Der ‚neue‘ Mensch. Verbessert oder selbstoptimiert?

Welche Menschen wollen wir? Dazu spricht diese Woche in „Focus“ Dr. Johann S. Ach vom Centrum für Bioethik an der Universität Münster.

Sendung zum Nachhören:

Sendehinweis:

„Focus“, Samstag, 26.9. 2015, 13.00 bis 14.00 Uhr
Donnerstag, 1.10.2015, 21.00 bis 22.00 Uhr(WH).

„Die Pflicht des Menschen gegenüber seiner Natur ist dieselbe wie seine Pflicht gegenüber der Natur aller übrigen Dinge,
nämlich nicht ihr zu folgen, sondern sie zu verbessern.“ (Zitat von John Stuart Mills aus dem Essay „On nature“)

Sowohl wissenschaftlich als auch gesellschaftlich gesehen höchst brisant, galt der Diskurs beim heurigen Philosophicum Lech den diversen Optimierungsstrategien und Perfektionierungsfantasien infolge neuester technologischer Entwicklungen.

Enhancement (engl.) meint „die Verbesserung“

Der Debatte über das sogenannte Enhancement – was so viel heißt wie die Erweiterung menschlicher Fähigkeiten durch operative, biochemische oder gentechnische Eingriffe - widmete sich Johann S. Ach: Bei der Frage des „Enhancement“ geht es doch um die Frage, ob sich der Mensch technisch verbessern darf, ob er angesichts der Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, vielleicht sogar muss, darum, ob es vielleicht eine moralische Pflicht zur Verbesserung der Menschheit gibt, leitet Johann S. Ach seinen Vortrag ein.

Optimieren oder perfektionieren und verbessern?

Als Optimierungs- oder Perfektionierungshandlung lassen sich solche Verbesserungshandlungen bezeichnen, die auf einen bestimmten vorab definierten Endzustand ausgerichtet sind, sagt Johann Ach. Im Verbessern geht es nur um die Richtung einer Veränderung, beim Optimieren um die Vorstellung eines vorgestellten End- oder Zielzustands.

Enhancement meine die Verbesserung, die sich auf ein bestimmtes Objekt richte, nämlich auf die physischen und psychischen Eigenschaften sowie Funktionen von Menschen. „Das Objekt, auf das sich Enhancement Maßnahmen beziehen, ist der Mensch selbst“, betont Johann Ach. „Steht auf der einen Seite die Forderung nach dem Respekt des Gegebenen und Natürlichen, steht auf der anderen Seite der Wunsch nicht der zu werden, der man immer schon war, sondern derjenige, zu man sich aktiv und kreativ macht“, unterstreicht Ach.

Bewahren oder verändern?

Ob es die Natur des Menschen nicht zu bewahren, sondern vielmehr zu verändern und zu gestalten gelte, sei hochgradig umstritten, mahnt Ach. Bei aller Unterschiedlichkeit der philosophischen und theologischen Betrachtungen sei man sich einig gewesen, dass die Natur und das Wesen des Menschen die Grundlage seien.

Eine ethische Bewertung

Für die ethische Bewertung solcher Verbesserungsmaßnahmen seien folgende vier Aspekte entscheidend:
„Ob das Recht auf eine offene Zukunft von Ungeborenen und Kindern gewahrt bleibt, ob das Recht auf Selbstbestimmung respektiert wird, ob die Freiheitsspielräume von Betroffenen nicht über Gebühr eingeschränkt werden und viertens, ob dadurch keine gravierenden sozialen und ökonomischen Ungleichheiten geschaffen werden“, resümiert Johann Ach.

Dozent Dr. Johann Stefan Ach hat den Vortrag „Welche Menschen wollen wir? Ethik und Enhancement“ beim 19. Philosophicum Lech gehalten.

Zur Person:

Privatdozent Dr. Johann Stefan Ach

Habilitation („Praktische Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Angewandten Ethik“) seit 2009 Wissenschaftlicher Koordinator der DFG-Kolleg-Forschergruppe „Theoretische Grundfragen der Normenbegründung in Medizinethik und Biopolitik“ an der Universität Münster
seit 2003 Geschäftsführer des Centrums für Bioethik an der Universität Münster 1982-2000 Studium der Philosophie, Theologie und Soziologie sowie der Erwachsenenbildung an den Universitäten Augsburg, Münster und Kaiserslautern

Literatur:

Neuro-Enhancement:
Ethik vor neuen Herausforderungen.
von Bettina Schöne-Seifert und Johann S. Ach.
mentis Verlag.

Grenzen der Selbstbestimmung in der Medizin
von Johann S. Ach
mentis Verlag.

MUSIK:

Hadar Noiberg Trio
„Journey Back Home“

„When The Dawn“
„Privacy“

UNIVERSUM
ICH UND ICH

TAKE MY BREATH AWAY
BERLIN