„Time-Out-Klassen“ nach Schweizer Modell

Nach den gewalttätigen Vorfällen an einer Wiener HTL plant das Bildungsministerium die Einführung von „Time-Out-Klassen“, wie es sie in der Schweiz seit 20 Jahren gibt. Die Vorarlberger Pflichtschullehrergewerkschaft begrüßt solche Überlegungen, sieht aber praktische Probleme.

Nach den Handgreiflichkeiten an einer Wiener HTL hat ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann einen Neunpunkteplan gegen Gewalt an Schulen vorgestellt. Die dabei angekündigten „Time-Out-Klassen“, in denen verhaltensauffällige Schüler und Schülerinnen für eine begrenzte Zeit untergebracht werden, sollen als Pilotprojekt noch heuer starten, sagte Faßmann im Ö1-Mittagsjournal. Sollte das Projekt erfolgreich sein, soll es österreichweit ausgerollt werden.

Er sieht die Maßnahme nicht als Strafe für die betroffenen Schüler, sondern als Chance: „Die Schüler werden aus einer Klassensituation herausgenommen, die vielleicht erst den Konflikt verursacht hat,“ so Faßmann. Die „Time-Out-Klassen“ soll es nur in der Volksschule und der Unterstufe geben.

Gewerkschaft begrüßt Idee im Kern

Willi Witzemann von der Vorarlberger Pflichtschullehrergewerkschaft begrüßt die Idee einer „Time-Out-Klasse“ für Problemschüler im Grundsatz. Er sei aber skeptisch, wie solche Klassen in der Praxis funktionieren sollen. „Da muss man auch das ganze soziale Umfeld anschauen, denn es kommt leider immer öfter vor, dass die Probleme von zu Hause in die Schule übertragen werden“, so Witzemann.

Nach Angaben von Witzemann gibt es an vielen Schulen im Land ganz unterschiedliche Modelle, mit denen man versucht, die Situation mit schwierigen Schülern wieder in den Griff zu bekommen. Er nennt ein Beispiel: „Wenn ein Schüler ein Problem in einer Klasse hat, dann kann er vorübergehend in eine andere Klasse gehen. Er kommt aus der Situation heraus, bis sich das Ganze wieder beruhigt hat und kommt dann wieder zurück in seine Klasse.“ Grundsätzlich kann sich Witzemann „vieles vorstellen, dass das Schulklima verbessert“. Generell begrüßt der Gewerkschafter, dass das Thema breit diskutiert wird.

Schweiz: Möglichkeit seit 20 Jahren

Wenn ein Schulkind den Schulalltag über längere Zeit negativ beeinflusst, kann es in der Schweiz bereits seit rund 20 Jahren einer sogenannten „Time-Out-Klasse“ zugewiesen werden. Dort werde ganz speziell auf die Bedürfnisse und auch Probleme der betroffenen Kinder eingegangen, sagt Schulleiter Markus Waser von der Oberstufe Mittelrheintal in Heerbrugg.

In der Oberstufe Mittelrheintal besuchen pro Jahr maximal zehn Schüler die „Time-Out-Klasse“. Meist wird präventiv gehandelt, also bevor eine Situation eskaliert. Für mindestens drei Monate sind die Schüler komplett weg vom Schulalltag und hauptsächlich mit Handwerksarbeiten im Freien beschäftigt - in enger Zusammenarbeit mit einem Sozialarbeiter.

Schulleiter: 80 Prozent kehren erfolgreich zurück

Ziel ist es laut Schulleiter Waser, dass jeder Schüler als Persönlichkeit wahrgenommen und ernst genommen wird, „jeder Schüler muss Verantwortung tragen, er kann nicht in der Masse untergehen“. "Ich denke, das große Geheimnis unserer „Time-Out-Klasse" ist, dass das Selbstwertgefühl in diesen zwölf Wochen enorm gesteigert wird“, so Waser. 80 Prozent der Schüler kehrten nach dieser Zeit erfolgreich in den Schulbetrieb zurück.

In der Schweiz gibt es aber auch ein anderes Modell, bei dem Problemschüler für mehrere Monate eine richtige „Time-Out-Schule“ besuchen, die bewusst fernab der Stammschule und des Freundeskreises ist.

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