Rechtsextreme Straftaten: Mehr Anzeigen

Rechtsextreme Straftaten beschäftigen die Vorarlberger Justiz von Jahr zu Jahr mehr. Das geht aus mehreren parlamentarischen Anfragen hervor. Grundsätzlich ist die rechtsextreme Szene laut dem Experten Andreas Peham in Vorarlberg besonders gut vernetzt.

Die aktuellen Zahlen zu rechtsextremen Straftaten in Vorarlberg für das Jahr 2018 sind diese Woche aus dem Justizministerium gekommen - als Antwort auf eine Anfrage der Sozialdemokraten. Demnach hat die Staatsanwaltschaft Feldkirch im Vorjahr laut Anfragebeantwortung in 107 Fällen ermittelt, bei denen eine rechtsextreme Straftat vermutet worden ist - 33 mal wegen Verdachts auf Verhetzung, 74 mal wegen Verdachts auf nationalsozialistische Wiederbetätigung.

18 Verurteilungen im vergangenen Jahr

Mehr als die Hälfte der Ermittlungen sind eingestellt worden, vor allem, weil sich der Verdacht nicht hat erhärten lassen. Jene Fälle, die vor das Landesgericht gekommen sind, haben 18 mal mit einer Verurteilung geendet. Einige Verfahren sind noch offen.

Rechtsextremismus nimmt zu

Die extreme Rechte erhält Zulauf in ganz Österreich. So der Tenor eines Vortrags zur Entwicklung des Rechtsextremismus in Götzis.

Vergleicht man die Zahlen mit der Beantwortung einer Landtagsanfrage der Grünen vor einiger Zeit, so zeigt sich in den vergangenen fünf Jahren eine deutliche Steigerung bei den Anzeigen beziehungsweise Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremer Straftaten: Von 36 im Jahr 2014 auf mindestens 107 im Vorjahr - das sind dreimal so viel.

Peham: Szene in Vorarlberg besonders gut vernetzt

Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes sieht generell einen Aufschwung der extremen Rechten. Vorarlberg sei bei dieser Entwicklung keine Ausnahme, so Peham bei einem Vortrag zur Entwicklung des Rechtsextremismus, zu dem der Verein erinnern.at, der ÖGB und das Renner-Institut der SPÖ am Dienstag nach Götzis geladen hatten.

Zwar gebe es in Vorarlberg prozentual nicht mehr Neonazis als in anderen Bundesländern. Allerdings gebe es nirgendwo anders eine derart gut organisierte und international vernetzte Szene, so Peham. Grund sei die geografische Lage Vorarlbergs im Drei-Länder-Eck. Laut Peham gibt es in Vorarlberg ein dichtes Netzwerk mit einer langen personellen Kontinuität. „Wir haben es hier teilweise mit Leuten zu tun, die seit über 20 Jahren in der Szene sind. Es ist die Qualität der Szene in Vorarlberg, weniger die Quantität, die mir Sorgen macht“.

„Nachwirkung der Krise“

Zu den Ursachen des zunehmenden Rechtsextremismus sagt Peham, es gebe mehrere Faktoren. Zum einen handle sich um eine Nachwirkung der Krise der vergangenen Jahre. Der Faschismus gewinne grundsätzlich nicht am Höhepunkt der wirtschaftlichen Krise, sondern danach - „wenn die Menschen erfahren mussten, dass sich nichts ändert, dass die Politik aus der Krise nichts gelernt hat“. Das sorge für Wut, Enttäuschung und Zorn.

Hinzu komme noch, „was man in der Politikwissenschaft als postdemokratisch bezeichnet - die Entleerung der Demokratie in allen EU-Ländern, das hängt mit dem misslungenen Integrationsprozess zusammen“, so Peham. Immer mehr Volkssouveränität komme nach Brüssel und falle dort in ein schwarzes Loch.

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