Reden über Schuld und Verantwortung

Der Buchautor Torsten Hartung spricht in der Sendung „Focus" über zum Thema: „Ich habe gegen alle Gebote verstoßen. Es tut mir leid. Gott, schick mir ein neues Leben.“

Sendehinweis:

  • Focus, 5.12.2015, 13.00 bis 14.00 Uhr, ORF Radio Vorarlberg
  • 10.12.2015, 21.00 bis 22.00 Uhr, ORF Radio Vorarlberg (WH)

Es ist ein Vortrag, der berührt, den Torsten Hartung im Kulturhaus Dornbirn gehalten hat. Er erzählt, dass er in einer atheistischen Familie in der DDR aufgewachsen sei. In der Wallfahrtskirche von San Salvador („Heiliger Erlöser“) auf Mallorca schreibt er auf einen Kassabonzettel die Zeile: „Ich wünsche mein Leben in Glück“ und wirft den Zettel zwischen Gitterstäben zu den anderen Pilger-Bittgesuchen. Es sei eher in der Stimmung von „Wünsch dir was“ geschehen, wenngleich seine Not groß und die Stimmung dort sehr angenehm gewesen sei.

Die Sendung zum Nachhören:

„Der bösartigste Mensch“

Er habe in seinem ganzen Leben keinen bösartigeren Menschen kennengelernt als sich selbst, sagt Hartung. Er sei in einer gewalttätigen Familie aufgewachsen. Familienprobleme habe man mit Gewalt gelöst. Der Vater habe die Mutter geschlagen, sie wiederum konnte sich nicht erwehren und schlug ihre vier Kinder.

Focus Torsten Hartung

Markus Pletz

Torsten Hartung

Torsten ist der Zweitälteste. Er belegt diese an ihm und seinen Geschwistern angetane Gewalt mit vielen Einzelbeispielen. Auch jenes, wo er so viele Ohrfeigen bekam, bis beide Trommelfelle zerstört waren. Oder auch als die Mutter ihrem Sohn vorwarf, sie werde sich das Leben nehmen, weil er an allem schuld sei.

Das „zerbrochene“ Urvertrauen

„Bei der Ankunft auf dieser Welt bekommen wir eine Art Urvertrauen mit“, sagt Hartung. Vater und Mutter haben die Pflicht, dieses Beziehungsgeflecht zu stärken. Seine Eltern seien auf Grund ihrer eigenen Lebensgeschichte offensichtlich nicht dazu in der Lage gewesen. Er habe von ihnen nur gehört, er sei ein Taugenichts, zu nichts zu gebrauchen, ein Unfall, er sei hässlich, erinnert sich Hartung. Dieses Urvertrauen sei in ihm zerbrochen. Es sei auch das Gefühl für Gerechtigkeit in ihm zerbrochen.

Der Pausenclown

Er sei auffällig geworden in der Schule. Kein Eis zu dünn, kein Baum zu hoch. Mit zehn Jahren habe ihn sein Vater fast totgeschlagen. Er habe so viel Zorn in sich drin gehabt, dass er sich nichts gefallen ließ und Schulkollegen umgehauen habe. So habe er Aufmerksamkeit gewonnen. Er habe die Menschen zu Schlägereien herausgefordert. Er habe das immer mit dem Satz begonnen: " Wenn du gewinnen willst, musst du mich totschlagen". Es sei ein unbewusstes Gefecht mit seinem Vater gewesen. Der beste Straßenschläger sei der gewesen, der nicht auf sich Rücksicht nahm.

Mit 18 zum ersten Mal im Gefängnis

Hartung erhielt eine Strafe von neun Monaten, es folgten weitere Entlassungen und Gefängnisaufenthalte. Das einzige, was sich steigerte, sei das Strafmaß gewesen, sagt er. „Kann ich lieben, wenn ich das Lieben nie gelernt habe“, fragt er. Er habe von seinen Eltern aber auch positive Dinge mitbekommen: Er sei immer arbeitsam, strebsam und ordentlich gewesen.

Der Autoschieber

Hartung gerät in die Fangarme der russischen Autoschiebermafia. Er verschob Luxuskarossen. Die Organisation wuchs auf 54 Menschen an. Er verdiente dabei pro Woche 90.000 Dollar. Die Russen stellten ihm und seiner Bande eine Villa samt Prostituierten und Kokain zur Verfügung. Einer der Gruppe machte ihm seine Position streitig. Hartung entschied sich, ihn zu töten.

Zwischenbilanz und das „Wunder“ im Gefängnis

Hartung begann, sich Fragen zu stellen und suchte innerhalb seiner Lebensgeschichte. Er hörte eine Stimme und fragte sich, was das gewesen sein könnte. Er fragte in der Psychologie, der Parapsychologie und der Phänomenologie nach. Für Hartung war es die Stimme Gottes, die zu ihm sprach. Seit damals ist er ein von Gott verrückter Mensch.

„Ich hatte meine Schuld bekannt und gesagt, dass es mir leid tut und ER hat mir vergeben.“ Nach der Entlassung im Jahr 2006 begann er, sich um straffällige Jugendliche zu kümmern. Das war eine der Botschaften, die er vernommen habe. „Geh ins Gefängnis“, sagte ihm die Stimme, die er die Stimme Gottes nennt, und er ging nach seiner Entlassung zurück, um zu helfen. Inzwischen lebt er mit seiner Frau in einem Haus mit straffälligen Jugendlichen zusammen, um ihnen eine Perspektive auf ein anderes Leben zu eröffnen.

Zur Person:

Torsten Hartung, Jg.1960, gelernter Dachdecker. Geriet früh auf die schiefe Bahn, viele Jahre verbrachte er im Gefängnis. 2006 wurde er entlassen. Heute kümmert er sich um jugendliche Straftäter und hilft Migranten bei der Integration.

Literatur zur Sendung:

Torsten Hartung/Christoph Fasel, Du musst dran glauben. Vom Mörder zum Menschenretter. adeo Verlag.

Musik:

CD* DAS GROSSE FRIEDRICH GULDA DOPPELALBUM („OP.POSTH.“)
T* Beyond - There is Serenity
G* Consonanza Personale
S: Friedrich Gulda/Klavier,Altblockflöte
S: Limpe Fuchs/Stimme,Trommeln,Ballastsaiten

CD* MOONDOG
T* Tap dance/instr.

S: Moondog/Trommeln
NI: Ray Malone/Steptanz

G* PERENNE
T* Ciondolina

A: Augusto Collettini
A: Stefano Principini