Psychiater Reinhard Haller
ORF Vorarlberg
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„Focus“

Reinhard Haller: Beschuldigen und beschämen

In der Sendung „Focus“ sprechen Psychiater Reinhard Haller und Buchautor Franz-Josef Köb über Ursachen, Folgen und Formen von Scham und Schuldzuweisung.

Dr. Reinhard Haller, Psychiater und Buchautor Dr. Franz-Josef Köb, moderiert und organisiert die Vortragsreihe „Wissen fürs Leben“ für die Vorarlberger Arbeiterkammer zum Thema „Beschuldigen und beschämen“.

Schuldzuweisung, an den Pranger stellen, an den Pranger stellen, abwerten, üble Nachrede, Besserwisserei, Sündenbock, Rufmord. „Wir leben ein bisschen in einer Beschämungskultur, denken aber zu wenig darüber nach, was Schuldzuweisungen mit den Opfern machen“, sagt Psychiater Dr. Reinhard Haller. Es wäre sehr schön , wenn die Würde wieder mehr beachtet würde.

Die Menschen haben heute viel Vitalkraft, die sich in wirtschaftlichen, sportlichen und kulturellen Leistungen niederschlägt, aber sich auch in Schuldzuweisungen niederschlägt, findet Haller. Was bringt Schuldzuweisung dem Ankläger? Jeder Mensch hat in sich gute und böse Anteile, wenn wir andere Menschen betrachten, sehen wir oft nur das Schlechte. „Es ist ein Kennzeichen unserer Gesellschaft, dass die Scham ein Stück weit verloren gegangen ist und das macht das Tor auf für die Beschämung.“

„Wir brauchen die Scham als Schutzfaktor, damit wir unseren eigenen Narzissmus, wozu auch das Beschämen anderer Menschen gehört, nicht schamlos ausleben. Scham schützt die Intimität des Menschen. Scham heißt, es ist etwas passiert, wobei ich selbst gegen mein eigenes Selbstbild verstoßen habe. Kränkung dagegen kommt von außen, ich bin von außen verletzt worden. Beschämung ist eine Form der Kränkung. Die Scham ist verloren gegangen und macht das Tor auf für die Beschämung. „Mir würde mitschämen besser gefallen als fremdschämen, weil darin der Aspekt des Mitleidens und Mitfühlens beinhaltet ist“, sagt Haller.

Sendungshinweis: „Focus – Themen fürs Leben“ bei ORF Radio Vorarlberg, 17. Juli 2021, 13.00 bis 14.00 Uhr

Man müsste die Aufmerksamkeit mehr auf die Opfer der Hasspostings richten als auf die Hasspostings selbst.“ Menschen, die andere im Internet niedermachen, das sind nicht die Starken.

Haller spricht sich für ein Abrüsten in der Sprache, für eine Verwendung einer ausgewogenen Sprache aus. Es würde der Menschenwürde entgegenkommen „Es würde sehr schön sein, wenn die Würde wieder mehr beachtet würde.“