Situation der Jugendpsychiatrie „unhaltbar“

Der Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch übt scharfe Kritik an der Landesregierung. Die Situation der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Vorarlberg sei „unhaltbar und inakzeptabel“ und würde ein zentrales Recht von Kindern auf bestmögliche Gesundheitsversorgung verletzen.

Tätigkeitsbericht

Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch hat am Freitag seinen Tätigkeitsbericht für 2018 vorgelegt.

Die Schließung der Therapiestation „Carina“ hat eine große Versorgungslücke hinterlassen. Kinder und Jugendliche, die psychiatrische Betreuung benötigen, werden seitdem - vorübergehend - im Landeskrankenhaus Rankweil therapiert. Es sollte eine Übergangslösung sein, an der sich aber in den nächsten zehn Jahren wohl nichts ändern wird, kritisiert Rauch. Er habe die Information bekommen, dass sich bis 2030 in dieser Sache nichts tun werde.

Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft

Die räumlichen und organisatorischen Zustände bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie beschreibt Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch als unhaltbar.

Das sei „unhaltbar und inakzeptabel“ und verletzte ein zentrales Recht von Kindern und Jugendlichen auf bestmögliche gesundheitliche Versorgung, so Rauch. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf für die Landesregierung.

Rauch sieht Versäumnisse bei der Kinder- Jugendhilfe

Aber nicht nur die psychiatrische Versorgung von Jugendlichen im Land stößt Rauch sauer auf: Auch bei der Kinder- und Jugendhilfe sei die Landesregierung säumig. Nach dem Fall Cain im Jahr 2011, bei dem der dreijährige Bub an schweren Misshandlungen gestorben war, wurde die Kinder- und Jugendhilfe neu aufgestellt Die Regierung sollte alle drei Jahre einen Evaluierungsbericht vorlegen - auch hier sei sie säumig, so Rauch.

Suchtprävention schlägt an

Gute Nachrichten hat Rauch in Sachen Suchtprävention. In Zusammenarbeit mit der Suchtpräventionsstelle SUPRO wird jährlich erhoben, wie leicht Jugendliche an Alkohol und Zigaretten kommen. Bei Alkohol haben die Testkäufer in 84 Prozent der Fälle die Ware nicht erhalten - das ist neuer Bestwert - drei Viertel haben außerdem keine Zigaretten kaufen können.

Die Kinder- und Jugendhilfe war im Vorjahr auch in 400 Fällen Anlaufstelle bei Problemen und Anfragen - der Schwerpunkt betrifft, wie jedes Jahr, Themen nach Scheidungen, wie etwa Obsorge und Besuchsrechte.

FPÖ kritisiert Landesregierung

Die Vorarlberger FPÖ ortet in einer ersten Reaktion auf die Präsentation des Tätigkeitsberichts der Kinder- und Jugendanwaltschaft massive Versäumnisse der schwarz-grünen Landesregierung. Man habe immer wieder davor gewarnt, dass die Schließung der Therapiestation Carina eine große Versorgungslücke hinterlassen werde und gefordert, die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung im Lande rasch auf neue Beine zu stellen.

"Wir halten den Umstand, dass sich laut den jüngsten Informationen der Kinder- und Jugendanwaltschaft bis 2030 nichts an der als Übergangslösung präsentierten Situation am Landeskrankenhaus Rankweil ändern wird im Sinne aller Betroffenen für schlichtweg untragbar und werden das so nicht hinnehmen“, appelliert FPÖ-Landtagsabgeordnete Nicole Hosp an Gesundheitslandesrat Christian Bernhard (ÖVP), die Situation umgehend aufzuklären.

Landesrat sieht Ausbau im Plan

Bernhard hat bereits auf die Vorwürfe im Tätigkeitsbericht reagiert. „Die Kritik des Kinder- und Jugendanwalts fußt auf nicht ganz aktuellen Informationen“, so Bernhard. Der Bericht über das Jahr 2018 gebe nicht die aktuelle Situation wieder. Mit den Systempartnern seien bereits zahlreiche Überlegungen angestrengt worden, damit am Standort Rankweil zeitnah die erforderlichen baulichen Maßnahmen umgesetzt werden können.

Stand der Dinge sei, dass die derzeit aufgeteilte Kinder- und Jugendpsychiatrie in zwei bis drei Jahren in einem zentralen Bereich im LKH Rankweil zusammengefasst wird. Danach werde entschieden, ob sie in einen Neubau übersiedelt. Daneben sei auch das ambulante Angebot ausgebaut worden, stellt der Landesrat klar. Seit Mai 2018 bietet pro mente Vorarlberg Leistungen für Kinder und Jugendliche in sozialpsychiatrischen Ambulanzen in Dornbirn und Nenzing an.

Der Geschäftsführer der Krankenhaus-Betriebsgesellschaft, Gerald Fleisch, sagt, die Kinder- und Jugendpsychiatrie gelte mit 25 stationären Betten und zwölf ambulanten Plätzen österreichweit als Vorzeigeprojekt.