Konsumentenschutz ist 60: Die spannendsten Fälle

Der Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Vorarlberg wird 60 Jahre. Seit zehn Jahren gibt es den Konsumentenschutz für alle. Nun zieht die Arbeiterkammer Bilanz und zieht auch die bekanntesten Fälle aus dem Archiv.

Seit nunmehr 60 Jahren bietet die AK Vorarlberg den Konsumentenschutz an. Bisher wurden 550.000 Fälle abgewickelt. Waren es ganz zu Beginn, in den 1950er und 1960er Jahren, noch Lebensmittelpreiserhebungen, die Konsumentenschützer beschäftigten, kamen später Gewinnspiele, Werbeverkaufsfahrten und Abo-Keiler dazu.

Konsumentenschutz ist 60

Der Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Vorarlberg wird 60 Jahre. Seit zehn Jahren gibt es den Konsumentenschutz für alle.

Das Betätigungsfeld weitete sich immer mehr aus: Zu Produkttests, wie zum Beispiel der Schübling-Test, gesellten sich Pyramidenspiele und „Pseudo-Gesundheitsberater“, dubiose Finanzierungs- und Versicherungsangebote bis hin zu intransparenten Preisangaben bei Telefontarifen und beim Datenroaming.

Kritik an hohen Makler-Provisionen

25.000 Beratungen führen die Konsumentenschützer im Jahr durch. Die Themen werden immer komplexer: Internetbetrugsfirmen, die meistens im Ausland sitzen, halten die Juristen auf Trab, es wird auch eng mit der Staatsanwaltschaft zusammengearbeitet. Die Betrüger seien aber oft schwer fassbar, sagt AK-Direktor Rainer Keckeis. Sie „beschäftigen natürlich auch Spezialisten, die nur dazu da sind, um die Spuren zu verwischen. Und sobald man auf ein Geschäftsmodell draufkommt (...) sind die schon wieder weg.“

Die meisten Anfragen gibt es derzeit aber bezüglich Wohnens. Die hohen Maklerprovisionen sowohl für Mietwohnungen als auch für Eigentumswohnungen regen die Vorarlberger auf. „Dafür, dass er [der Makler, Anm.] mir den Plan gibt und die Tür aufmacht und mich ein bisschen berät, dafür kassiert er 15.000 Euro an Provision- und das doppelt, also vom Verkäufer auch, was auch im Preis wieder drinnen ist“, sagt Keckeis. Die AK fordert daher, den Höchstsatz für Provisionen zu senken und ein Bestellerprinzip einzuführen: Nur wer die Leistung eines Maklers braucht, soll sie auch bezahlen.

Die spektakulärsten Fälle

„Friedrich Müller“: Der Gewinnspiel-Pionier im schlechtesten Sinn des Wortes. Die Firma erleichterte durch Gewinnversprechen rund 20 Jahre lang die Geldbörsen der Verbraucher. Der OGH bezifferte einst den Umsatz mit rund einer Milliarde Schilling pro Jahr. Friedrich Müller hielt sich ein ganzes Heer von Juristen. Dem Treiben wurde erst Einhalt geboten, als die versprochenen horrenden Gewinne auch eingeklagt werden konnten.

„Die Welle“: Ein mehr als fragwürdiges Produkt der Salzburger Firma HESA, die auch als „Energiezentrum Goldburg“ auftrat. Im März 2012 warnte die AK Vorarlberg, nachdem das wirkungslose esoterische Produkt mit fragwürdigen Behauptungen und Versprechungen um 1.700 Euro pro Stück verkauft wurde. Nachdem sich in der Folge viele unzufriedene Kunden meldeten und die Schulden der Firma auf über zwei Millionen Euro angewachsen waren, meldete HESA Konkurs an.

Vemma: Die amerikanische Multi-Level-Marketingfirma „Vemma“ machten einige Zeit auch im Ländle mit ihrem Energiedrink „Verve!“ gute Geschäfte. Vor allem Jugendliche investierten teilweise erhebliche Beträge. Die AK Vorarlberg sprach im August 2014 eine Warnung vor Vemma aus und bezeichnete das Geschäftsmodell als Pyramidensystem, weil sich die hohen Anfangsinvestitionen nur schwer wieder einnehmen ließen und vor allem jüngere Menschen mit unrealistischen Gewinnversprechen gelockt würden. Es folgten heftige Reaktionen und auch Drohungen. Konsumentenberater Paul Rusching „schaffte“ es mit dem Thema bis nach Köln in die Sendung „stern-tv“. Nach mehreren Strafanzeigen in Europa (allein in Italien wurde Vemma zur Zahlung von 100.000 Euro verurteilt) waren es letztendlich amerikanische Behörden, welche das Unternehmen 2015 zeitweise stilllegten.

„Skilehrer Willi“: Den Auftakt zu einer Reihe von Horror-Handyrechnungen machte 2011 der Fall des Stubener Skilehrers Willi M.. Ihm wurde von seinem Handybetreiber eine Rechnung von 25.000 Euro präsentiert. Der Skilehrer hatte von einem Gast ein Handy geschenkt bekommen und unbeabsichtigt Daten verbraucht. Sein Tarif hatte aber keine Daten inkludiert. Vor allem dieser Fall war verantwortlich dafür, dass es in der Folge zur „Kostenbeschränkungsverordnung (KobeV) gekommen ist, mit der die Entgelte für Daten limitiert wurden. Eine anschließende Anzeige wegen Sachwucher durch die AK Vorarlberg wurde aufgrund einer 40 Jahre alten Lehrmeinung abgewiesen: Es handle sich wegen dem standardisierten Vorgehen der Netzbetreiber nicht um Individualwucher, sondern um Sozialwucher. Sozialwucher aber sei vom Strafrecht nicht umfasst.

Kreditzinsenaktion: Im März 2000 wurde der Kreditzinsenskandal von der AK Niederösterreich aufgedeckt. Die Zinsanpassungsklauseln in den Kreditverträgen waren derart allgemein und ungenau gehalten, dass der Konsument keinesfalls nachvollziehen konnte, wann und in welchem Ausmaß eine Zinsanpassung zu erfolgen hatte. Viele Banken berechtigten sich auch dazu, die Zinsen einseitig erhöhen zu dürfen, ohne sich auch dazu zu verpflichten, Senkungen vornehmen zu müssen. Die Banken setzten in der Hochzinsphase von 1989 bis 1992 die Zinsen kräftig hinauf, gaben jedoch die Senkungen in den darauf folgenden Jahren nur spärlich weiter. Dies führte dazu, dass die Arbeiterkammern bundesweit diese Kredite nachrechneten. Ende 2003 waren bei der AK Vorarlberg bereits 530 Kreditfälle abgeschlossen und es wurde bei 70 Prozent der Fälle eine Zinsdifferenz zu Gunsten der Konsumenten festgestellt. Ende 2003 betrug die Summe der zurückbezahlten Zinsen bereits 575.000 Euro.

Mehr als zehn Millionen Euro erkämpft

18 Experten sind in den verschiedensten Bereichen tätig. Sie haben in den vergangenen zehn Jahren mehr als zehn Millionen Euro für ihre Kunden erkämpft. Insgesamt hat die AK Vorarlberg mehr als 160 Musterverfahren durchgeführt.

Link: