Eine Frau sitzt verzweifelt vor dem Computer, ihre zwei Kinder toben um sie herum.
©Konstantin Yuganov – stock.adobe.com
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„Focus“

Gender Studies: Arbeitsteilung in der CoV-Krise

Die beiden Genderexpertinnen Gerlinde Mauerer und Katharina Mader sind am Samstag in „Focus“ zu Gast. Sie sprechen darüber, wie sich die CoV-Krise auf die Arbeitsaufteilung zwischen Mann und Frau auswirkt und was Männer oft noch davon abhält, unbesorgt in Väterkarenz zu gehen.

Sendungshinweis:
„Focus – Themen fürs Leben“
Samstag, 16. Jänner 2021
13.00 bis 14.00 Uhr
ORF Radio Vorarlberg

Jeder fünfte Vater geht in Österreich in Väterkarenz. Dieser Anteil blieb in den letzten Jahren konstant. „Wenn Väter in Karenz gehen, bekommen sie eine hohe gesellschaftliche Anerkennung dafür. Wenn Mütter voll arbeiten, hat das dagegen eher den Beigeschmack einer Mutter, die nicht verantwortungsvoll genug mit ihren familiären Aufgaben umgeht“, sagt die studierte Soziologin und Philosophin Gerlinde Mauerer.

Väter, die in Karenz gehen, sind durchschnittlich 37 Jahre alt, verdienen gut und haben einen hohen Bildungsgrad. Die Phasen der Väterkarenz werden als Ausnahme gesehen. Väter, die sich für eine Vaterkarenz entscheiden, möchten einen aktiven Part einnehmen und eine engere Beziehung zum Kind aufbauen.

Unterschiede durch klassische Rollenbilder

Väter in Karenz werden laut Mauerers Erfahrungen öfter von ihrer Firma unterstützt, bekommen beispielsweise ein Notebook, um ein paar Stunden von zuhause zu arbeiten. Mütter werden oft über Jahre in Teilzeitarbeit „gehalten“ und sind oft gar nicht für Vollzeitstellen vorgesehen.

„Wenn Väterkarenzen selbstverständlicher werden, könnte es zum Umdenken kommen. Männer sind dann nicht mehr die sichere Bank und Frauen nicht mehr die unsicheren Mitarbeiterinnen, die schwanger werden und – wenn überhaupt – nur mit wenigen Stunden zurückkommen. Mehr Gerechtigkeit beim Aufteilen der Jobs in der Familie könnte entstehen“, sagt Gerlinde Mauerer. Väter, die in Väterkarenz waren, stärken ihre soziale Kompetenz.

Gerlinde Maurer
Privat
Neben ihrer Tätigkeit als Lektorin ist Gerlinde Mauerer auch Mitarbeiterin im Verein „Frauenhetz“

Zur Person:

Gerlinde Mauerer ist Lektorin am Institut für Soziologie an der Universität Wien und in Fachhochschulstudiengängen. Ihre Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind Gesundheits- und Medizinsoziologie, Gender Studies sowie kritische Perspektivenbildung hinsichtlich der Anwendung neuer Technologien im Gesundheitswesen.

Frauen durch Lockdown mehr belastet

Die Ökonomin Katharina Mader von der Wirtschaftsuniversität Wien wollte zusammen mit einer Kollegin wissen, wie sich der Lockdown ausgewirkt hat und wer die zusätzlichen Belastungen übernehmen musste. Alleinerzieherinnen haben 15 Stunden täglich gearbeitet, neun Stunden davon unbezahlt.

Aber auch Frauen in Paarhaushalten waren durch geschlossene Schulen und Kindergärten und das Fehlen der Betreuung durch die Großeltern stark belastet. Die Männer waren im Vergleich deutlich weniger belastet.

Positiv wertet sie, dass beim zweiten Lockdown politische Diskussionen über das Offenhalten der Schulen und Kindergärten stattgefunden haben, in einer Art, wie es sie vor dem ersten Lockdown nicht gab.

Wenig Wertschätzung für „unbezahlte Arbeit“

Auffällig bei Berufen mit hohem Frauenanteil ist die Nähe der Tätigkeiten zur unbezahlten Arbeit, sagte Mader. Das betrifft den Pflegebereich, die Reinigungsbranche, teilweise aber auch die Kindererziehung.

„Man schätzt diese Arbeit im unbezahlten, eigenen Haushalt nicht wert und deshalb auch nicht auf dem Arbeitsmarkt. Man unterstellt, dass es kaum beziehungsweise keine Ausbildung braucht, um diese Tätigkeiten auszuführen – die Frauen können es ja auch daheim“, sagt Mader.

Katharina Mader
Pamela Rußmann
Katharina Mader ist Ökonomin am Institut für Heterodoxe Ökonomie in Wien

Zur Person:

Katharina Mader ist Assistenzprofessorin am Institut für institutionelle und heterodoxe Ökonomie der Wirtschaftsuniversität Wien. Heterodoxe Ökonomie umschreibt Ansätze und Schulen ökonomischer Theorien, welche außerhalb des ökonomischen „Mainstreams“ liegen und nicht als „orthodoxe“ oder „konventionelle Ökonomie“ bezeichnet werden können. Ihre Forschungsschwerpunkte sind feministische und politische Ökonomie, Care Ökonomie sowie Wirtschaftspolitik und Gender.