Wie verhalten wir uns im beruflichen Umfeld? Fordern Frauen seltener Gehaltserhöhungen? Oder werfen wir alle unsere moralischen Bedenken über Bord, wenn nur genügend Geld lockt? Diese Fragen hat der gebürtige Harder Verhaltensökonom Matthias Sutter erforscht und er stellt seine teils verblüffenden Ergebnisse in diesem Vortrag vor.
Im neuen Buch von Verhaltensökonom Matthias Sutter kommen Werte vor wie Vertrauen, Loyalität, Ehrlichkeit, und sogar die Moral wird angesprochen, denn viele Situationen im Berufsalltag haben eine moralische Dimension.
Sendungshinweis: „Focus“ – Themen fürs Leben bei ORF Radio Vorarlberg, 11. September 2022, 13.00 bis 14.00 Uhr
Moral im Business
Moralische Standards werden hart auf die Probe gestellt, wenn es um sehr viel Geld geht. Sobald ein möglicher Gewinn im Raum steht, greifen Menschen schneller zu Unwahrheiten, schrecken aber davor zurück, wenn dadurch ein größerer Schaden beim Belogenen entsteht. Wenn es aber hart auf hart kommt, zählen die eigenen Vorteile deutlich mehr als mögliche Nachteile für andere Personen. Auf einem Markt ist moralisches Handeln weniger ausgeprägt als in der Einzelentscheidung.
Teamwork
Ein Forschungsschwerpunkt von Professor Sutter ist das Teamwork. Bei einer Kooperation sollten alle – im Normalfall – an einem Strang ziehen und das Gemeinwohl im Auge behalten, anstatt an die eigenen Interessen zu denken. Es gibt allerdings immer Trittbrettfahrer, Leute sich auf dem Rücken der anderen quasi ausruhen. Gute Organisation kann Trittbrettfahrerverhalten vermeiden, insbesondere wenn die Teammitglieder mitentscheiden können, weil Mitsprache die Motivation steigert.
Vorbildliches Verhalten
Menschen verhalten sich gerne so wie andere Personen, die in ihrem Leben wichtig sind. Führung funktioniert nur durch gutes Beispiel-Geben. Wenn Führungspersonen erwünschtes Verhalten selbst vorleben, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Personen in einem Unternehmen dieses Verhalten nachahmen. Matthias Sutter zitiert Mahatma Gandhi: „Wir selbst müssen den Wandel vorleben, den wir von der Welt erwarten.“
Vertrauen und Kontrolle
Das Ausüben von Kontrolle und damit das geringere Ausmaß an Vertrauen wirkten negativ auf die Arbeitsmotivation der Arbeitnehmer. Ein Vertrauensvorschuss gegenüber Arbeitnehmern zahlt sich hingegen im Regelfall aus. Das entgegengebrachte Vertrauen schafft große Anreize, dafür „etwas zurückzugeben“, sich für den Arbeitgeber auch anzustrengen.
Frauen scheuen den Wettbewerb
Studien haben aufgezeigt: Frauen setzen sich weniger gern einem Wettbewerb aus als Männer. Da würde – sagt Professor Sutter, der von seinem Studienergebnis selbst überrascht wurde – eine Quotenregelung helfen. Durch eine Quote stellen sich insbesondere die bestqualifizierten Frauen einem Wettbewerb, was deren Aufstiegschancen verbessert. Das Gerede von unterqualifizierten Quotenfrauen ist laut Sutter empirisch nicht belegbar.
Frauen fürs Überleben von Unternehmen wichtig
Es hat sich in Studien von Professor Matthias Sutter auch gezeigt, dass Diversität für Unternehmen wichtig wäre, es also auch wichtig wäre, ausreichend Frauen anzustellen. Start-up-Unternehmen überleben nämlich weniger lang, wenn ihr Frauenanteil deutlich tiefer als im Schnitt in der jeweiligen Branche ist. Ein unterdurchschnittlicher Frauenanteil dürfte ein Zeichen für Verzerrungen in der Personalauswahl sein.
Buchtipp:
Der menschliche Faktor – oder worauf es im Berufsleben ankommt, Hanser-Verlag, 2022