidung und nicht etwa ein schlechter Umgang mit Geld oder das Konsumverhalten. Eine wichtige Voraussetzung zur finanziellen Unabhängigkeit für Frauen ist auch eine gute Kinderbetreuung. Österreich hat allerdings eine der niedrigsten Quoten frühkindlicher Betreuung in der OECD.

Sendungshinweis: „Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 5. März 2022, 13.00 bis 14.00 Uhr

Wie sollen Frauen nun also am besten auf ihre finanzielle Unabhängigkeit schauen? Happel rät jedenfalls eine strategische Finanzplanung zu erstellen und Aktien, die Frauen oft scheuen, sollten sie durchaus in Erwägung ziehen. Frauen unterschätzen sich da oft. Man hat festgestellt, dass Frauen gar kein schlechteres Finanzwissen haben als Männer, sie schätzen es nur falsch ein, sie haben ein zu kleines finanzielles Selbstvertrauen sagt Happel. Innere Glaubenssätze wie „Börse ist ja nur für reiche Leute!“ oder „Das lohnt sich erst ab großen Beträgen“ müsste Frau überdenken. Wenn Frauen an die Börse gehen haben sie oft mehr Erfolg als Männer – unter anderem weil sie vorsichtiger agieren. Frauen machen weniger Transaktionen, sie neigen weniger zum Trading und zur Selbstüberschätzung.

Sicherheit – Rentabilität – Liquidität

Wo soll Frau denn aber nun am besten anlegen und Aktien kaufen? Die Finanzexpertin hat ein paar konkrete Tipps. Da gilt es an das sogenannte „magische Dreieck der Geldanlage“ zu denken: Sicherheit – Rentabilität und Liquidität. Diese drei Faktoren werden immer öfter eingebettet in ein neues Nachhaltigkeitsverständnis, also in ein Öko-Bewusstsein. Grüne Aktien, sagt Birgit Happel, werden immer wichtiger. Entscheidend ist eine sinnvolle Risikostreuung.

Was man im Hinterkopf haben muss ist, dass man einen langen Anlagehorizont, von etwa zehn Jahren, braucht. Happel rät Frauen also darüber nachzudenken zumindest einen Teil, den man nicht unmittelbar braucht, in Aktion/Aktienfonds /ETF’s anzulegen. Bei normalem Aktienfonds oder ETF’s kann man mit 50 Euro im Monat keinen großen Fehler machen, sagt sie – wenn man berücksichtigt, dass man den Anlagehorizont einhält. Wichtig ist es auf eine gute, seriöse und tunlichst unabhängige Beratung zu setzen.

Der Vortrag der Soziologin und Finanzexpertin Birgit Happel wurde Mitte Februar im der Stadtbibliothek Dornbirn aufgenommen. Die Reihe „Let’s talk Money“, die in Kooperation mit der Dornbirner Sparkasse veranstaltet wird, beschäftigt sich am Weltfrauentag am kommenden Dienstag auch mit dem Thema Frauenarmut. Eine Expertin des Instituts für Sozialdienste zeigt typische Armuts-Fallen auf, aber auch Vorsorgemöglichkeiten.